„Die Theater sind sicher!“
Offener Brief der Theaterfederatioun und des Kulturhäusernetzwerks fordert Kultur als Recht ein
Den aktuellen Lockdown können sie nicht verhindern, aber dennoch auf ihre Belange aufmerksam machen. Die Botschaft ist deutlich: „Herr Premierminister, der Kultursektor braucht Stabilität, Vorhersagbarkeit, Möglichkeiten und Unterstützung, um ein wesentliches Pendant in jeder Gesellschaft zu bleiben. Er hat sein Verantwortungsbewusstsein bereits bewiesen, Herr Premierminister! Vertrauen Sie dem, halten Sie die Theater offen!“– So heißt es im am Mittwochmorgen gemeinsam verschickten Offenen Brief der Theaterfederatioun und dem Netzwerk der regionalen Kulturzentren an den Regierungschef rund um die aktuell im Raum stehenden Einschränkungen des Kulturbetriebs in den kommenden Wochen.
Die Kulturvereinigungen weisen darauf hin, dass sie in der bisherigen Krise vieles unternommen hätten, um einen Spielbetrieb zu gewährleisten. Die Veranstalter zeigen zwar ihr Verständnis für Einschränkungen in ihren Häusern, wollen aber keine komplette Einstellung öffentlicher Veranstaltungen – und berufen sich darauf, dass Kultur ein Menschenrecht sei, das es unbedingt zu gewährleisten gelte. „Wir haben zwar Verständnis für die Notwendigkeit neuer Maßnahmen, bedauern jedoch diese Entscheidung, die – wieder einmal – die Öffentlichkeit daran hindert, das ,Grundrecht’, ,ein integraler Bestandteil der Menschenrechte’, die Kultur in vollem Umfang zu genießen“, so die Verantwortlichen. Es habe im Bezug auf die Theater und Kulturhäuser bisher keine Infektionscluster gegeben, die eine komplette Schließung des öffentlichen Betriebs rechtfertigen würden. „Die Theater sind sicher“, schreiben die Verbände.
Wunsch nach öffentlicher Debatte
Es gehe auch darum, Klarstellung in die Öffentlichkeit zu bringen, sagt Carl Adalsteinsson, Künstlerischer Leiter des Ettelbrücker Cape und Vorsitzender des Kulturhäuser-Netzwerks.
„Ich bin mir darüber bewusst, dass wir mit diesem Brief wahrscheinlich nicht ein Gesetzesprojekt verhindern können. Das war auch nicht das Ziel. Aber trotzdem geht es darum, einige Dinge auch öffentlich klarzustellen. Erstens wäre da der Verweis der Regierung, die Kulturszene müsse nun ihren öffentlichen Betrieb einstellen, weil die Kontaktbeschränkungen nun nicht mehr einhaltbar seien. Das stimmt eben so nicht. Im Gegenteil, wir alle haben extrem in die Hygienekonzepte investiert und die auch in unseren Häusern umgesetzt. Und das wirkt im Vergleich zum Beispiel zu den noch immer möglichen Versammlungen wie Gottesdiensten nicht kohärent. 50 Zuschauer bei einer Lesung oder 50 Gottesdienstbesucher sollten gleich betrachtet werden. Worin besteht da der Unterschied?“Adalsteinsson verweist insbesondere auf die Fragen, die die Kulturverbände in ihrem Brief quasi auch an die Luxemburger Gesellschaft stellen: Wie zentral ist die Kultur in der Krise und darüber hinaus? Und wenn doch die Hygienemaßnahmen
funktioniert hatten, warum dann schließen? Oder wenn dann Ausstellungsräume oder Bibliotheken geöffnet bleiben können? „Das ist eben nicht stimmig“, sagt Adalsteinsson.
Und weiter: „Die Kultur muss auch in diesen Zeiten die getroffenen Maßnahmen hinterfragen können dürfen. Ist es jetzt wirklich essenziell Black Friday und verkaufsoffene Sonntage zu haben, aber keine Kulturabende?“
Auf die Frage, ob doch nicht an sich schon den Kulturhäusern und den Künstlern über Sonderhilfen entgegengekommen wäre und der Vergleich auch zu anderen Wirtschaftssektoren
Ist es jetzt wirklich essenziell Black Friday und verkaufsoffene Sonntage zu haben, aber keine Kulturabende? Carl Adalsteinsson, Cape-Direktor
gezogen müsste, sagt Adalsteinsson: „Das ist ja richtig und wir sind auch dankbar für die Hilfen. Aber diese Fragen, die wir stellen, drängen eben schon, und sicher machen auch andere Verbände in anderen Branchen auch darauf aufmerksam, wie sie die Dinge sehen. Wir sind da sicher nicht allein.“
Aber es gibt ja immer noch die Möglichkeit des virtuellen Raums. Der Kulturkanal Kuk war ja unter anderem ein Ergebnis des ersten Lockdown. „Auch wenn es technisch möglich ist, ist das eben kein Ersatz für die Livesituation und den Erfahrungsraum Konzertsaal oder Theater. Sicher hat sich in der Krise gezeigt, dass Streaming eine Ergänzung sein kann und der Kontakt zum Publikum zu einem gewissen Maß gehalten werden kann. Aber eine Lösung auf Dauer, zumal da auch die Fragen von Finanzierungen für die beteiligten Künstler und rechtlichen Bedingungen solcher Dienste im Hintergrund oft ungeklärt sind, ist das nicht. Und auf Dauer ist es sicher auch für das Publikum unbefriedigend“, so Adalsteinsson.