Kontrapunkte der Ideen und Formen
„Arbeiten aus vier Jahrzehnten“: Franz Ruf-Retrospektive in der Escher Kunstgalerie Schlassgoart
Die Ausstellung von Franz Ruf in der Galerie Schlassgoart in den Escher Nonnenwiesen sorgt für manche Überraschungen. 2019 gewann der deutsch-luxemburgische Maler den begehrten Prix GrandDuc Adolphe: Er konnte mit seinen drei Fotogravuren „Spiegelung“, „Safe“und „Portrait S“die Jury des Cercle artistique Luxembourg überzeugen. Dass der ehemalige Banker den direkten Kontakt mit weiteren Kunstsparten nie gescheut hat, wurde vielleicht bei dieser Gelegenheit kurzerhand vergessen.
Nun kann aber Franz Ruf in den großen Ausstellungsräumen der Galerie Schlassgoart in Esch/Alzette dem Publikum die vielseitigen Facetten seiner Kunst zeigen – unter der Bedingung, dass die ortsunkundigen Besucher den Weg zur Galerie finden, eine passende Beschilderung fehlt noch immer.
„Arbeiten aus vier Jahrzehnten“ist die Schau von Franz Ruf schlicht betitelt. Die rund 70 ausgestellten Werke des Künstlers überraschen durch ihre Genrevielfalt, durch die Kontraste von Form und Farben. Photogravuren, Radierungen und Malereien wechseln sich in einem reibungslosen Dialog ein. Diese Ausstellung in Esch ist an den Prix Grand-Ducal geknüpft. „So viele Bilder in solch einem wunderbaren Raum dem Publikum vorstellen zu können, ist für mich ein langjähriger
Der Spalt zwischen Minimalismus und Banalität bleibt immer noch eng. Franz Ruf, Maler
Traum, der jetzt in Erfüllung geht“, betont Franz Ruf.
Kann diese Retrospektive auch als Spiegelbild seiner künstlerischen Entwicklung verstanden werden? „Es ist nicht an mir eine Antwort auf diese Frage zu suchen“, so Ruf, der sich immer noch auf seine „faszinierende Arbeit“freuen kann.
Diese Arbeit soll weder illustrativ noch narrativ sein. Was ihn seit Jahrzehnten prägt, ist die Suche und den damit verbundenen Ausdruck von Gefühlen und Emotionen. Dieses Ziel zu erreichen ist Rufs oberstes Gebot, der Weg und die Form können ausweichende Konturen oder Ausrichtungen annehmen.
„Die Gemälde sind geprägt von einem Wechsel zwischen Bewegung, die durch eine lange fließende Pinselführung ausgedrückt wird, und statischen Elementen, an denen sich der Blick des Betrachters fixiert“, schreibt Kunsthistorikerin Nathalie Becker im Vorwort des Ausstellungskatalogs.
Der dazu gehörende Balanceakt zwischen Abstraktion und Figuration wird vom Künstler differenziert und nuanciert recherchiert. Spannende und unerwartete Momente werden fast intuitiv eingesetzt. „Meine Malerei soll nicht langweilig sein“, unterstreicht Franz Ruf. Daneben sollen des Weiteren rätselhafte Elemente zum Ausdruck kommen können. Die damit erzielte Dynamik gehört zum Vokabular des Künstlers.
Für die Escher Ausstellung wollte Franz Ruf sich nicht auf Kreationen aus vergangenen Zeiten beschränken. Zeitgenössische Malereien sollten die Retrospektive abrunden. „Der Prix Grand-Duc Adolphe war für mich nicht nur eine Anerkennung meiner Arbeit, sondern hat meine Lust an großformatigen Bildern wieder neu aufgeweckt“. Solche hatte Franz Ruf bereits in den 1990er Jahren gemalt, dann eine Pause eingelegt. „Ich hatte in meinem Atelier noch größere Leinwände auf Lager, dabei dachte ich mir, es wäre nun der Moment, diese zu nutzen.“
Drang nach Einfachheit
So entstand 2019 das Bild „Perspektive“, ein Acryl auf Leinwand von 160 x 200 cm. Hier ist der Farbauftrag auf die Leinwand auf ein absolutes Minimum reduziert. Das Gleiche gilt für Formen und Linien. Der erzielte Minimalismus erscheint als eine Form von Befreiung von nutzlosem Ballast. Treu nach dem Motto „Weniger ist mehr“verspürt der Künstler den Drang nach Einfachheit und Sobrietät. „Der Spalt zwischen Minimalismus und Banalität bleibt immer noch eng“, so Franz Ruf.
Die Fotogravuren sind ebenfalls zum Teil minimalistisch angehaucht. Hier wird genaustens
Der Künstler scheut nicht den direkten Kontakt zu unterschiedlichen Kunstsparten: das Acryl „Perspective“(Mitte) und Fotogravuren (unten). untersucht, was dem Betrachter gezeigt werden kann oder soll. Konzentration auf das Wesentliche ist hier Atout. „Ich will Ablenkungen für das Auge vermeiden“, unterstreicht der Maler.
Schattierungen und Lichteffekte
Bei diesen Arbeiten wird eine ungeahnte Tiefe in der Darstellung der Szenen erreicht. Aus dieser Tiefe kommen Schattierungen und Lichteffekte völlig unerwartet zur Geltung. Verschiedene Objekte verlieren dabei ihre ursprüngliche Darstellung und Bedeutung. Licht, Dynamik tragen zu diesem Rätselhaften reichlich bei.
Die Radierungen ihrerseits weisen ein komplexes Zusammenspiel zwischen gegenseitigen Formen auf. Geometrie stößt auf Handzeichnungen: Der so entstandene Kontrapunkt der Flächen und Formen folgt seinem eigenen Rhythmus.
Dieses kontrapunktisches Zusammenspiel der Ideen durchstreift das gesamte Werk des Künstlers. Auch wenn er sich Ziele setzt und Visionen hat, will Franz Ruf seiner Intuition keine Grenzen setzen. Das Ergebnis ist demnach voller Überraschungen ...
Die Franz Ruf-Austellung ist noch bis zum 19. Dezember geöffnet, dienstags bis samstags von 14 bis 18 Uhr. Galerie Schlassgoart, Pavillon du Centenaire Arcelor-Mittal, Boulevard GrandeDuchesse Charlotte, L-4070 Esch-sur-Alzette, Infos über Tel. 54 73 83 408 oder www.schlassgoart.lu. Infos über Franz Ruf:
www.franzruf.lu