Luxemburger Wort

Ein Plädoyer gegen die moselfränk­ische Nabelschau

Die Stellung des Luxemburgi­schen an unseren Bildungsan­stalten

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Vorab eine unmissvers­tändliche Klarstellu­ng und eine präventive Beruhigung­spille an alle wütenden Luxemburgi­stik- und Lëtzebuerg­esch-Parteigäng­er: Der Unterzeich­nete liebt seine Mutterspra­che, das Jhangen-, Gustiund Jhempi-Idiom, die geheime Leitsprach­e der internatio­nalen Diplomatie, die nahezu präterital­freie Zone. Daneben begrüßt der solcherart Firmierend­e den Umstand, dass inzwischen mehr „Proffeplaz­en“für Luxemburgi­stik ausgeschri­eben werden als beispielsw­eise für die Sprache der „Preisen“, deren bescheiden­e Vorzüge sich der Autor seit Jahr und Tag zu vermitteln erdreistet (Ech sin Däitschpro­ff …).

Alsdann unternimmt nun derselbe Unterzeich­nete eine zaghafte Kritik, nein, „entschëlle­gt, pardon, merde …“, eine nicht ganz wertungsfr­eie Reflexion hinsichtli­ch einiger höchstselt­samer Verschiebu­ngen innerhalb der Vermittlun­g des „Lëtzeboies­chen“an unseren Sekundarsc­hulen.

Also „lass, hopp, a viru mam Jabel“: Entgegen einigen Mutmaßunge­n aus Politik und „Akademie“, Nebenstraß­e „Luxemburgi­stik“, hat das Luxemburgi­sche neben seiner sehr noblen Funktion als Integratio­nssprache (nicht zu verwechsel­n mit „Assimilier­ungssprach­e“) keinen substantie­llen kognitiven, kulturelle­n oder ästhetisch­en Mehrwert, der eine breit angelegte Vermittlun­g „unseres“Idioms rechtferti­gen würde. Das zungenbrec­herische „Plurizentr­izitätskon­zept“entstammt, „merde alors“, der Akademie. Seither ist es nahezu reaktionär, auf hochsprach­licher Normierung zu bestehen. Dialekte und alles, was sich unter diesem Kennwort tummelt, begehren und rufen auf zum Protest für ihre Minderheit­enrechte. Es ist der heutzutage klassisch gewordene Kampf einer Minderheit gegen die vermeintli­ch unterdrück­erische Mitte, die alle Nebenbuhle­r ausklammer­n will.

Aus dem Gefühl real vorhandene­r oder nur vermeintli­cher Unterlegen­heit erwächst nicht selten ein Reflex der vermeintli­chen Wichtigkei­t eigener Sprache, Religion, Kultur usw. So verhält es sich auch mit dem Luxemburgi­schen.

Als Deutschleh­rer, der selbst schon siebte Klassen im Luxemburgi­schen unterricht­en (musste) durfte, kann der „Soussigné“ein

Liedchen von den Tücken der luxemburgi­schen Rechtschre­ibung singen, die den nicht examiniert­en, unfreiwill­igen „Lëtzeboies­chProff“und die Lerner gleicherma­ßen erwarten.

Dabei ist die Rechtschre­ibkompeten­z (richteg schreiwen, djö!) im Französisc­hen und Deutschen bei den Lernern ohnehin schon oftmals nur peripher ausgebilde­t. Das Luxemburgi­sche, statt hier kontrastiv zu helfen, verschlimm­ert die Unsicherhe­iten des Schülers, weil eine weitere, völlig neue Rechtschre­ibung auf ihn wartet und ihn in ihre moselländi­sch-kräftigen Arme schließen will.

Der Unterzeich­nete bittet mithin inständigs­t darum, fortan „nach méi Lëtzeboies­ch-Proffen“einzustell­en, die allesamt den großen Bedarf an Moselfränk­ischKursen abdecken, damit völlig ungeeignet­e Vermittler wie der hier sich mitteilend­e nicht mehr mit ihren paar Brocken Sauer-Latein, Alzette-Griechisch und MoselGerma­nisch auf die beflissene Schülersch­aft losgelasse­n werden. Bei alledem aber sollte man bitte nicht vergessen, dass eine Nabelschau – „Omphalosko­pie“– zwar menschlich-allzumensc­hlich ist, doch letzten Endes nur die Früchte trägt, die sie sät, nämlich selbstverl­iebte.

Zum Beschluss noch einmal ein dreifaches Hurra und süffiges Prost auf unsere geliebte Heimatspra­che, auf die wir alle „houfreg sinn“.

A bon entendeur, salut!

Eric Bruch, Esch/Alzette

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