„Ich soll halt was Gutes sagen“
Der heimliche Kanzlerkandidat Söder stellt eine Biografie des erklärten Kanzlerbewerbers Laschet vor
Also, natürlich hat der Markus den Armin angerufen. Es ist ein blausonniger Berliner Spätsommermorgen, als die Politikkorrespondenten-Schar der deutschen Hauptstadt sich vorstellen darf, wie das ist, wenn der bayerische Ministerpräsident (CSU) mit seinem Kollegen in Nordrhein-Westfalen (CDU) telefoniert. Nicht in politischen Dingen, nein. Jedenfalls nicht vordergründig. Es ist um ein Buch gegangen, das Markus Söder vorstellen soll – und das von Armin Laschet handelt. Das ist mehr als eine hübsche Idee; das ist schon ein Coup für den Verlag. Wenn es denn klappt.
Dass Söder nicht abgeneigt war, darf man voraussetzen. Er liebt den öffentlichen Auftritt seit je, er redet gern frei, meistens sehr gut, manchmal auch zu frei – das hat ihm, als er noch kein Regierungschef war, aber unbedingt werden wollte, ziemlich oft ziemlich böse Kritik eingebracht. Auch von Parteifreunden, die ja nicht selten nur so heißen. Aber was würde Laschet davon halten?
Abwarten, bis die Zeit reif ist
Man kann ihn nicht fragen; er ist auf dem Weg nach Rom, wo ihn erst Italiens Regierungschef empfangen wird und dann der Papst. Was unterdessen in Berlin die Autoren des Buchs erzählen, lässt mindestens die Vermutung zu, es könnte Laschet das Treffen mit Franziskus wichtiger sein als das mit Giuseppe Conte. Ob das klug ist für den vielleicht nächsten Kanzler? Tobias Blasius und Moritz Küpper, die Laschet als politische Korrespondenten in NordrheinWestfalen seit Jahren begleiten, schildern ihn als einen, der bislang „die Karriere des kleinsten gemeinsamen Nenners“gemacht habe. Der „eine ganz sonderbare Machttechnik“kultiviere: „Er kann abwarten, bis die Zeit reif ist für ihn.“Im Moment allerdings wird Abwarten wohl nicht mehr reichen. Laschet will CDU-Chef werden; und das bedeutet auch: Kanzler. Allerdings hat er Konkurrenz: Friedrich Merz, Norbert Röttgen – und bei der Kanzlerkandidatur vielleicht auch Markus Söder.
Der lehnt jetzt lässig in BerlinMitte in einem zierlichen LederFauteuil und plaudert über „den Armin“– mit dem er, auch wenn sie sich schon sehr viel früher gekannt haben, sich erst duzt, seit sie beide ein Land regieren. Genau hingehört allerdings redet Söder mindestens gleich viel über sich selbst. Das gibt dann immer sehr hübsche Kontraste.
Da ist die Stelle im Buch, die ihm am besten im Gedächtnis geblieben ist. Dass der Armin im Urlaub in Portugal versehentlich in den Swimmingpool gefallen ist und sein
Zigarillo gerettet hat, nicht sein Mobiltelefon. „Das“, sagt Söder, „wär’ bei mir anders gewesen.“
Und es ergibt sich im Lauf einer Stunde, dass bei ihm manches anders ist als bei Laschet. Sagt er. Beispielsweise ist der Laschet’sche Schreibtisch laut Söder eine „Landschaft“mit „Papierschluchten“– er selbst „ordne dann schon gerne Dinge, und wenn ich was zu arbeiten hab’, dann arbeit’ ich’s weg“. Und zwar „zügig“. Dann habe er im Buch gelesen, dass man in Laschets Staatskanzlei „sogar bis acht Uhr arbeiten“müsse. Söders Lachen klingt eine Spur weniger nett, als es soll. „Acht“, setzt er dann nach, „ist schon sehr früh.“
Über Friedrich Merz sagt Söder nichts, über Norbert Röttgen nur, dass er „immer gleich schick“aussehe und „auch in der JU sehr adrett“gewesen sei. Man kann das für freundlich halten. Man muss aber nicht.
„Unterschiedliche Temperamente“Es wird ihm denn auch ein Zitat des gern scharf urteilenden Kolumnisten Jan Fleischhauer vorgehalten, der über Söder geschrieben habe, er sei „kalt bis ins Herz“. Und mithin, das muss man sich dazudenken, der Gegenentwurf zu Laschet, für den die Autoren das Wort – und den Buchtitel – „Der Machtmenschliche“erfunden haben. „Naja“, kontert Söder, „ob Fleischhauer das echte Kompetenzzentrum für Herzlichkeit ist…?“Und dann schiebt er hinterher, dass er ja jüngst seine Gesundheitsministerin „bewusst gehalten“habe, obwohl sie ihren Rücktritt anbot, „zwei Mal“.
Und so geht es hin, Söder lässt Laschet nicht schlecht wegkommen – aber sich selbst meistens noch ein bisschen besser. „Auf keinen Fall“würde er den Armin unterschätzen, unmöglich, „wenn jemand in NRW eine Wahl gewinnt“. Und wenn der Armin sich die Bewerbungsentscheidung länger überlegt habe – es gebe eben „unterschiedliche Temperamente. Ich geh’ gern voraus.“
Bis ins Kanzleramt? Ist das sein Ziel? Die ewige Frage. Und Söders ewige Antwort von seinem Platz in Bayern. Obwohl sie ihn dort hart anfassen, wie man glauben soll. „Sehr freundlich“nennt Söder das Buch über Laschet – „das gibt’s in Bayern nicht“. Und was hat der Armin nun gesagt, am Telefon, übers Vorstellen? „Ich soll halt was Gutes sagen.“Ach so.