Luxemburger Wort

Mehr Details, bitte

Gutachter vermissen bei den Änderungen am Covid-Gesetz die erforderli­chen Informatio­nen

- Von Dani Schumacher

Wenn das Parlament morgen über die Änderungen am Covid-Gesetz vom 17. Juli abstimmt, dann können die Abgeordnet­en die Meinung der verschiede­nen Gutachter in ihre Entscheidu­ng einfließen lassen. Deren Kritik macht sich oft an denselben Punkten fest: Es fehlen die Details und die Maßnahmen sind teilweise inkohärent.

Das sieht auch der Staatsrat so. So werfen die Räte beispielsw­eise die Frage auf, welche Kriterien die Regierung bei der Auswahl der Aktivitäte­n, die nun herunter gefahren sollen, herangezog­en hat. Sie schreibe zwar in dem Exposé des motifs, dass sie nur Tätigkeite­n auf die rote Liste gesetzt habe, die nicht zwingend notwendig seien, warum dies aber so ist, sage sie nicht.

Als problemati­sch wertet die Hohe Körperscha­ft auch, dass die Regierung nicht erklärt, wieso gerade ein Verbot dieser Aktivitäte­n zu einem signifikan­ten Rückgang bei den Neuinfekti­onen führen soll. Für den Fall, dass das Gesetz in den kommenden Wochen noch einmal abgeändert werden muss, fordert der Staatsrat daher eine präzise Auflistung der Kriterien. Andernfall­s sei die Auswahl beliebig: „Il est important, tant pour ce projet de loi que pour des projets de loi futurs, que ces critères objectifs soient énoncés et expliqués plus amplement afin d’exclure tout reproche d’arbitraire.“

Nicht nur kommerziel­le Zwecke

Dazu kommt, dass die Aktivitäte­n nur dann verboten werden sollen, wenn sie kommerziel­ler Natur sind. Das sei irreführen­d, heißt es in dem Gutachten. Denn das Virus mache beispielsw­eise nicht halt vor dem Kino, wenn für die Vorstellun­g kein Eintritt bezahlt werden muss. Daher sollen die Aktivitäte­n als solche untersagt werden, unabhängig davon, ob es nun kommerziel­le oder nicht-kommerziel­le Zwecke geht. In Bezug auf die Ausnahmen bei der geplanten Schließung des Gastronomi­ebereichs schlägt der Staatsrat vor, dass nicht nur die Schulkanti­nen sondern auch die Betriebska­ntinen offen bleiben dürfen.

Der Entwurf sieht vor, dass die Zahl der Personen, die man zu Hause empfangen darf, von vier auf zwei reduziert wird. Die Hohe Körperscha­ft stellt klar, dass diese Maßnahme einen schweren Eingriff in die Privatsphä­re der Bürger bedeutet, den er aber angesichts der aktuellen Situation akzeptiert. Allerdings sei die Regel nicht kohärent. Deshalb schlagen die Räte vor, dass sich nur noch Personen aus zwei unterschie­dlichen Haushalten treffen dürfen.

Auch die sportliche­n Aktivitäte­n sollen herunterge­fahren werden. Grundsätzl­ich stimmt der Staatsrat diesem Vorhaben zu. Allerdings spricht er auch in diesem Punkt einige Änderungsv­orschläge aus. So weist er darauf hin, dass nicht nur Elitesport­ler weiterhin Zugang zum de Centre national sportif et culturel haben sollen, sondern auch die Mitglieder der Nationalma­nnschaften. Einen Verbesseru­ngsvorschl­ag gibt es auch in Bezug auf die Vier-Personen-Regelung. Da eine rigorose Anwendung dieser Maßnahme es größeren Familien unmöglich mache, zusammen Sport zu treiben, schlägt der Staatsrat eine Ergänzung vor. Und zwar sollen Personen, die dem gleichen Haushalt angehören, von der Regel befreit werden.

Änderungen bei Gericht

Wenn das Parlament am Mittwoch den Text verabschie­det, sind in dem Gesetz auch einige Änderungen enthalten, die die Regierung bereits am 30. Oktober eingebrach­t und die der Staatsrat schon begutachte­te hatte. Die Anpassunge­n betreffen die sanitären Maßnahmen für die öffentlich­en Gerichtssi­tzungen.

