«Bis uns die Tränen kamen»
Der schwedische Regisseur Ingmar Bergman lebte, liebte und arbeitete auf der Ostseeinsel Fårö
„Das Taxi brachte uns schließlich zu den Raukar-Steinen auf der Nordseite der Insel“, so erinnerte sich Ingmar Bergman Jahre später. „Wir stemmten uns gegen den Sturm und starrten diese geheimnisvollen Götterbilder an, die ihre schweren Stirnen gegen die Brandung heben, und den sich verdunkelnden Horizont, bis uns die Tränen kamen.“
Es war die sprichwörtliche Liebe auf den ersten Blick, die den schwedischen Regisseur an diesem sturmgepeitschten Apriltag 1960 traf. Eine Liebe, die bis an sein Lebensende halten sollte. Keine Selbstverständlichkeit für Bergman, fünfmal verheiratet, diverse Affären, neun Kinder von sechs Frauen. Er hatte „seine Landschaft“gefunden, „sein wirkliches Zuhause“: die Insel Fårö. Eine karge Scholle aus schroffem Kalkstein, nur durch einen schmalen Sund vom quirligen Gotland getrennt. Und doch eine ganz andere, eine vergessene Welt auf 20 mal 5 Kilometern.
Bedrohliche Kulisse
Daran hat sich bis heute nicht viel geändert – obwohl der dreimalige Oscarpreisträger filmische Meisterwerke dort schuf und Fårös mystische Rauken mit düsteren Kamerafahrten als unheilverkündende Kulisse in Szene setzte. Diese meterhohen Kalksteinsäulen und Skulpturen, die seit Jahrtausenden unermüdlich von Wellen, Wind und Wetter modelliert werden, dienten ihm als perfekter Kontrast zu den Göttinnen des schwedischen Films: Ulla Jacobsson, Liv Ullmann, Ingrid Thulin, Harriet und Bibi Andersson. Sie alle folgten, wenn das Genie rief.
„Der beste Regisseur aller Zeiten“– zu diesem wurde Bergman 1997 von seinen Kollegen in Cannes erklärt – ist längst gegangen. Die meisten seiner Protagonisten und Statisten ebenso. Doch der Mythos Bergman lebt fort auf Fårö. Besonders eindrücklich im nasskalten Winter. Wenn sich schon um drei Uhr nachmittags die Dämmerung wie ein schweres Tuch auf Insel und Gemüt legt. Eine bleierne Zeit ohne Leichtigkeit und Gäste. Aber ab dem Mai, wenn die Tage langsam wieder endlos scheinen, finden Besucher zurück auf die kleine Insel mit ihren rekordverdächtigen 300 Sonnentagen. Denn jenseits der Kinoleinwand ist Fårö meist das pure Gegenteil von grau und erdrückend.
Ein Strand bis in die Ewigkeit
Eine Wanderung quer über die flache Kalksteinscholle zeigt: Die Topografie im Inselinneren kann man nicht wirklich als spektakulär bezeichnen. Nach Norden, Osten, Süden und Westen hin erstreckt sich nichts als Horizont. Inspiration und Entschleunigung verlangen oft einen zweiten, gar einen dritten Blick. Ein staubiger Weg führt vorbei an flachen Tümpeln und Sümpfen, durch lichte, windschiefe Kiefernwälder und blühende Wiesen, auf denen unscheinbare, aber aromatische Wildkräuter gedeihen: Myrrhenkerbel, wilder Thymian, Oregano, Heiligenkraut, Eberraute, Grüner Wacholder, Lorbeer, Salbei. Haute Cuisine für Fårös Schafe.
Wem der Sinn mehr nach Strandwanderungen steht, der muss sich entscheiden: feinster Sand oder grober Stein? „Es sollte dort einen steinigen
Strand geben“, so erinnert sich Bergman in seinen Memoiren, „Laterna Magica“, an die Suche nach dem perfekten Drehort an jenem Apriltag 1960, als ihn die Liebe zur Insel traf. „Und wir fanden einen steinigen Strand, der sich bis in die Ewigkeit erstreckte.“
Dessen pulverfeines Pendant ist der goldgelbe Sudersand auf der gegenüberliegenden Seite: endlose Länge, kaum ein Mensch. Aber egal, auf welchem der beiden Strände man in die Ewigkeit hineinwandert, irgendwann landet man zwangsläufig beim weißen Leuchtturm von Fårö. 24 Meter ragt er in die frische Ostseebrise, 16 Seemeilen reicht sein Schein in sternklarer Nacht, seit 1847 schon. Doch auch mit Leuchtturm passierte es immer wieder einmal, dass ein großes Schiff auf der Insel strandete. Bergman, gut hundert Jahre danach: „Im Film kommt ein an Land getriebenes Wrack vor. Wir bogen um eine felsige Ecke. Dort lag das Wrack, ein russischer Lachskutter, genau wie ich ihn beschrieben hatte.“
Die Einheimischen haben Bergman schätzen, ja gar lieben gelernt. Bis heute sprechen sie voll Hochachtung von dem Filmemacher, der sie als Statisten anheuerte, gut bezahlte und noch besser behandelte, welcher der Insel und den Bewohnern zwei Dokumentarfilme widmete, „Fårö Document“und „Fårö Document 1979“. Der die letzten vierzig Jahre seines Lebens auf ihrem Eiland mitten in der Ostsee lebte und liebte. Der den kleinen Kirchfriedhof von Fårö als seine letzte bescheidene Ruhestätte wählte.
