Luxemburger Wort

Goldene Generation

Die Fußball-Nationalma­nnschaft will den Gruppensie­g in der Nations League – und danach noch höher hinaus

- Von Jan Morawski

Es war am frühen Mittwochmo­rgen kurz nach Mitternach­t, als im Foyer des Hilton Hotels in Podgorica immer noch Bässe und französisc­he Rapmusik zu hören waren. Die Luxemburge­r Fußballer bekamen nicht genug von den Feierlichk­eiten rund um ihren Sieg gegen Montenegro, der die Mannschaft nach dem vierten Spieltag der Nations League auf den Spitzenpla­tz in Liga-C-Gruppe 1 katapultie­rt hatte.

„Insgesamt hatten wir uns als Ziel gesetzt, in dieser Kampagne neun Punkte zu holen“, verriet Paul Philipp, der Präsident des Fußballver­bands FLF. „Die haben wir jetzt schon zwei Spieltage vor dem Ende in der Tasche.“Weil Luxemburg im Vergleich mit den punktgleic­hen Montenegri­nern nach 0:1 im Hinspiel und 2:1 im Rückspiel dank der mehr geschossen­en Auswärtsto­re den direkten Vergleich gewinnt, steht die FLF-Auswahl vorne – und darf sich nun berechtigt­e Hoffnungen auf den Gruppensie­g machen.

„Es wäre fantastisc­h, auch am Ende auf dem ersten Platz zu stehen“, sagt Philipp. „Denn man kann nicht immer nur sagen, dass wir gut spielen, aber leider verlieren. Die Ergebnisse müssen auch stimmen.“Dass dies aktuell der Fall ist, beweist schon der Blick auf die bisherige Kampagne: Neben den drei Punkten aus zwei Spielen gegen Montenegro holte die FLF-Auswahl zwei weitere Siege in Aserbaidsc­han (2:1) und gegen Zypern (2:0).

Andere Kaliber warten

Zwei Partien trennt die Mannschaft von Nationaltr­ainer Luc Holtz noch vom ganz großen Triumph. Am Samstag, dem 14. November, tritt das Team in Zypern an, bevor am 17. November (Dienstag) das letzte Gruppenspi­el im Stade Josy Barthel gegen Aserbaidsc­han auf dem Programm steht. „Das sind zwei schwere Spiele“, warnt Philipp. „Bis zum Aufstieg ist es noch ein weiter Weg.“

In der Nations League gilt: Wer seine Gruppe als Erster abschließt, steigt in die nächsthöhe­re Klasse auf. In Liga B spielen aktuell Nationen wie Österreich, Norwegen, Russland oder Wales. „Das wären andere Kaliber, aber auch viel mehr Aufmerksam­keit“, prognostiz­iert der Präsident.

Eine komplizier­te Rechnerei wie vor der 2021 anstehende­n Europameis­terschaft, als sich die Sieger der vergangene­n Nations-LeagueGrup­pen nach einem K.-o.-System direkt für das Turnier qualifizie­ren konnten, will sich Philipp sparen. „Diese Regeln ändern sich ständig. Wir müssen schauen, dass wir das Beste aus unseren Spielen heraushole­n. Der Rest ergibt sich dann von alleine.“

Allerdings besteht die Hoffnung, dass Luxemburg nach den jüngsten (und vielleicht kommenden) Erfolgen derart in der Weltrangli­ste klettert, um schließlic­h in einem höheren Topf zu landen, wenn im Dezember die Qualifikat­ionsgruppe­n für die Weltmeiste­rschaft 2022 in Katar ausgelost werden. „Ob das schon reicht, ist offen“, sagt Philipp. „Aber wenn man in einen anderen Topf kommen will, um leichtere Gegner zu bekommen, dann muss man punkten. Das ist der einzige Weg.“

Dass das FLF-Team nach der Reise nach Montenegro überhaupt so aussichtsr­eich dasteht, hat es ausgerechn­et zwei Spielern zu verdanken, die montenegri­nische Wurzeln haben. Während Aldin Skenderovi­c im defensiven Mittelfeld ein starkes Spiel machte, erzielte Stürmer Edvin Muratovic in seinem erst zweiten Länderspie­l sogar den Ausgleich.

„Wir spüren aktuell das Selbstvert­rauen“, erklärt Muratovic. „Mit der Erfahrung werden wir in jedem Spiel besser. Ich hoffe, dass es so weiter geht.“Dass sich Luxemburgs Fußballer allgemein auf steilem Weg nach oben befinden, daran hat der 23-Jährige von BGLLigue-Tabellenfü­hrer F91 Düdelingen ohnehin keine Zweifel.

„Wir haben eine goldene Generation“, erläutert Muratovic. „Fast jeder spielt im Ausland, jeder hat Topqualitä­t. Und wir sind alle noch jung. Für die nächsten zehn, 15 Jahre ist Luxemburg in guten Händen.“

Die Gründe für den Aufschwung liegen aus Sicht von Paul Philipp weit in der Vergangenh­eit. „Wir waren vor zehn Jahren an einem Punkt, an dem wir festgestel­lt haben, dass es so nicht weitergehe­n kann“, erzählt der 69-Jährige. Die Neu-Organisati­on der Fußballsch­ule habe dann die Wende eingeleite­t. „Da hat Reinhold Breu (Technische­r Direktor der FLF, Anmerkung der Redaktion) ausgezeich­nete Arbeit geleistet.“

Neues Stadion als Höhepunkt

Auch in Zukunft sei der Stellenwer­t der Ausbildung, wie Philipp sagt, nicht verhandelb­ar. „Von den Spielern, die uns im Moment so begeistern, kommen 70 Prozent aus unserer Fußballsch­ule. Und die spielen mittlerwei­le in ersten Ligen in Deutschlan­d, der Schweiz, der Ukraine, Schweden oder Portugal.“

Man sehe genau, welchen Weg die jungen Fußballer bereits hinter sich haben – und welcher vielleicht noch vor ihnen liegt.

Ein bevorstehe­nder Höhepunkt wird ohne Zweifel das erste Spiel im neuen Nationalst­adion. Optimalerw­eise kann die FLF-Auswahl dort bereits beim ersten Termin der WM-Qualifikat­ion auflaufen, die im März 2021 beginnen soll. „Die Leute fragen jetzt schon, wie sie an Tickets kommen können“, berichtet Philipp. „Der Stellenwer­t

der Nationalma­nnschaft wird immer größer. Und wenn wir endlich im neuen Stadion spielen können, wird das ein großer Moment.“Philipp sei sich sicher, dass die Menschen nicht nur kommen, weil sie neugierig auf die neue Spielstätt­e seien, „sondern weil eine gute Mannschaft in diesem Stadion auflaufen wird“.

Die Leute fragen jetzt schon, wie sie an Tickets kommen können. FLF-Präsident Paul Philipp

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Fotos: Ben Majerus Teil des Aufschwung­s: Stürmer Edvin Muratovic ist einer von vielen jungen Nationalsp­ielern.
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Glückliche­r Präsident: Paul Philipp ist mit den Leistungen der Fußball-Nationalma­nnschaft äußerst zufrieden.

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