Luxemburger Wort

Kinderauge­n strahlen lassen

Im saarländis­chen St. Nikolaus bearbeitet der Heilige Mann auch Post aus Luxemburg

- Von Sarah Schött

St. Nikolaus. „Lieber Nikolaus, ich freue mich sehr, wenn du zu mir kommst, allerdings habe ich auch ein wenig Angst. Ich denke aber, das brauche ich nicht zu haben, da ich eigentlich (fast) immer ganz brav bin.“So beginnt der Brief der dreijährig­en Sophie an den Nikolaus. Wie sie schreiben jährlich viele Kinder – und Erwachsene – an den Heiligen Mann, dessen offizielle­s Postamt sich im saarländis­chen St. Nikolaus befindet. Rund 26 000 Briefe trudeln jährlich ein – und alle werden beantworte­t.

Darum kümmern sich rund 40 Helferinne­n und Helfer, darunter auch Annika Langer (28) sowie Jule Gerecke (16) und ihre Mutter Sabine (45). Für sie ist es selbstvers­tändlich sich zu beteiligen. „Ich mache das ganze schon 17 Jahre. Ich bin da so reingeruts­cht. Als ich schwanger war, wurde gerade jemand gesucht. Nach zwei Jahren hab ich dann ein bisschen die Organisati­on übernommen und das mache ich bis heute“, erklärt Sabine Gerecke – klar, dass dann auch irgendwann Tochter Jule mithalf. „Ich bin seit etwa sieben Jahren dabei. Mein Onkel verkörpert den Nikolaus, da ist die Familie natürlich mit im Boot“, so Annika Langer.

Briefe aus aller Welt

Die Briefe nach St. Nikolaus haben mittlerwei­le eine über 50-jährige Tradition. 1966 kam die erste Post an, die damals noch vom Ortsvorste­her beantworte­t wurde, wie Sabine Gerecke erklärt. Schon ein Jahr später wurde die Post auf den Ort aufmerksam und beteiligte sich an der Aktion, die sie auch finanziert. Seitdem kommen immer mehr Briefe aus aller Welt – Tendenz steigend.

Die Briefe kommen das ganze Jahr über an, die ersten bereits im Sommer. Hauptzeit sei aber ab November. Dann läuft eine gut strukturie­rte Maschineri­e, könnte man fast sagen. Die Briefe werden vom Briefträge­r in die Garage der Familie Gerecke gebracht, wo sie von dem Teil der Helfer, die sich ums Lesen kümmern, abgeholt werden. Die Leser kategorisi­eren die Zuschrifte­n und verteilen sie je nach Inhalt an einen Schreiber, der sich um die Beantwortu­ng kümmert.

Auch Luxemburge­r Briefe

Die Arbeitswei­se dürfte eine der wenigen sein, die sich durch Corona nicht verändert hat – denn es lief durch das System immer schon kontaktlos. „Wir haben mehrere Antwortsch­reiben, je nachdem, was im Brief steht, also ob etwa ein Bild drin war oder ein Wunschzett­el oder ob das Kind einfach was erzählt“, erklärt Sabine Gerecke. In den Antwortsch­reiben mit einer persönlich­en Anschrift bedankt sich der Nikolaus für den Brief und antwortet je nach Inhalt – etwa, dass er den beiliegend­en Wunschzett­el ans Christkind weitergege­ben hat. Daneben erzählt er natürlich auch eine kleine Geschichte.

Die Antwortsch­reiben sind in verschiede­nen Sprachen verfasst – Italienisc­h, Polnisch, Russisch, Mandarin, Spanisch, Französisc­h, Englisch, Deutsch und Blindensch­rift. Denn längst schreiben Kinder

aus aller Welt an den Heiligen Mann im Saarland, etwa aus den USA, China oder Australien. Und auch aus Luxemburg sind immer Briefe dabei, erzählt Sabine Gerecke. „Es gibt Jahre, da sind es sehr viele, manchmal sehr wenige. Oft schreiben Schulen.“

Um sehr persönlich­e Briefe, die nicht mit einer Standardan­twort beantworte­t werden können, kümmern sich drei Helfer gesondert. Wenn das Kind etwa von schlimmen Erlebnisse­n erzählt, bekommt es von ihnen eine individuel­le Antwort.

Natürlich kommt im Laufe der Jahre einiges an besonderen Briefen

zusammen – etwa witzige Kinderwüns­che, an die man sich erinnert. „Einmal hat sich ein Kind einen halben Füller vom Nikolaus gewünscht, mit der Begründung, für die andere Hälfte hätte es schon genug gespart“, erinnert sich Jule Gerecke. Aber es gibt natürlich auch sehr bewegende Schicksale, etwa wenn Kinder von Freunden erzählen, die erkrankt sind und Weihnachte­n nicht mehr erleben werden. „Da bekommt man schon eine Gänsehaut und die Briefe bleiben dann auch hängen“, meint Sabine Gerecke.

Trotzdem mache es viel Spaß, sich zu engagieren, wie Annika Langer betont. „Ich finde es immer schön, wenn man die Reaktionen der Kinder auf die Briefe sieht – man merkt einfach, was man bewirkt. Ich weiß noch ganz genau, wann ich meinen ersten Brief bekommen habe und der liegt auch noch zu Hause. Wenn man sieht, dass die Kinder sich riesig freuen, dann hat man doch was Gutes getan für glitzernde Kinderauge­n.“

Doch es sind längst nicht nur Kinderauge­n, die strahlen. „Es gibt auch viele Erwachsene, die schreiben: etwa Briefmarke­nsammler, die den Stempel wollen. Manche machen es, weil sie es von Kindheit an kennen. Und es schreiben viele Senioren, die alleine sind und für die es dann ein Highlight ist, wenn Post vom Nikolaus kommt.“

Für den guten Zweck

Neben der Briefaktio­n werden über einen Onlineshop auch Nikolausar­tikel vertrieben – Briefmarke­n, Postkarten, Tassen ... der Erlös wird unter verschiede­nen wohltätige­n Zwecken aufgeteilt, die im Sinne des Heiligen Nikolaus oft auch Kindern zugute kommen. Normalerwe­ise wird das Postamt auch von gemütliche­m Beisammens­ein und vielen Feiern geprägt – doch die müssen in diesem Jahr ausfallen. Trotzdem sind die Ehrenamtli­chen mit Freude bei der Arbeit – und beantworte­n jeden Brief, der vor Weihnachte­n eintrudelt.

Ich weiß noch ganz genau, wann ich meinen ersten Brief bekommen habe . Annika Langer, Helferin

 ?? Fotos: Sarah Schött ?? Nur dank vieler fleißiger Helfer können die rund 26 000 Briefe, die pro Jahr in St. Nikolaus ankommen, auch alle beantworte­t werden.
Fotos: Sarah Schött Nur dank vieler fleißiger Helfer können die rund 26 000 Briefe, die pro Jahr in St. Nikolaus ankommen, auch alle beantworte­t werden.
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Die Briefe kommen aus verschiede­nen Ländern – häufig legen die Kinder Zeichnunge­n oder Wunschzett­el bei.
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