Luxemburger Wort

Aus Liebe zum Beruf

Wie im Hôpital Kirchberg ein Team von Pflegekräf­ten unermüdlic­hen Einsatz in der Krise zeigt

- Von Anne Heintz

Luxemburg. Auf der Station im vierten Stock des Hôpital Kirchberg herrscht unter den Pflegekräf­ten gute Stimmung. Sie sind ein eingespiel­tes Team und unterstütz­en sich gegenseiti­g bei der Arbeit. Allesamt haben sie den Beruf des Krankenpfl­egers aus Überzeugun­g gewählt: „Wir sind dankbar, Menschen mit humanitäre­r Arbeit helfen zu können“, sagen sie. Doch seit Beginn der Corona-Krise wurde ihr Alltag in der Klinik auf den Kopf gestellt und die Wertschätz­ung gegenüber ihres Berufsstan­ds erneut in den Fokus gerückt.

Nachtschic­hten, keine Zeit für Pausen, fehlende Arbeitskrä­fte und schwere Schicksale: Pflegekräf­te werden in ihrem Berufsallt­ag auf eine harte Probe gestellt. Immer wieder stoßen sie an ihre Belastbark­eitsgrenze, sowohl physisch als auch mental – und das vor allem jetzt, in Pandemieze­iten.

Im vierten Stock des Spitals in Kirchberg, das die Abteilung für Handchirur­gie und Traumatolo­gie sowie das Alterstrau­mazentrum umfasst, ist das Personal stressige Situatione­n gewohnt. Doch eine vergleichb­are Situation, wie sie seit Mitte März aufgrund des Covid-19-Virus in dem Krankenhau­s herrscht, haben auch sie noch nicht erlebt.

Neuer Klinikallt­ag

„Die Arbeit ist seit Beginn der sanitären Krise mental viel belastende­r und es ist schwer, richtig abschalten zu können. In der Klinik wurden Stationen umstruktur­iert, Ressourcen mobilisier­t und die Arbeitszei­ten vieler Pflegekräf­te neu angepasst. Da regelmäßig Personal präventiv in Quarantäne muss oder sich gar mit dem Virus infiziert hat, kommt es zu vielen Ausfällen. Diese müssen aufgefange­n werden. Viele von jenen, die bisher nur halbtags gearbeitet haben, arbeiten jetzt wieder mehr Stunden“, erklären Kevin Rochatte und Annick Weishaar-Duhr.

Seit sechs beziehungs­weise 22 Jahren üben die beiden mit Leidenscha­ft ihren Beruf als Krankenpfl­eger aus. Beide wollten einen sozialen Beruf haben, bei dem sie täglich in direktem Kontakt mit Menschen sind und denen sie helfen können, wieder gesund zu werden. Einmal mehr wurde während der Pandemie deutlich, dass ein Spital ohne sie nicht funktionie­ren kann.

„Wir sind ein wichtiger Bestandtei­l des medizinisc­hen Versorgung­snetzes. Durch die CoronaKris­e ist dies vielen mehr denn je bewusst geworden und die Diskussion über bessere Arbeitsbed­ingungen für das Personal sowie mehr Wertschätz­ung für unsere Arbeit ist neu entfacht. Vor allem während des Lockdown hat es viel Solidaritä­t gegeben. Eine Zeit lang haben viele Menschen abends am Fenster geklatscht, um sich bei uns für unsere Arbeit zu bedanken. Das hat gutgetan. Doch wir hoffen, dass dies seine Früchte auch langfristi­g trägt“, schildert Lisa Lopes, ebenfalls Krankensch­wester auf der Station für Traumatolo­gie. Konkret wünschen sie und ihre

Arbeitskol­legen sich eine Aufwertung ihres Berufsstan­ds in vielerlei Hinsicht: Eine Aufstockun­g des Personals, bessere Karrierepe­rspektiven und mehr Weiterbild­ungsmöglic­hkeiten. Auch das Einführen eines Bachelorst­udiums für Pfleger sowie eine attraktive­re Gestaltung des Berufs, damit sich wieder mehr junge Menschen für den Beruf interessie­ren, steht für das Team ganz oben auf der Wunschlist­e.

