Einnahmequelle schwindet
Traditionelle Banken verlieren ihren Wettbewerbsvorteil im Zahlungsverkehr
London/Luxemburg. Neue Technologien könnten einen Teil des Finanzierungsgeschäfts für Privatkunden der Banken in den Hintergrund drängen. Das ist das Ergebnis einer gestern veröffentlichten Studie der Ratingagentur Moody's Investors Service.
„Die zunehmende globale Digitalisierung erhöht den Marktwettbewerb zwischen nicht-traditionellen Konkurrenten und traditionelle Banken im Zahlungsverkehr“, heißt es darin.
Während US-amerikanische und europäische Banken bisher besser durch ihre breit gefächerten Produktangebote für Verbraucher eine zentrale Rolle im globalen Zahlungsverkehr behielten, sind sie dennoch unter Wettbewerbsdruck durch die so genannten Big Tech, digitale Finanzdienstleister wie insbesondere Apple, Alphabet, Amazon, Ant Group, Tencent und Facebook, sowie kleine Fintechfirmen, die Nischen-Dienstleistungen erbringen. In China haben sich Alipay und Weixin Pay schnell im Massenzahlungsverkehr etabliert und halten dort inzwischen beherrschende Marktanteile.
Einnahmen erzielen wird schwerer
„In dieser neuen digitalen Welt wird die Fähigkeit der Banken, Privatkunden anzuziehen, zu binden und Dienstleistungen an sie zu betreiben, zurückgehen. Da der Anteil der Banken am elektronischen Zahlungsverkehr schwindet, erwarten wir, dass der Druck auf die Einnahmen steigen wird“, sagt Warren Kornfeld, Senior Vice President bei Moody's.
Längerfristig müssten die Banken mehr Aufwand betreiben, um den Einlagenzufluss aufrechtzuerhalten, weil die Konkurrenz durch Online-Finanzangebote und durch digitale Akteure, die zwischen Verbraucher und Bank stehen, Kunden und Einnahmen abspenstig machen. Hinzu kommen Einzelhändler und andere Konsumgüterunternehmen, die neue Wege erkunden, um einen loyalen Kundenstamm aufzubauen und zu festigen.
Darüber hinaus werden die Verbraucher in der Lage sein, Geldströme besser zu verwalten dank digitaler Werkzeuge für Zahlungsmanagement oder Vermögensaufbau. Worldpay, ein Zahlungsverarbeitungsunternehmen, schätzt, dass nur noch etwa 30 Prozent der Einzelhandelskäufe weltweit mit Bargeld getätigt werden. Die Corona-Pandemie hat diesen Trend verstärkt und beschleunigt, da sie die Menschen zwingt, mehr zu Hause zu bleiben, und sie sich zunehmend Online-Einkäufen zuwenden.
Diese Verlagerung des Bezahlvorgangs ins Internet fördert die Einführung schneller und bequemer digitaler Zahlungsmöglichkeiten und mobiler Geldbörsen. Wie es in China bereits der Fall ist, erwartet Moodys, dass auch andernorts sich nur eine Handvoll Online-Geldbörsen
durchsetzen und den Markt in jeder Region dominieren werden.
„Die europäischen Banken profitieren von gut entwickelten Finanzangeboten für Verbraucher, aber ihre Dominanz bei den Zahlungsdienstleistungen wird durch schnell wachsende Wettbewerber ausgehöhlt“, so die Analysten. Betrachtet man eine Auswahl großer Geldinstitute in ganz Europa, so beliefen sich die Zahlungsgebühren und Kreditkarteneinnahmen im Jahr 2019 im Durchschnitt auf rund acht Prozent ihrer Gesamteinnahmen. C./MeM