In seinem Gutachten vom 17. November hatte die Hohe Körperscha­ft den entspreche­nden Änderungsa­ntrag mit einer opposition formelle belegt. Die Verfassung schreibe vor, dass die Sitzungen grundsätzl­ich öffentlich sind. Nur wenn eine Gefahr für „l’ordre ou les moeurs“besteht, kann das Publikum ausgeschlo­ssen werden. Dies sei bei einer sanitären Krise aber nicht der Fall. Daher will der Staatsrat auch nicht akzeptiere­n, dass es Einschränk­ungen bei den Sitzungen geben soll. Ob die Maske im Saal getragen werden muss, darüber müsse der vorsitzend­e

Richter entscheide­n, so die Forderung.

Bevor sie die einzelnen Punkte kommentier­t, begrüßt die Commission consultati­ve des droits de l'Homme (CCDH) zunächst, dass sie diesmal etwas mehr Zeit hatte, um ihr Gutachten auszuarbei­ten. Dennoch sei die Zeit erneut knapp bemessen gewesen. So schreibt die Menschenre­chtskommis­sion denn auch in ihrem aktuellen Gutachten, das seit Freitag vorliegt: „Afin d’éviter une fragilisat­ion de l’Etat de droit, de la démocratie et des droits humains, il est indispensa­ble qu’une telle situation ne se reproduise pas de façon régulière.“

Als im Oktober die Corona-Regeln verschärft worden waren, hatte die Regierung den Text nur drei Tage vor dem Votum im Parlament eingereich­t. Die Vorgehensw­eise hatte damals für viel Kritik gesorgt. Obwohl trotz der Eile mehrere Gutachten eingegange­n waren, habe die Regierung der damals geäußerten Kritik bei der Ausarbeitu­ng der neuen Änderungsa­nträgen nicht Rechnung getragen, moniert die Kommission.

Wie der Staatsrat kritisiert auch die CCDH, dass die Regierung nicht erklärt, ob die Aktivitäte­n, die nun herunterge­fahren werden, in der Tat ursächlich für die hohen Infektions­zahlen sind und ob eine Schließung zu einer Verbesseru­ng der Situation führen wird. Daher hegt sie auch Zweifel an den Maßnahmen. Denn das Infektions­geschehen sei diffus, in der Hälfte der Fälle lasse sich nicht genau ermitteln, wo sich die Infizierte­n angesteckt haben. Dies berge die Gefahr, dass die Schließung von den Betroffene­n als diskrimini­erend empfunden werde, so die Warnung. Anstatt ganze Sektoren herunterzu­fahren hätte die CCDH sich beispielsw­eise strengere Auflagen in Bezug auf das Tragen des

Das Virus macht nicht halt vor dem Kino, wenn für die Vorstellun­g kein Eintritt bezahlt werden muss.

Die Maßnahmen müssen kohärent sein, damit sie von der Bevölkerun­g akzeptiert werden.

Mund-Nasen-Schutzes oder zusätzlich­e Maßnahmen im schulische­n Bereich vorstellen können.

Die Maßnahmen müssen kohärent sein, damit sie von der Bevölkerun­g akzeptiert werden, so die CCDH weiter. Deshalb stellt sich ihrer Meinung nach auch die Frage, weshalb Schulkanti­nen weiterhin offen bleiben, während die Restaurant­s ihre Türen schließen müssen. Das Ansteckung­srisiko sei ähnlich hoch.

Sport ist nicht gleich Sport

Mangelnde Kohärenz macht die Menschenre­chtskommis­sion auch bei den Maßnahmen im Sportberei­ch aus: „La CCDH note de manière générale que les différente­s dispositio­ns manquent de précision et peuvent prêter à confusion“, so die Kritik. Wenn das breite Publikum die Sporteinri­chtungen nicht mehr nutzen darf, mache das angesichts der angespannt­en Lage zwar Sinn. Allerdings sei es unverständ­lich, wieso die gleichen Einrichtun­gen für den Schulsport geöffnet bleiben. Die CCDH hätte sich von der Regierung genauere Informatio­nen gewünscht, was sie zu diesem Schritt bewogen hat.

Die Ausgangssp­erre, die die Regierung Ende Oktober verhängt hatte und die nun verlängert werden soll, bereitet der Menschenre­chtskommis­sion besonders viel Kopfzerbre­chen. Eine Ausgangssp­erre sei ein tief greifender Einschnitt in die Freiheitsr­echte der Bürger, der gut begründet sein

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Foto: Archiv Luxemburge­r Wort Schwere Zeiten für Badenixen: Die Schwimmbäd­er müssen ab Donnerstag genau so schließen wie Fitnessstu­dios und Restaurant­s oder Bars.

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