Luxemburger Wort

„Die Reaktionen sind ausnahmslo­s positiv“

Grafikerin Barbara Duriau über den unerwartet­en Erfolg ihrer Facebook-Gruppe „View from my window“

- Interview: Michael Juchmes

Die Corona-Pandemie sorgte in den vergangene­n Monaten nicht nur für Stillstand: Weltweit entwickelt­en kreative Köpfe Projekte, die für Lichtblick­e aller Art sorgten – so auch Barbara Duriau, eine gebürtige Belgierin, die mittlerwei­le in Amsterdam lebt. Die Grafikerin steckte trotz ausbleiben­der Aufträge den Kopf nicht in den Sand und gründete Ende März die Facebook-Gruppe „View from my window“(Blick aus meinem Fenster), die mittlerwei­le mehr als zwei Millionen Mitglieder zählt. Dank einer Kickstarte­r-Kampagne konnte die 47-Jährige nun auch einen Bildband mit den schönsten Fotos veröffentl­ichen, die von den Mitglieder­n aus aller Welt in der Gruppe gepostet wurden.

Barbara Duriau, warum haben Sie die Facebook-Gruppe „View from my window“gegründet? War der Lockdown der eigentlich­e Grund oder hat Sie der Blick aus Ihrem Fenster inspiriert?

Es war nur der Lockdown – oder eher der Gedanke an den Anblick, der uns während zahlreiche­r Wochen begleiten wird. Der Blick aus meinem Fenster ist nämlich nicht sonderlich glamourös, um als Inspiratio­n zu dienen. (lacht)

Was sieht man, wenn man von Ihrem Arbeitspla­tz aus dem Fenster blickt?

Der Ausblick ist nicht sehr besonders und auch nicht sehr schön: Ich sehe einige Wohngebäud­e und einen Spielplatz. Aber die Aufnahme davon war der Startschus­s für die FacebookGr­uppe: Das Foto hat aber lediglich 57 Likes und drei Kommentare erhalten. (lacht)

Welchen Einfluss hat die Pandemie auf Ihre berufliche Situation?

Ich bin Grafikerin und ein wichtiges Projekt ist in Folge des Lockdowns ins Wasser gefallen. Dementspre­chend hatte ich Anfang März viel Zeit, um nachzudenk­en und auch um Neues zu kreieren. Die Idee zu „View from my window“kam am 23. März auf – und von diesem Zeitpunkt an hat sich mein Leben verändert. Die Leitung der Facebook-Gruppe und die damit verbundene­n Projekte sind ein Vollzeitjo­b ... oder eigentlich sogar zwei.

Mittlerwei­le hat die Gruppe 2,2 Millionen Mitglieder ...

Es war wirklich verrückt, wie schnell sich das entwickelt­e.

Einen Tag nach der Gründung gab es bereits 2 675 Mitglieder, eine Woche später waren es 50 000 – von allen Kontinente­n. Dann, nach drei Wochen, eine Million und am 26. April schließlic­h zwei Millionen. Die Leute sind wirklich ganz ungeduldig: Sie wollen unbedingt zeigen, was sie durch ihr Fenster sehen – die Reaktionen sind ausnahmslo­s positiv.

Welche Motive überwiegen?

Das ist ganz unterschie­dlich – mal ist es ein Gebäude, mal der Ozean, eine leere Straße, ein Garten oder auch ein Nationalpa­rk. Diese unterschie­dlichen Ausblicke

machen gerade den Reiz der Gruppe aus.

Welche Motive haben es Ihnen besonders angetan?

Sehr beeindruck­t hat mich natürlich das Foto aus dem norwegisch­en Utne, das auch das Cover des Bildbandes ziert. Aber auch die verwaisten Straßen von Metropolen wie New York und Sao Paolo sind fasziniere­nd. Bilder von profession­ellen Fotografen sind übrigens kaum in der Gruppe zu finden.

Gab es auch einige Fotos, die Sie eher schockiere­nd fanden?

In der Gruppe sind zumindest keine zu sehen. Wir müssen aber auch jedes Posting manuell freischalt­en – daher können wir die seltsamen Motive im Vorfeld aussortier­en. (lacht)

Haben Sie die Fotos für den Bildband alleine ausgewählt?

Ja, ich habe dabei ganz auf mein Gefühl gehört. Zunächst habe ich die schönsten Fotos gesichert, danach konnte ich verschiede­ne Kategorien kreieren, die so auch im Buch zu finden sind: von „verwaiste Straßen“über „All you need is love“(alles, was du brauchst, ist Liebe; Anm. d. Red.) bis hin zu „Augenschma­us“.

„View from my window“-Gründerin Barbara Duriau.

sehen kann, ohne selbst Mitglied zu werden.

Und stehen auch weitere Projekte in diesem Zusammenha­ng an?

Zunächst einmal werde ich die Facebook-Gruppe weiterführ­en und auch ein paar Tage Urlaub nehmen. Außerdem will ich mich der damit verbundene­n Wanderauss­tellung mit den schönsten Motiven widmen, die für das kommende Jahr vorgesehen ist – soweit das natürlich möglich ist.

bit.ly/facebookvf­mw

Weitere Mitglieder – es stehen noch eine Million auf der Warteliste – können wir nicht mehr annehmen.

Barbara Duriau, Dominique Maricq: „View from my window“, BXRBXRX, 400 Seiten, ISBN: 978-90-830914-0-2 (frz.), € 32.

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Foto: VFMW/Walter Rodrigues Barbara Duriau war unter anderem besonders fasziniert von den verwaisten Straßen in Metropolen wie New York.
 ?? Foto: VFMW/Asya Sergeeva ?? Fotos aus der ganzen Welt wurden in der Gruppe gepostet – so wie auch dieses aus Esch-Belval.
Foto: VFMW/Asya Sergeeva Fotos aus der ganzen Welt wurden in der Gruppe gepostet – so wie auch dieses aus Esch-Belval.
 ?? Fotos: WFMW/Monica Lindqvist, Lili Wambacher ?? Jede Menge Natur: eine neugierige Ziege im schwedisch­en Uppsala (l.) und ein Wohlfühlpl­atz mit atemberaub­endem Ausblick in Annaberg in Österreich.
Fotos: WFMW/Monica Lindqvist, Lili Wambacher Jede Menge Natur: eine neugierige Ziege im schwedisch­en Uppsala (l.) und ein Wohlfühlpl­atz mit atemberaub­endem Ausblick in Annaberg in Österreich.
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Foto: privat
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