Wenn der Wohlstand am Export hängt
Vor allem kleinere Unternehmen werden zu mehr Auslandsaktivitäten aufgemuntert
Wirtschaftsministerium und Handelskammer wollen den Export Luxemburger Betriebe fördern. Das erklärten am gestrigen Dienstag Wirtschaftsminister Franz Fayot und der Präsident der Handelskammer, Luc Frieden, im Anschluss an die gestrige Sitzung des „Trade and Investment Board“(TIB), an der auch Grand-Duc héritier Guillaume als Ehrenvorsitzender teilnahm. Das TIB hat die Aufgabe, die Strategie zur Förderung der luxemburgischen Wirtschaft auszuarbeiten und die beteiligten Akteure zu vereinen. Dazu gehören Wirtschaftsministerium, Handelskammer, Fedil, Luxinnovation und Handwerkskammer.
Beschlossen wurde unter anderem, dass die Luxemburger Handels- und Investitionsbüros (LTIO), von denen das Großherzogtum neun weltweit betreibt, verstärkt die Internationalisierungsbemühungen Luxemburger Unternehmen unterstützen und ihnen helfen sollen, ihre Waren und Dienstleistungen in anderen Ländern anzubieten. Das könnten Wein oder Metallprodukte genauso sein wie IT-Dienstleistungen, wie Handelskammerpräsident Luc Frieden sagte. Er betonte, „dass in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten, in denen der Reflex des Rückzugs auf sich selbst die internationale Szene zu beherrschen scheint, die Öffnung der Unternehmen nach außen für ihre Entwicklung unerlässlich bleibt.“Internationalisierung sei ein wichtiges Element für wirtschaftlichen Aufschwung und „mehr denn je ein Schlüsselfaktor für den Erfolg von Unternehmen, mit vielfältigen Chancen.“Zu diesem Zweck böten die Handelskammer und ihre Partner bei Trade and Invest eine Reihe von Dienstleistungen an, um Unternehmen zu unterstützen und zu motivieren, ihre Bemühungen in diesem Bereich fortzusetzen.
Künftig soll eine Person in den LTIO-Büros für die Handelsaktivitäten Luxemburger Unternehmen im jeweiligen Markt zuständig sein. In der Vergangenheit hatten sich die LTIO-Büros vor allem darum bemüht, Interessenten zu gewinnen, die in Luxemburg investieren wollen. Die Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen Luxemburger Betriebe war demgegenüber in der Vergangenheit eher vernachlässigt worden.
Luxemburger Exporte eingebrochen
Insgesamt sind wegen der aktuellen Covid-Krise die Exporte Luxemburgs drastisch zurückgegangen, wie Wirtschaftsminister Fayot erklärte: im zweiten Quartal um mehr als 20 Prozent. Im Mai und Juni haben die Waren- und Dienstleistungsausfuhren zwar leicht zugenommen, liegen aber immer noch unter den Werten von 2019.
„Covid-19 hat einen tiefgreifenden Impakt auf die Betriebe und den Export“, so Minister Fayot. „Aber unsere Wirtschaft ist exportabhängig.“Erschwert werden Internationalisierungsbemühungen der Betriebe derzeit zum Beispiel dadurch, dass keine Messen und Ausstellungen mehr stattfinden. Solche Veranstaltungen könnten aber mit Online-Präsentationen oder digital geführten Treffen und Gesprächen teilweise kompensiert werden, so Fayot. Um vor allem kleineren Unternehmen Auslandsaktivitäten zu erleichtern und sie zu ermuntern, dazu auch digitale Werkzeuge zu nutzen, hat das Wirtschaftsministerium einen Online-Leitfaden zum digitalen Marketing für die Internationalisierung herausgegeben, der sich an luxemburgische Unternehmen jeder Größe richtet, um sie bei ihrer internationalen Strategie zu unterstützen.
Online-Marketingwerkzeug
Der Leitfaden (www.digitalguide.tradeandinvest.lu) enthält auch die Kontaktdaten der internationalen Unternehmensberater der Handelskammer und des Wirtschaftsministeriums sowie der luxemburgischen Wirtschafts- und Handelsattachés in aller Welt, einschließlich der LTIOs, von denen das jüngste, wie gestern ebenfalls mitgeteilt wurde, jetzt im marokkanischen Casablanca eröffnet wurde. Das Büro war auf der Wirtschaftsmission im September 2019 in Marokko angekündigt worden; der nordafrikanische Staat ist unter anderem wegen des modernen Hafens in Tanger interessant für Logistikunternehmen oder wegen seiner Digitalisierungsbemühungen für Luxemburger IT-Firmen. „Als kleines Land“, so Frieden, „ist Luxemburgs Wohlstand abhängig von unseren Verbindungen ins Ausland.“
Die Handelskammer rufe darum die Betriebe auf, digitale Möglichkeiten dazu zu nutzen, beispielsweise E-Missionen, solange keine physischen Messen stattfinden. Frieden verweist darauf, dass die Handelskammer kürzlich ein Online-Wirtschaftsseminar zur Großregion – laut Fayot ein „immer wichtiger werdender Partner“– organisierte. Der Handelskammerpräsident betonte darüber hinaus, dass Luxemburg enorm vom europäischen Binnenmarkt profitiere und sich überall für freien und fairen Handel einsetzen und gegen jede Art von Protektionismus aussprechen müsse. Auch wenn die Covid-Krise einen Trend zu mehr Regionalität begünstige, gibt Frieden zu bedenken: „Es wäre eine Illusion zu glauben, wir könnten alles hier selbst machen.“
Die Krise hat einen tiefen Impakt auf die Betriebe. Franz Fayot, Wirtschaftsminister
Digitale Möglichkeiten zur Internationalisierung nutzen. Luc Frieden, Handelskammerpräsident