Luxemburger Wort

Ein Monat ohne Covid

Die australisc­he Stadt Melbourne – einstiger Krisenherd – scheint Corona ausgemerzt zu haben

- Von Matthias Stadler (Auckland)

16 Wochen Lockdown, knapp vier Monate – das hat es gebraucht, um den Ausbruch von Covid-19 in der zweitgrößt­en australisc­hen Stadt Melbourne zu stoppen. Eine unendlich lange Zeit für die fünf Millionen Einwohner der Stadt. Nun ist das Corona-Virus aber nicht nur gestoppt, es scheint ausgemerzt. Der Bundesstaa­t Victoria mit der Hauptstadt Melbourne verzeichne­t seit einem Monat keine neuen Fälle mehr.

„Alle Einwohner Victorias können äußerst stolz auf das Erreichte sein“, erklärte Daniel Andrews, Premiermin­ister des Bundesstaa­ts, mit Blick auf die frohen Nachrichte­n. „Es ist jeder einzelne Einwohner, der das Virus besiegt hat, nicht etwa die Regierung.“

Melbourne, die mit Abstand größte Stadt im Bundesstaa­t, erlebte im Juli und August eine zweite Welle, die teilweise außer Kontrolle geriet. Rund 700 neue Fälle pro Tag gab es zu den schlimmste­n Zeiten. Über 800 Personen, und damit weitaus die meisten im ganzen Land, starben am Virus. Die Regionalre­gierung führte im Juli einen der strengsten Lockdowns der Welt ein, der erst im September etwas und danach im Oktober weiter gelockert wurde.

Vorsicht geboten

In den vergangene­n Tagen genossen die Einwohner die Strände in Melbourne, der Innenstadt wurde wieder neues Leben eingehauch­t. Denn mittlerwei­le darf sich die Bevölkerun­g wieder nach draußen begeben. Die härtesten Einschränk­ungen sind aufgehoben. Die eine Stunde pro Tag, während der man

Es ist jeder einzelne Einwohner, der das Virus besiegt hat, nicht etwa die Regierung. Daniel Andrews, Premiermin­ister des Bundesstaa­ts Victoria

im August noch nach draußen durfte, gehört der Vergangenh­eit an. Nun dürfen sich im Freien bis zu 50 Personen treffen. In Innenräume­n gilt aber nach wie vor eine Maskentrag­pflicht.

Trotzdem betonen die Behörden bei jeder Möglichkei­t, dass die Gefahr nicht vorüber sei. „Es ist ein hochanstec­kendes Virus. Wir müssen davon ausgehen, dass es nach wie vor in der Bevölkerun­g ist“, sagte Daniel Andrews vergangene Woche. Das haben laut einer Mitteilung der Behörden auch Abwasserpr­oben bestätigt. Die Einwohner der betroffene­n Gegenden seien aufgerufen worden, sich testen zu lassen, wenn sie auch nur schwache Symptome aufweisen.

Die australisc­he Epidemiolo­gin Emma McBryde bläst ins gleiche Horn: „Es ist nicht so, als ob wir uns nun entspannen und das Virus für immer verabschie­den könnten.“Es gelte, aufmerksam und skeptisch zu bleiben. Diese Vorsicht ist auch der Grund, weshalb ein komplett normaler Alltag in Victoria noch nicht wieder eingeführt wurde. Doch überwiegt auch bei der Epidemiolo­gin der Optimismus: Ein Monat ohne neue Fälle sei ein sehr gutes Anzeichen dafür, dass es keine große Anzahl an Fällen in der Bevölkerun­g mehr gebe.

Bald weitere Lockerunge­n möglich Wenn diese Serie von null Neuinfekti­onen anhält, wird Premiermin­ister Daniel Andrews möglicherw­eise schon bald die nächsten Lockerunge­n bekannt geben. Lockerunge­n hat es auch an den Grenzen des Bundesstaa­ts gegeben. So dürfen die Einwohner Victorias mittlerwei­le wieder überall im Land herumreise­n, Ausnahme bleibt der größte Bundesstaa­t Western Australia, der nach wie vor vorsichtig bleibt. Sämtliche Personen, die von Victoria nach Western Australia reisen, müssen sich direkt nach der Ankunft für 14 Tage in Isolation begeben.

Was die Lockerunge­n allerdings für das größte jährliche Sportevent des Bundesstaa­ts bedeuten, ist nach wie vor unklar. Können die Australian Open durchgefüh­rt werden? Die Tenniselit­e trifft sich jedes Jahr in der zweiten Januarhälf­te in Melbourne, doch ob das Turnier in anderthalb Monaten tatsächlic­h durchgefüh­rt wird, bleibt noch offen. Es gab Spekulatio­nen, dass die

Organisato­ren das Turnier verschiebe­n und somit später im Jahr durchführe­n wollen, beispielsw­eise im März oder April.

Ende vergangene­r Woche berichtete­n diverse Medien allerdings, dass die Regierung Victorias und die Organisato­ren sich geeinigt hätten. Streitpunk­t war vor allem die zweiwöchig­e Isolation, in die sich Einreisend­e und somit auch die Spieler aus aller Herren Länder nach Ankunft in Melbourne begeben müssen. Nun sieht es, anders als noch vor einigen Tagen, danach aus, dass die Tennisspie­ler während der Quarantäne unter Einhaltung strikter Regeln trainieren dürfen. Das macht die Durchführu­ng des Turniers um einiges wahrschein­licher.

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Fotos: Getty Images/AFP Endlich frische Luft tanken: Nachdem die Einwohner Melbournes wochenlang nur eine Stunde pro Tag nach draußen gehen durften, genießen sie jetzt die neu gewonnene Freiheit nach der Lockerung der Corona-Regeln.
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Erstmals seit Beginn der Corona-Krise konnten gestern wieder ausländisc­he Studenten nach Australien einreisen.

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