Ex-Präsident auf der Anklagebank
Nicolas Sarkozy erscheint wegen Korruptionsvorwürfen als erster ehemaliger Staatschef Frankreichs vor Gericht
Nicolas Sarkozy war nur wenige Sekunden zu sehen. Mit einem hellblauen Mundschutz ging der 65-Jährige hinter seiner Anwältin in den Saal der 32. Kammer des Pariser Strafgerichts, um sich dort als erster französischer Ex-Präsident wegen Korruption und Einflussnahme zu verantworten.
Zusammen mit seinem Anwalt soll er 2014 versucht haben, von dem hochrangigen Juristen Gilbert Azibert Informationen zu einem gegen ihn laufenden Ermittlungsverfahren zu erhalten. Im Gegenzug soll der frühere Staatschef Azibert einen attraktiven Posten in Monaco versprochen haben. Der Anwalt Aziberts setzte schon nach anderthalb Stunden eine Unterbrechung des Prozesses bis Donnerstag durch. Bis dahin soll der 73-Jährige, der aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen kann, ärztlich untersucht werden.
Im Gegensatz zu Azibert will Sarkozy, der von 2007 bis 2012 Präsident war, den Prozess um die Abhöraffäre schnell durchziehen. „Ich bin einfach kämpferisch“, sagte er vor zehn Tagen in einem Interview mit dem Fernsehsender BFMTV. Er kündigte an, dass er vor Gericht auch das Wort ergreifen wolle. „Ich bin nicht verdorben“, verteidigte er sich. Dass sein Telefon abgehört worden sei, bezeichnete der frühere Staatschef als „Skandal, der in die Annalen eingeht.“
Justiz hörte Telefone ab
Die Justiz hatte sein Telefon im Oktober 2013 angezapft, weil sie zu Millionensummen ermittelte, die Sarkozy für seinen Wahlkampf 2007 vom libyschen Machthaber Muammar al Gaddafi erhalten haben soll. Nachdem Sarkozy und sein Anwalt Thierry Herzog bemerkten, dass sie abgehört wurden, kaufte Herzog auf den Namen seines ehemaligen Schulfreundes Paul Bismuth zwei Telefonkarten. „Ich werde ihn aufsteigen lassen“, soll Sarkozy in einer Konversation mit seinem Anwalt über Azibert gesagt haben.
Nach einer Reise nach Monaco änderten die beiden langjährigen Freunde allerdings jäh den Tonfall ihrer Gespräche. Offenbar hatten sie den Hinweis erhalten, dass auch die Bismuth-Telefone abgehört wurden. Die beiden Hauptangeklagten weisen die Anklagepunkte, für die ihnen bis zu zehn Jahre Haft und eine Million Euro Geldstrafe drohen, als Freundschaftsdienst an Azibert ab. Der frühere Generalanwalt habe den Posten in Monaco ja gar nicht erhalten.
Bereits im Frühjahr droht Sarkozy ein weiteres Verfahren, das sich mit der Finanzierung der Kampagne für seine gescheiterte Wiederwahl 2012 befasst. Der Kandidat soll damals die erlaubte Höchstsumme um mehr als 20 Millionen Euro überschritten haben. Zusammen mit ihm stehen auch zahlreiche frühere Verantwortliche der Konservativen vor Gericht,
Ich bin nicht verdorben. Nicolas Sarkozy
die mit einem System fiktiver Veranstaltungen und geheimer Kassen Geld in den Wahlkampf gepumpt haben sollen.
Für die einstige Präsidentenpartei Les Républicains ist Sarkozy immer noch eine starke Identifikationsfigur, auch wenn er 2016 in den Vorwahlen gegen François Fillon unterlag.
Sarkozy als Kandidat im Gespräch Seine Parteifreunde bringen ihn bereits für die Präsidentschaftswahlen 2022 ins Gespräch. Vorher muss der frühere Anwalt allerdings noch weitere juristische Hürden überwinden. In der Libyen-Affäre gehen die Ermittlungen weiter, auch wenn der Hauptzeuge vor knapp zwei Wochen seine Aussage widerrief. Ziad Takieddine hatte 2016 zunächst angegeben, dass er dem damaligen Innenminister Sarkozy für dessen Wahlkampf 2007 von Gaddafi mehrere Lederkoffer mit insgesamt fünf Millionen Euro in bar übergeben habe. Das sei nicht wahr, sagte der französisch-libanesische Geschäftsmann nun Jahre später.
Sarkozy ist nicht der erste französische Ex-Präsident, der sich nach seinem Ausscheiden aus dem Amt vor Gericht verantworten muss. 2011 wurde Jacques Chirac wegen der Scheinbeschäftigung mehrerer Mitarbeiter in seiner Zeit als Pariser Bürgermeister zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Der damals schon gesundheitlich angeschlagene Chirac war allerdings nicht im Gerichtssaal erschienen.