Corona sorgt für Elektro-Boom
Luxemburgs Autohäuser spüren deutliches Nachfrageplus bei E-Autos
Von Januar bis Oktober 2019 waren in Luxemburg 47 929 neue Personenkraftwagen zugelassen worden – im gleichen Zeitraum des laufenden Jahres sind es knapp 10 000 weniger. Das ist die niedrigste Zahl der Neuzulassungen seit 1996.
„Die Menschen sind zurückhaltend“, erklärt Frank Lentz vom Händlerverband Fedamo. Im Juli und im September dieses Jahres waren zwar sogar mehr Autos verkauft worden als im Jahr davor; der Ausfall von März und April konnte damit aber nicht aufgeholt werden. Was aber deutlich festzustellen ist: Während Benzin- und Dieselfahrzeuge im letzten halben Jahr weniger gekauft wurden, nahmen die Verkäufe von Hybrid- und vollelektrischen Autos zu.
Verkäufe eingeknickt
„Die Automobilindustrie wurde von der Covid-19-Krise hart getroffen“, sagt Guido Savi vom Verband der Autoindustrie in Belgien und Luxemburg (Febiac). Die Prognose besagt für dieses Jahr einen Rückgang der Autoverkäufe insgesamt von etwa minus 15 Prozent. „Das ist allerdings von Marke zu Marke unterschiedlich“, so Savi, so dass einige Marken besser abschneiden als der Gesamtmarkt.
Kundenkontakte seien nicht weniger geworden, „höchstens zum Teil digitaler“, meint Eric Bailleul, Geschäftsführer des Mercedesvertragsändlers Merbag. Aufgrund des Lockdowns in der Großregion mussten auch bei Merbag kurzfristig einige Werkstatt-Termine umdisponiert werden. „Im Grunde genommen sind aber sämtliche Verkaufs- uns Service-Aktivitäten aktuell im ,normalen Modus‘“, so Bailleul. Seit Mitte Mai hat das Unternehmen keinen Mitarbeiter mehr in Kurzarbeit. Auch vom Autohaus Losch ist zu erfahren, dass man dort wieder im „Vollbetrieb“arbeitet, wenngleich derzeit weniger Autos unterwegs und die Werkstätten entsprechend weniger frequentiert sind als üblich.
Größeres E-Angebot
„Was wir vor allem in den letzten Monaten feststellten“, so Savi, „ist eine schnelle Transition hin zur Elektromobilität.“Das spürt man auch bei Merbag, wie Bailleul bestätigt: „40 Prozent unserer PKW-Bestellungen sind Elektrooder Plug-in-Hybridfahrzeuge“, erklärt er.
Bei der Arnold Kontz Group arbeitet die komplette Belegschaft seit dem 1. Juni wieder. „Wir sehen, besonders seit wir sowohl bei
Jaguar als auch bei Land Rover viele Modellvarianten als Hybridfahrzeuge anbieten, deutlich mehr Nachfrage“, bestätigt Geschäftsführer Benji Kontz.
Das zunehmende Interesse an E-Autos und vor allem an Hybriden sieht man auch an den Branchenzahlen: Machte der Anteil von Elektroautos letztes Jahr nur 1,8 Prozent der Neuzulassungen aus, hat sich dieser Anteil auf 4,6 Prozent im laufenden Jahr erhöht, bei Hybriden sogar auf 12,6 Prozent. Das heißt, derzeit ist fast jedes fünfte neuzugelassene Auto in Luxemburg mit einem E-Motor ausgestattet. „Im Vergleich zum Vorjahr können wir einen deutlichen Anstieg erkennen“, heißt es von Losch. Dies habe auch mit dem erweiterten Angebot der Modelpalette zu tun. Händler mit einem breiten E-Angebot sind damit in einer besseren Position als diejenigen, die Marken mit wenigen E-Modellen vertreten. Die meisten Modelle mit E-Motor haben die Händler von Mercedes, Audi und BMW, gefolgt von Volvo und Porsche. Das aktuelle Plus bei E-Autos kann freilich auch darauf zurückzuführen sein, dass Menschen, die jetzt nicht unbedingt ein neues Auto brauchen, keines kaufen, während diejenigen, die eins brauchen, die staatliche Förderprämien nutzen, die immerhin bei einem vollelektrischen Neuwagen 5 000 Euro und bei einem Plug-inHybrid 2 500 Euro betragen. Aktuell werden auf dem Luxemburger
40 Prozent unserer PKW-Bestellungen sind E-Autos. Eric Bailleul, CEO von Merbag
Automarkt laut Händlerverband etwa 140 elektrische Modelle angeboten – von knapp 20 000 Euro Anschaffungskosten bis 188 000 Euro. Und die Zahl der angebotenen E-Modelle wird weiter steigen: Im kommenden Jahr sollen weitere 45 hinzukommen.
„Die Maßnahmen der Regierung funktionieren“, kommentiert Savi. Sowohl die Prämien würden helfen als auch die Zunahme an Ladestationen im Land: Luxemburg ist heute auf Platz 3 in der EU bei öffentlichen Aufladestationen im Verhältnis zur Bevölkerungsgröße.
Das im Rahmen von „Neistart Lëtzebuerg“vorgesehene Budget für die Automobilbranche erfüllte aber laut Kontz „eher einen ideologischen Zweck“als dass es eine Neustarthilfe für die Luxemburger Wirtschaft dargestellt habe. Zuversichtlich ist Kontz für das nächste Jahr. Er erwartet, dass dann auch Leasingkunden „in neue technologisch fortschrittliche Automobile investieren“.
Ein Grund dafür, warum Autohersteller vermehrt E-Autos auf den Markt bringen, sind strengere Abgasnormen. Zum 1. Januar 2021 müssen alle neu zugelassenen Pkw die Abgasnorm Euro 6d erfüllen. Die Emissionsgrenzwerte für Diesel und Benzin sind dann gleich. Seit dem Dieselskandal Ende 2015 geht die Anmeldung von Dieselmotoren in Luxemburg stark zurück.