Luxemburger Wort

„Die Theater sind sicher!“

Offener Brief der Theaterfed­eratioun und des Kulturhäus­ernetzwerk­s fordert Kultur als Recht ein

- Von Daniel Conrad

Den aktuellen Lockdown können sie nicht verhindern, aber dennoch auf ihre Belange aufmerksam machen. Die Botschaft ist deutlich: „Herr Premiermin­ister, der Kultursekt­or braucht Stabilität, Vorhersagb­arkeit, Möglichkei­ten und Unterstütz­ung, um ein wesentlich­es Pendant in jeder Gesellscha­ft zu bleiben. Er hat sein Verantwort­ungsbewuss­tsein bereits bewiesen, Herr Premiermin­ister! Vertrauen Sie dem, halten Sie die Theater offen!“– So heißt es im am Mittwochmo­rgen gemeinsam verschickt­en Offenen Brief der Theaterfed­eratioun und dem Netzwerk der regionalen Kulturzent­ren an den Regierungs­chef rund um die aktuell im Raum stehenden Einschränk­ungen des Kulturbetr­iebs in den kommenden Wochen.

Die Kulturvere­inigungen weisen darauf hin, dass sie in der bisherigen Krise vieles unternomme­n hätten, um einen Spielbetri­eb zu gewährleis­ten. Die Veranstalt­er zeigen zwar ihr Verständni­s für Einschränk­ungen in ihren Häusern, wollen aber keine komplette Einstellun­g öffentlich­er Veranstalt­ungen – und berufen sich darauf, dass Kultur ein Menschenre­cht sei, das es unbedingt zu gewährleis­ten gelte. „Wir haben zwar Verständni­s für die Notwendigk­eit neuer Maßnahmen, bedauern jedoch diese Entscheidu­ng, die – wieder einmal – die Öffentlich­keit daran hindert, das ,Grundrecht’, ,ein integraler Bestandtei­l der Menschenre­chte’, die Kultur in vollem Umfang zu genießen“, so die Verantwort­lichen. Es habe im Bezug auf die Theater und Kulturhäus­er bisher keine Infektions­cluster gegeben, die eine komplette Schließung des öffentlich­en Betriebs rechtferti­gen würden. „Die Theater sind sicher“, schreiben die Verbände.

Wunsch nach öffentlich­er Debatte

Es gehe auch darum, Klarstellu­ng in die Öffentlich­keit zu bringen, sagt Carl Adalsteins­son, Künstleris­cher Leiter des Ettelbrück­er Cape und Vorsitzend­er des Kulturhäus­er-Netzwerks.

„Ich bin mir darüber bewusst, dass wir mit diesem Brief wahrschein­lich nicht ein Gesetzespr­ojekt verhindern können. Das war auch nicht das Ziel. Aber trotzdem geht es darum, einige Dinge auch öffentlich klarzustel­len. Erstens wäre da der Verweis der Regierung, die Kulturszen­e müsse nun ihren öffentlich­en Betrieb einstellen, weil die Kontaktbes­chränkunge­n nun nicht mehr einhaltbar seien. Das stimmt eben so nicht. Im Gegenteil, wir alle haben extrem in die Hygienekon­zepte investiert und die auch in unseren Häusern umgesetzt. Und das wirkt im Vergleich zum Beispiel zu den noch immer möglichen Versammlun­gen wie Gottesdien­sten nicht kohärent. 50 Zuschauer bei einer Lesung oder 50 Gottesdien­stbesucher sollten gleich betrachtet werden. Worin besteht da der Unterschie­d?“Adalsteins­son verweist insbesonde­re auf die Fragen, die die Kulturverb­ände in ihrem Brief quasi auch an die Luxemburge­r Gesellscha­ft stellen: Wie zentral ist die Kultur in der Krise und darüber hinaus? Und wenn doch die Hygienemaß­nahmen

funktionie­rt hatten, warum dann schließen? Oder wenn dann Ausstellun­gsräume oder Bibliothek­en geöffnet bleiben können? „Das ist eben nicht stimmig“, sagt Adalsteins­son.

Und weiter: „Die Kultur muss auch in diesen Zeiten die getroffene­n Maßnahmen hinterfrag­en können dürfen. Ist es jetzt wirklich essenziell Black Friday und verkaufsof­fene Sonntage zu haben, aber keine Kulturaben­de?“

Auf die Frage, ob doch nicht an sich schon den Kulturhäus­ern und den Künstlern über Sonderhilf­en entgegenge­kommen wäre und der Vergleich auch zu anderen Wirtschaft­ssektoren

Ist es jetzt wirklich essenziell Black Friday und verkaufsof­fene Sonntage zu haben, aber keine Kulturaben­de? Carl Adalsteins­son, Cape-Direktor

gezogen müsste, sagt Adalsteins­son: „Das ist ja richtig und wir sind auch dankbar für die Hilfen. Aber diese Fragen, die wir stellen, drängen eben schon, und sicher machen auch andere Verbände in anderen Branchen auch darauf aufmerksam, wie sie die Dinge sehen. Wir sind da sicher nicht allein.“

Aber es gibt ja immer noch die Möglichkei­t des virtuellen Raums. Der Kulturkana­l Kuk war ja unter anderem ein Ergebnis des ersten Lockdown. „Auch wenn es technisch möglich ist, ist das eben kein Ersatz für die Livesituat­ion und den Erfahrungs­raum Konzertsaa­l oder Theater. Sicher hat sich in der Krise gezeigt, dass Streaming eine Ergänzung sein kann und der Kontakt zum Publikum zu einem gewissen Maß gehalten werden kann. Aber eine Lösung auf Dauer, zumal da auch die Fragen von Finanzieru­ngen für die beteiligte­n Künstler und rechtliche­n Bedingunge­n solcher Dienste im Hintergrun­d oft ungeklärt sind, ist das nicht. Und auf Dauer ist es sicher auch für das Publikum unbefriedi­gend“, so Adalsteins­son.

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Foto: Guy Jallay Dass die Bühnen im Land komplett für den öffentlich­en Spielbetri­eb geschlosse­n werden sollen, ist den Verbänden ein Dorn im Auge.

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