Der US-Sport bangt
In den Vereinigten Staaten stehen Basketball, Football und Eishockey wegen steigender Infektionszahlen auf der Kippe
Das Dilemma des American-Football-Teams Las Vegas Raiders vor dem Duell mit den Kansas City Chiefs erinnert an die Situation des deutschen Fußball-Bundesligisten Hoffenheim. Zehn Raiders-Spieler, alles Verteidiger, durften die vier Tage vor der 31:35-Niederlage gegen den Titelverteidiger nicht trainieren, weil sie auf der Corona-Liste der NFL standen.
Die Pandemie-Situation in den USA ist derzeit wieder viel schlechter als noch vor einigen Wochen – mit dem Unterschied, dass es in den Vereinigten Staaten nie wirklich gut aussah. Das ist nicht nur für die NFL ein Problem, sondern auch für die anderen Topligen des Landes.
Die National Football League veröffentlicht jede Woche die Zahl der positiv getesteten Spieler und weiterer Mitarbeiter der Teams. Sie vermeldete nun schon zwei Mal in Serie einen unerwünschten Höchstwert. 32 Profis wurden in diesen 14 Tagen positiv auf das Virus getestet, dazu 76 Mitarbeiter. Seit dem 1. August ist die Zahl der positiven Tests bei Profis auf 95 geklettert, mit dem nächsten Update in dieser Woche wird die Marke von 100 wohl locker überschritten.
Angst vor Thanksgiving
Waren es zu Beginn noch Unachtsamkeiten der Teams mit Übertragungen von Mitspieler zu Mitspieler, die von der Liga streng sanktioniert wurden, sieht es inzwischen anders aus. „Die neuen Fälle, die wir haben, kommen aus der Gesellschaft. Das gilt auch, wenn es in einem Team mehrere Fälle gibt“, berichtete der NFL-Mediziner Dr. Allen Sills vor wenigen Tagen.
Das heißt: Die Spieler infizieren sich zu Hause, beim Einkaufen oder durch Freunde. Am Donnerstag ist Thanksgiving, und die Behörden warnen seit Tagen vor großen Zusammenkünften – auch die NFL dürfte sorgenvoll auf den Feiertag blicken angesichts von zuletzt landesweit deutlich mehr als 150 000 Neuinfizierten pro Tag.
Ob die NFL ihren Spielplan wie geplant durchziehen kann, ist offen. Es gibt bereits den Plan B von 16 Teilnehmern der ohnehin auf 14 Mannschaften erweiterten Playoffs, falls Teams mit konkreten Chancen wegen der Pandemie noch auf Partien verzichten müssen.
Mit ähnlichen Fragen müssen sich auch die anderen Ligen beschäftigen – und haben zudem das Problem mit zwei Ländern. In der NBA tragen die in Kanada beheimateten Toronto Raptors ihre Heimspiele deswegen in Tampa aus. Grenzverkehr zwischen den USA und Kanada ist nur aus wichtigen Gründen erlaubt, und die kanadische Regierung macht bei den Quarantäne-Regeln keine Ausnahmen für Sportteams. Mit dem engen Basketball-Spielplan ist das nicht vereinbar. Eine Blase wie noch zum Ende der vergangenen Saison ist keine Option für eine komplette Spielzeit.
Noch komplexer ist das Problem im Eishockey für die NHL:
Sieben Mannschaften können nicht einfach für eine ganze Saison ins Nachbarland umziehen. Die Überlegung ist daher, die Mannschaften nördlich der Grenze in einer eigenen Conference antreten zu lassen.
Die NBA hat ihren Saisonbeginn inzwischen auf den 22. Dezember terminiert, ohne allerdings den genauen Spielplan zu nennen. Im nordamerikanischen Profi-Eishockey ist weiterhin der 1. Januar das Ziel – ob das machbar ist, scheint indes fraglich. Zumal die NHL viel mehr noch als die NFL und NBA in ihrem Geschäftsmodell mit Zuschauereinnahmen kalkuliert und der wirtschaftliche Schaden mit jeder Begegnung ohne Fans entsprechend größer ist. dpa