Mehr Details, bitte
Gutachter vermissen bei den Änderungen am Covid-Gesetz die erforderlichen Informationen
Wenn das Parlament morgen über die Änderungen am Covid-Gesetz vom 17. Juli abstimmt, dann können die Abgeordneten die Meinung der verschiedenen Gutachter in ihre Entscheidung einfließen lassen. Deren Kritik macht sich oft an denselben Punkten fest: Es fehlen die Details und die Maßnahmen sind teilweise inkohärent.
Das sieht auch der Staatsrat so. So werfen die Räte beispielsweise die Frage auf, welche Kriterien die Regierung bei der Auswahl der Aktivitäten, die nun herunter gefahren sollen, herangezogen hat. Sie schreibe zwar in dem Exposé des motifs, dass sie nur Tätigkeiten auf die rote Liste gesetzt habe, die nicht zwingend notwendig seien, warum dies aber so ist, sage sie nicht.
Als problematisch wertet die Hohe Körperschaft auch, dass die Regierung nicht erklärt, wieso gerade ein Verbot dieser Aktivitäten zu einem signifikanten Rückgang bei den Neuinfektionen führen soll. Für den Fall, dass das Gesetz in den kommenden Wochen noch einmal abgeändert werden muss, fordert der Staatsrat daher eine präzise Auflistung der Kriterien. Andernfalls sei die Auswahl beliebig: „Il est important, tant pour ce projet de loi que pour des projets de loi futurs, que ces critères objectifs soient énoncés et expliqués plus amplement afin d’exclure tout reproche d’arbitraire.“
Nicht nur kommerzielle Zwecke
Dazu kommt, dass die Aktivitäten nur dann verboten werden sollen, wenn sie kommerzieller Natur sind. Das sei irreführend, heißt es in dem Gutachten. Denn das Virus mache beispielsweise nicht halt vor dem Kino, wenn für die Vorstellung kein Eintritt bezahlt werden muss. Daher sollen die Aktivitäten als solche untersagt werden, unabhängig davon, ob es nun kommerzielle oder nicht-kommerzielle Zwecke geht. In Bezug auf die Ausnahmen bei der geplanten Schließung des Gastronomiebereichs schlägt der Staatsrat vor, dass nicht nur die Schulkantinen sondern auch die Betriebskantinen offen bleiben dürfen.
Der Entwurf sieht vor, dass die Zahl der Personen, die man zu Hause empfangen darf, von vier auf zwei reduziert wird. Die Hohe Körperschaft stellt klar, dass diese Maßnahme einen schweren Eingriff in die Privatsphäre der Bürger bedeutet, den er aber angesichts der aktuellen Situation akzeptiert. Allerdings sei die Regel nicht kohärent. Deshalb schlagen die Räte vor, dass sich nur noch Personen aus zwei unterschiedlichen Haushalten treffen dürfen.
Auch die sportlichen Aktivitäten sollen heruntergefahren werden. Grundsätzlich stimmt der Staatsrat diesem Vorhaben zu. Allerdings spricht er auch in diesem Punkt einige Änderungsvorschläge aus. So weist er darauf hin, dass nicht nur Elitesportler weiterhin Zugang zum de Centre national sportif et culturel haben sollen, sondern auch die Mitglieder der Nationalmannschaften. Einen Verbesserungsvorschlag gibt es auch in Bezug auf die Vier-Personen-Regelung. Da eine rigorose Anwendung dieser Maßnahme es größeren Familien unmöglich mache, zusammen Sport zu treiben, schlägt der Staatsrat eine Ergänzung vor. Und zwar sollen Personen, die dem gleichen Haushalt angehören, von der Regel befreit werden.
Änderungen bei Gericht
Wenn das Parlament am Mittwoch den Text verabschiedet, sind in dem Gesetz auch einige Änderungen enthalten, die die Regierung bereits am 30. Oktober eingebracht und die der Staatsrat schon begutachtete hatte. Die Anpassungen betreffen die sanitären Maßnahmen für die öffentlichen Gerichtssitzungen.
