Neue Krise am Persischen Golf
Die Vereinigten Arabischen Emirate werfen Iran die „Besetzung“von drei Inseln in der Straße von Hormus vor – und ernten wütende Reaktionen
Sie sind zusammen nicht einmal 20 Quadratkilometer groß und wegen der sengenden Hitze nur spärlich bewohnt. Der Wert von Abu Mussa sowie der großen und kleinen Tumb ist vor allem strategischer Natur: Sämtliche Öltanker und Frachter müssen die in der Straße von Hormus gelegenen Inseln passieren, weil nur dort der Persische Golf die für den Schiffsverkehr notwendige Tiefe erreicht.
Fast 150 Jahre wurden Abu Mussa und die beiden Tumb-Inseln von den mit dem Vereinigten Königreich verbündeten arabischen Emiraten Schardscha und Ras al-Chaima kontrolliert. Als die Briten Anfang der 1970er-Jahre abzogen, nutzte die Armee des Schahs das entstandene Machtvakuum und besetzte die Sandflecken im Persischen Golf. Auch die junge Islamische Republik bekräftigte einige Jahre später ihren Anspruch auf die drei Inseln. Sowohl der Schah als auch die Ayatollahs beriefen sich dabei auf ein „über 2 000 Jahre altes historisches Recht“, welches die Vereinigten Arabischen Emirate nun anfechten wollen.
Auf der Ende September beendeten Vollversammlung der Vereinten Nationen behauptete der emiratische Minister für auswärtige Angelegenheiten und internationale Zusammenarbeit, Scheich Abudallah bin Zayed Al Nahyan, sein Land habe ein „gesetzliches Recht auf die Souveränität der drei Inseln“. Er warf Iran vor, die Inseln „besetzt zu halten“und damit die Charta der Vereinten Nationen zu verletzten. So deutlich, direkt und unverblümt hatten die Herrscher der Emirate ihren Anspruch auf die drei Inseln bis dahin noch nicht angemeldet.
Wirklich überraschend kommt der diplomatische Vorstoß nicht: Gerade einmal drei Wochen sind vergangen, seitdem die Emirate und Israel in Washington im Beisein von US-Präsident Donald Trump ein Normalisierungsabkommen unterzeichnet haben. Die neue Allianz richtet sich vor allem gegen Iran und dürfte die Rolle der Vereinigten Arabischen Emirate als aufstrebende Regionalmacht am Persischen Golf und im Nahen Osten weiter stärken. Mit den USA und Israel an ihrer Seite werden die Machthaber in Abu Dhabi bei der Durchsetzung ihrer Ziele in Zukunft noch selbstbewusster auftreten.
Kräftemessen vor geostrategischem Hintergrund
Für Iran ist die Einigung zwischen den Emiraten und Israel eine strategische Katastrophe. Bereits die Unterzeichnung des Abkommens hatte das iranische Regime als einen „Dolchstoß in den Rücken der Muslime“verurteilt und die Emirate vor einer Verschiebung der „politischen Gleichgewichte“gewarnt. Noch lauter und aggressiver wurde der Ton in Teheran, nachdem die Emirate vor acht Tagen ihren Besitzanspruch auf die drei Inseln in der Straße von Hormus bekräftigten.
Die iranische Souveränität über die Inseln sei „eindeutig und unbestreitbar“, verkündete der Sprecher des iranischen Außenministeriums. Die Ansprüche der Emirate wies er als „abgedroschen“zurück. Sein Land werde es niemandem erlauben, seine Grenzen zu verletzten, fügte Saeed Khatibzadeh hinzu. Er hoffe, dass die Emirate auf den richtigen Weg zurückfänden, weil sie anderenfalls mit ihren „zionistischen Partnern“in der Gosse landen würden.
Beobachter in Dubai wollen eine militärische Konfrontation um die drei Inseln nicht ausschließen. Auf Abu Mussa, der größten der drei Inseln, befände sich ein Stützpunkt der iranischen Revolutionsgardisten, der immer wieder zu Provokationen gegen die US-Navy sowie in den letzten Jahren auch zur Kaperung von Öltankern genutzt werde. Auch seien auf der Insel moderne Raketen stationiert worden, welche die Schifffahrt in der Straße von Hormus bedrohten.
Iran pocht auf Hoheit über umstrittene Inseln
Vor einem Krieg um die drei Inseln hatte bereits der ehemalige iranische Staatspräsident Haschemi Rafsandschani um die Jahrtausendwende gewarnt. Falls die Emirate und ihre Verbündeten jemals die Inseln erreichen wollten, sagte er, müssten sie ein „Meer aus Blut“überqueren. Im Jahr 2012 hatte Präsident Ahmadinedschad als erstes iranisches Staatsoberhaupt überhaupt Abu Mussa besucht, wo er sich als Verteidiger der territorialen Integrität feiern ließ.