Nichts geht mehr
Statt des erwarteten Rekordjahres beschert die Corona-Krise dem Kasino in Mondorf einen Verlust
Eigentlich hätte 2020 ein Rekordjahr für das Kasino in Mondorf werden sollen. Allein für das Glücksspielgeschäft waren erstmals Einnahmen von etwa 50 Millionen anvisiert worden. „Wir sind auch ziemlich sicher, dass das realistische Annahmen waren, denn in den ersten beiden Monaten haben wir unsere Planungen sogar übertroffen“, sagt Guido Berghmans, der Generaldirektor von Casino 2000. Dass es anders kam, dürfte angesichts der Corona-Krise und mindestens 94 Tagen Zwangsschließung niemanden überraschen. „Schlussendlich dürften wir bei 55 Prozent davon landen, irgendwo zwischen 27 und 28 Millionen, je nachdem, ob wir am 16. Dezember wieder öffnen können oder nicht“, sagt Berghmans. Für das laufende Jahr rechnet er mit einem deutlichen Verlust.
Prognosen für das kommende Jahr sind schwierig; zu viel hängt von der weiteren Entwicklung der Pandemie ab. Der Kasino-Betreiber hofft, dass durch die Impfung, eine natürliche Immunisierung durch Ansteckungen und das wärmere Wetter bis Mai wieder ein normaler Betrieb möglich ist. Ähnlich ambivalent ist auch seine Einschätzung zur Zukunft der Kasino-Branche. Einerseits rechnet er damit, dass es vier Jahre dauern wird, bis das Vorkrisenniveau wieder erreicht ist. Auf der anderen Seite hält es Berghmans für möglich, dass die Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit in der Pandemie und die Erfahrung der Isolation eine Entwicklung begünstigen wie in den „Roaring Twenties“des letzten Jahrhunderts. „Nach dem Ersten Weltkrieg und der Spanischen Grippe hatten die Leute über zehn Jahre das Bedürfnis, das Verpasste nachzuholen und sich zu amüsieren, um ihre Probleme zu vergessen“, so der Manager. Sollte das nun wieder so sein, könnten Kasinos nachträglich zu den Gewinnern der Krise gehören, so hofft er.
Konkurrenz aus dem Internet
Dabei stand die Branche schon vor der Krise unter großem Veränderungsdruck. Die großen Kasinos verloren in den letzten Jahren gerade jüngere Spieler an Online-Anbieter. Dieser Trend wird durch die Pandemie noch verstärkt. „Abgesehen von März und April, als keine Sportveranstaltungen stattgefunden haben, haben gerade Internet-Sportwettenanbieter stark vor der Krise profitiert“, sagt Berghmans. Er rechnet damit, dass das Segment europaweit in diesem Jahr von etwa 26 auf 30 Milliarden Euro steigen wird. „In der Krise haben auch viele von unseren Kunden Online-Kasinos entdeckt und werden wohl auch in Zukunft häufiger dort spielen“, vermutet der gebürtige Belgier. „Dagegen können wir zunächst mal nicht viel machen. Das ist ein bisschen eine natürliche Entwicklung; genau so, wie die Buchhändler Amazon haben hinnehmen mussten.“Um dennoch mithalten zu können, stellte die Geschäftsleitung in den letzten Jahren den Kasinobesuch
als Gesamterlebnis in den Mittelpunkt. Niemand wirft sich in Schale, erwartet ein Kabarettprogramm oder ein schickes Essen, um Online-Blackjack zu spielen – für die Spielbanken kann das aber den Unterschied machen. Daher investierte das Unternehmen in den letzten Jahren in seine Restaurants und gab sich eine zeitgemäße Speisekarte, die mit Burgern und hochwertigem Humus auch ein jüngeres Publikum ansprechen sollte. „Wir haben in den letzten Jahren auch hart daran gearbeitet, im Veranstaltungsbereich ein größeres und moderneres Programm anzubieten, mit bekannten Künstlern aus der ganzen Welt“, sagt er. So seien Tickets für den französischen Comedian Gad Elmaleh innerhalb von zehn Minuten ausverkauft gewesen. Neben dem Glücksspielgeschäft tragen mittlerweile das angeschlossene Hotel, der Restaurantbetrieb und die Events etwa sieben Millionen Euro zum Gesamtumsatz bei. Gerade die Veranstaltungen sollten neben dem Kasino zum wichtigsten Standbein des Betriebs werden. „Und genau in dem Moment, Mitte März, als eigentlich dieses Programm losgehen sollte, mussten wir schließen“, sagt Berghmans.
Aufwendige Umbaumaßnahmen
Er habe schon Anfang März mit den steigenden Ansteckungszahlen gemerkt, dass sich weniger Kunden ins Kasino trauten, so der Manager. Als dann der Lockdown begann, machten sich die 210 Mitarbeiter des Unternehmens sofort an die Arbeit, um den Spielbetrieb coronasicher zu machen. „Wir standen im permanenten Kontakt mit dem Gesundheitsministerium, um ein entsprechendes Gesundheitskonzept auszuarbeiten. Dementsprechend haben wir die Spielgeräte weiter auseinander gestellt und Trennwände installiert“, sagt Berghmans. Das Umstellen und Neuverkabeln der Automaten habe vier Tage und Nächte in Anspruch genommen und sei mit entsprechend hohen Kosten einhergegangen, so der Geschäftsführer, der die Flexibilität seiner Mitarbeiter lobt. „Croupiers, Köche – alle haben mitangepackt.“Als das Kasino nach dem Ende des ersten Lockdowns wieder aufmachen konnte, teilte der Betrieb pro Saal Kontrolleure ein, die sicherstellen sollten, dass die Hygienemaßnahmen eingehalten wurden und sich nicht zu viele Spieler in einem Raum aufhielten.
Trotz aller Vorkehrungen zögerten viele Kunden zunächst zurückzukehren. Bei einer Umfrage unter 5 000 regelmäßigen Spielern gaben ungefähr 30 Prozent an, dass sie aus Angst vor dem Virus nicht zurückkommen wollen. Daraufhin habe man gesonderte Marketingaktivitäten gestartet, um die Stammkundschaft von dem Sicherheitskonzept zu überzeugen. Hinzu kamen die Auswirkungen der abendlichen Sperrstunden. „Gerade Freitags oder Samstags beginnt der eigentliche Betrieb erst gegen 23 Uhr. Dann ist das Kasino normalerweise bis drei oder vier Uhr richtig voll.“Den neuerlichen Lockdown nutzt der Betrieb für weitere Umbaumaßnahmen. Denn auch optisch entspreche das Kasino nicht mehr den Vorstellungen vieler junger Besucher. Auch deshalb habe er vor zwei Jahren einen Veränderungsprozess eingeleitet.
Es wird ein schwieriger Kampf, sich gegen das OnlineGlücksspiel durchzusetzen. Guido Berghmans
Unabhängig davon, wann das Kasino wieder eröffnen kann, rechnet Berghmans mit einem starken Zulauf. Allerdings befürchtet er, dass das Spielbudget der Kunden aufgrund der Krise zunächst deutlich geringer sein wird. „Wir werden überleben. Das ist nicht die Frage. Wir sind auch optimistisch für die nächsten Jahre – aber aufniedrigerem Niveau. Langfristig, also für die nächsten 20 Jahre, in denen unsere Konzession läuft, wird es ein schwieriger Kampf, sich gegen das Online-Glücksspiel durchzusetzen“, sagt er.