In seinem Gutachten vom 17. November hatte die Hohe Körperschaft den entsprechenden Änderungsantrag mit einer opposition formelle belegt. Die Verfassung schreibe vor, dass die Sitzungen grundsätzlich öffentlich sind. Nur wenn eine Gefahr für „l’ordre ou les moeurs“besteht, kann das Publikum ausgeschlossen werden. Dies sei bei einer sanitären Krise aber nicht der Fall. Daher will der Staatsrat auch nicht akzeptieren, dass es Einschränkungen bei den Sitzungen geben soll. Ob die Maske im Saal getragen werden muss, darüber müsse der vorsitzende
Richter entscheiden, so die Forderung.
Bevor sie die einzelnen Punkte kommentiert, begrüßt die Commission consultative des droits de l'Homme (CCDH) zunächst, dass sie diesmal etwas mehr Zeit hatte, um ihr Gutachten auszuarbeiten. Dennoch sei die Zeit erneut knapp bemessen gewesen. So schreibt die Menschenrechtskommission denn auch in ihrem aktuellen Gutachten, das seit Freitag vorliegt: „Afin d’éviter une fragilisation de l’Etat de droit, de la démocratie et des droits humains, il est indispensable qu’une telle situation ne se reproduise pas de façon régulière.“
Als im Oktober die Corona-Regeln verschärft worden waren, hatte die Regierung den Text nur drei Tage vor dem Votum im Parlament eingereicht. Die Vorgehensweise hatte damals für viel Kritik gesorgt. Obwohl trotz der Eile mehrere Gutachten eingegangen waren, habe die Regierung der damals geäußerten Kritik bei der Ausarbeitung der neuen Änderungsanträgen nicht Rechnung getragen, moniert die Kommission.
Wie der Staatsrat kritisiert auch die CCDH, dass die Regierung nicht erklärt, ob die Aktivitäten, die nun heruntergefahren werden, in der Tat ursächlich für die hohen Infektionszahlen sind und ob eine Schließung zu einer Verbesserung der Situation führen wird. Daher hegt sie auch Zweifel an den Maßnahmen. Denn das Infektionsgeschehen sei diffus, in der Hälfte der Fälle lasse sich nicht genau ermitteln, wo sich die Infizierten angesteckt haben. Dies berge die Gefahr, dass die Schließung von den Betroffenen als diskriminierend empfunden werde, so die Warnung. Anstatt ganze Sektoren herunterzufahren hätte die CCDH sich beispielsweise strengere Auflagen in Bezug auf das Tragen des
Das Virus macht nicht halt vor dem Kino, wenn für die Vorstellung kein Eintritt bezahlt werden muss.
Die Maßnahmen müssen kohärent sein, damit sie von der Bevölkerung akzeptiert werden.
Mund-Nasen-Schutzes oder zusätzliche Maßnahmen im schulischen Bereich vorstellen können.
Die Maßnahmen müssen kohärent sein, damit sie von der Bevölkerung akzeptiert werden, so die CCDH weiter. Deshalb stellt sich ihrer Meinung nach auch die Frage, weshalb Schulkantinen weiterhin offen bleiben, während die Restaurants ihre Türen schließen müssen. Das Ansteckungsrisiko sei ähnlich hoch.
Sport ist nicht gleich Sport
Mangelnde Kohärenz macht die Menschenrechtskommission auch bei den Maßnahmen im Sportbereich aus: „La CCDH note de manière générale que les différentes dispositions manquent de précision et peuvent prêter à confusion“, so die Kritik. Wenn das breite Publikum die Sporteinrichtungen nicht mehr nutzen darf, mache das angesichts der angespannten Lage zwar Sinn. Allerdings sei es unverständlich, wieso die gleichen Einrichtungen für den Schulsport geöffnet bleiben. Die CCDH hätte sich von der Regierung genauere Informationen gewünscht, was sie zu diesem Schritt bewogen hat.
Die Ausgangssperre, die die Regierung Ende Oktober verhängt hatte und die nun verlängert werden soll, bereitet der Menschenrechtskommission besonders viel Kopfzerbrechen. Eine Ausgangssperre sei ein tief greifender Einschnitt in die Freiheitsrechte der Bürger, der gut begründet sein