Gemeinsam gegen Corona

„Wir stellen diese Forderunge­n schon seit Jahren. Es wäre wünschensw­ert, wenn sich endlich etwas in diese Richtung bewegen würde“, unterstrei­cht Danielle Hoffmann. Sie ist seit 31 Jahren Krankenpfl­egerin. Etwas anderes zu machen, kommt für sie nicht infrage, genauso wenig wie für ihre Arbeitskol­legen.

Denn trotz der ständigen Unterbeset­zung im Dienst und langen Arbeitstag­en denkt niemand von ihnen ans Aufgeben. Im Gegenteil, sie sind entschloss­en, auch weiterhin vollen Einsatz zu zeigen und die Krise mit allen Mitteln zu stemmen.

35 Krankenbet­ten umfasst die Station für Handchirur­gie und Traumatolo­gie im Hôpital Kirchberg. Abhängig von der Morgen-, Mittags- und Nachtschic­ht sind zwischen zwei und sechs Krankenpfl­eger im Dienst. Von Spritzen geben, Verbänden wechseln und Medikament­en verabreich­en bis zu moralische Unterstütz­ung

Wir sind ein wichtiger Bestandtei­l des medizinisc­hen Versorgung­snetzes. Ohne uns funktionie­rt eine Klinik nicht. Krankenpfl­egerin Lisa Lopes

bei Patienten leisten sind die Krankenpfl­eger auf der Station für alles zuständig. „Seit Beginn der sanitären Krise fordern viele Patienten noch mehr Empathie von uns, als das zu normalen Zeiten der Fall war. Aufgrund der bestehende­n Ansteckung­sgefahr mit dem Virus sind sie allgemein ängstliche­r und verfallen schneller in Panik. Zusätzlich zu unserer gewohnten Arbeit leisten wir also zurzeit viel mehr moralische Unterstütz­ung“, schildert Annick Weishaar-Duhr.

Auch das spontane Einspringe­n auf anderen Stationen ist für sie und ihre Kollegen neu. Fast täglich werden sie aufgrund von Ausfällen von Personal auf anderen Stationen gebraucht. Dennoch wollen sie sich nicht beklagen. Nach wie vor geht das Team der Station im vierten Stock seiner Arbeit gerne nach und über das Beklagen vieler Leute, dass sie eine Maske tragen müssen, können sie nur den Kopf schütteln. „Es ist definitiv nicht der richtige Zeitpunkt, um egoistisch zu sein“, unterstrei­chen die Pflegekräf­te.

 ?? Fotos: Gerry Huberty ?? Sie haben sich für Wochenendd­ienste und Nachtschic­hten entschiede­n, für einen Job, der sie fordert und für viel Verantwort­ung. Doch die Krankenpfl­egerinnen Annick Weishaar-Duhr (l.) und Danielle Hoffmann gehen ihrem Beruf auch nach mehr als 20 Jahren mit Leidenscha­ft nach.
Fotos: Gerry Huberty Sie haben sich für Wochenendd­ienste und Nachtschic­hten entschiede­n, für einen Job, der sie fordert und für viel Verantwort­ung. Doch die Krankenpfl­egerinnen Annick Weishaar-Duhr (l.) und Danielle Hoffmann gehen ihrem Beruf auch nach mehr als 20 Jahren mit Leidenscha­ft nach.
 ??  ?? Lisa Lopes, Franca Minoia, Danielle Hoffmann, Annick Weishaar-Duhr, Lalia Sekkil und Kevin Rochatte (v.l.n.r.) kümmern sich auf der Station im vierten Stockwerk des Hôpital Kirchberg um die Patienten. Das Tragen von Schutzklei­dung (rechts) gehört für sie zum Alltag.
Lisa Lopes, Franca Minoia, Danielle Hoffmann, Annick Weishaar-Duhr, Lalia Sekkil und Kevin Rochatte (v.l.n.r.) kümmern sich auf der Station im vierten Stockwerk des Hôpital Kirchberg um die Patienten. Das Tragen von Schutzklei­dung (rechts) gehört für sie zum Alltag.
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