„Ereignislose Tage“
Es erstaunt wenig, dass das versteckte Bergmansche Haus im Dörfchen Hammars bis heute wie ein heiliger Gral verehrt wird. „Bei den Dreharbeiten zu ,Persona' wurden Liv und ich von einer heftigen Leidenschaft gepackt“, hielt Bergman später fest. „In einer grandiosen Fehleinschätzung baute ich das Haus mit dem Gedanken an ein gemeinsames Dasein auf der Insel. Ich vergaß, Liv zu fragen, was sie davon hielt.“Liv Ullmann, Jahrzehnte darauf: „Ich musste feststellen, dass ich keine Insulanerin bin, nach ein paar Jahren zog ich weiter.“In der Zwischenzeit bekämpften sie ihre Dämonen, so gut sie es vermochten. Das Haus ist bis heute für die Öffentlichkeit unzugänglich, ausgewählte Künstler dürfen es jedoch im Rahmen eines Aufenthaltsstipendiums nutzen. Das kleine, weiter nördlich gelegene Bergman Center jedoch ist für Cineasten ein Muss. Filmsequenzen, Schwarz-Weiß-Fotografien, Dokumente und Requisiten geben Einblick in das Leben des rastlosen Genies, das über 500 Werke erschuf und dankbar war für „ereignislose, freundliche Tage“auf Fårö.
Ich vergaß, Liv zu fragen, was sie davon hielt. Ingmar Bergman, Filmregisseur
Die Landschaft, entspricht innersten Vorstellungen von Formen, Farben Proportionen, Licht, Horizonten, Lauten, Schweigen und Reflexen.
Für die Ereignisse sorgte der Meister selbst, wenn er vor der Kulisse der Rauken einmal mehr Filmgeschichte schrieb. Wenn er die Flucht von Liv Ullmann und Max von Sydow vor einem namenlosen Bürgerkrieg im Film „Schande“bildgewaltig einfing. Wenn er aus seinem geliebten Fårö wieder einen Ort der Apokalypse machte.
Und dieses fåröische Image der Apokalypse, eines Ortes der Dramen und der menschlichen Abgründe, der Reduktion auf Schwarz, Weiß und Grau zieht sich beharrlich durch die Feuilletons dieser Welt. „Legitim, aber vielleicht etwas realitätsfern“, mag denken, wer nur ein einziges Mal Augenzeuge des allabendlichen sinnlichen Rausches der Farben geworden ist. Dann taucht die Sonne Himmel, Wellen und Stein in ein orangerotes Kleid und lässt zur blauen Stunde schwarze Skulpturen aus Steinstrand und Meer wachsen. Manche Beobachter glauben Gesichter zu erkennen, andere Fabelwesen, Pferde, Hunde oder den berühmten „Kaffepannan“, den Kaffeekessel.
Und was sagt der Meister? „Dies ist deine Landschaft, Bergman. Sie entspricht deinen innersten Vorstellungen von Formen, Proportionen, Farben, Horizonten, Lauten, Schweigen, Licht und Reflexen. Hier gibt es Geborgenheit.“
zwischen Volontariaten im Großherzogtum, Europa oder anderen Ländern der Welt wählen“, berichtet Nathalie Schirtz.
Zwar seien wegen Corona in den vergangenen Monaten einige Missionen im Ausland abgesagt worden. Zudem habe man im Frühjahr aus Sicherheitsgründen die Volontäre, die sich zum Zeitpunkt des Lockdown im Ausland befanden, nach Hause geholt. Nachdem sich die Situation aber etwas normalisiert hatte, kehrten auch diese Jugendlichen nach und nach wieder an ihre Missionsorte zurück. Und: Trotz der Umstände würden weiterhin zahlreiche internationale Organisationen ihre Volontariatsstellen über den Service volontaire anbieten. „Alle Angebote sind auf unserer Webseite zu finden“, sagt Nathalie Schirtz.
Betreuung und finanzielle Hilfen
Um die umfangreiche Betreuung der Volontäre zu garantieren, gibt es landesweit elf lokale Dienststellen, genannt Antennes locales pour jeunes (ALJ), die eng mit der Universität Luxemburg, den Schulen und den Jugendhäusern zusammenarbeiten. Dort erhalten Interessierte wichtige Infos zum Programm und nehmen an Versammlungen teil. „Da ich aus Düdelingen bin, habe ich mich damals, noch bevor Corona das Land zum Stillstand brachte, bei der dortigen Antenne gemeldet und die nö