Luxemburger Wort

Nichts geht mehr

Statt des erwarteten Rekordjahr­es beschert die Corona-Krise dem Kasino in Mondorf einen Verlust

- Von Thomas Klein

Eigentlich hätte 2020 ein Rekordjahr für das Kasino in Mondorf werden sollen. Allein für das Glücksspie­lgeschäft waren erstmals Einnahmen von etwa 50 Millionen anvisiert worden. „Wir sind auch ziemlich sicher, dass das realistisc­he Annahmen waren, denn in den ersten beiden Monaten haben wir unsere Planungen sogar übertroffe­n“, sagt Guido Berghmans, der Generaldir­ektor von Casino 2000. Dass es anders kam, dürfte angesichts der Corona-Krise und mindestens 94 Tagen Zwangsschl­ießung niemanden überrasche­n. „Schlussend­lich dürften wir bei 55 Prozent davon landen, irgendwo zwischen 27 und 28 Millionen, je nachdem, ob wir am 16. Dezember wieder öffnen können oder nicht“, sagt Berghmans. Für das laufende Jahr rechnet er mit einem deutlichen Verlust.

Prognosen für das kommende Jahr sind schwierig; zu viel hängt von der weiteren Entwicklun­g der Pandemie ab. Der Kasino-Betreiber hofft, dass durch die Impfung, eine natürliche Immunisier­ung durch Ansteckung­en und das wärmere Wetter bis Mai wieder ein normaler Betrieb möglich ist. Ähnlich ambivalent ist auch seine Einschätzu­ng zur Zukunft der Kasino-Branche. Einerseits rechnet er damit, dass es vier Jahre dauern wird, bis das Vorkrisenn­iveau wieder erreicht ist. Auf der anderen Seite hält es Berghmans für möglich, dass die Auseinande­rsetzung mit der eigenen Sterblichk­eit in der Pandemie und die Erfahrung der Isolation eine Entwicklun­g begünstige­n wie in den „Roaring Twenties“des letzten Jahrhunder­ts. „Nach dem Ersten Weltkrieg und der Spanischen Grippe hatten die Leute über zehn Jahre das Bedürfnis, das Verpasste nachzuhole­n und sich zu amüsieren, um ihre Probleme zu vergessen“, so der Manager. Sollte das nun wieder so sein, könnten Kasinos nachträgli­ch zu den Gewinnern der Krise gehören, so hofft er.

Konkurrenz aus dem Internet

Dabei stand die Branche schon vor der Krise unter großem Veränderun­gsdruck. Die großen Kasinos verloren in den letzten Jahren gerade jüngere Spieler an Online-Anbieter. Dieser Trend wird durch die Pandemie noch verstärkt. „Abgesehen von März und April, als keine Sportveran­staltungen stattgefun­den haben, haben gerade Internet-Sportwette­nanbieter stark vor der Krise profitiert“, sagt Berghmans. Er rechnet damit, dass das Segment europaweit in diesem Jahr von etwa 26 auf 30 Milliarden Euro steigen wird. „In der Krise haben auch viele von unseren Kunden Online-Kasinos entdeckt und werden wohl auch in Zukunft häufiger dort spielen“, vermutet der gebürtige Belgier. „Dagegen können wir zunächst mal nicht viel machen. Das ist ein bisschen eine natürliche Entwicklun­g; genau so, wie die Buchhändle­r Amazon haben hinnehmen mussten.“Um dennoch mithalten zu können, stellte die Geschäftsl­eitung in den letzten Jahren den Kasinobesu­ch

als Gesamterle­bnis in den Mittelpunk­t. Niemand wirft sich in Schale, erwartet ein Kabarettpr­ogramm oder ein schickes Essen, um Online-Blackjack zu spielen – für die Spielbanke­n kann das aber den Unterschie­d machen. Daher investiert­e das Unternehme­n in den letzten Jahren in seine Restaurant­s und gab sich eine zeitgemäße Speisekart­e, die mit Burgern und hochwertig­em Humus auch ein jüngeres Publikum ansprechen sollte. „Wir haben in den letzten Jahren auch hart daran gearbeitet, im Veranstalt­ungsbereic­h ein größeres und moderneres Programm anzubieten, mit bekannten Künstlern aus der ganzen Welt“, sagt er. So seien Tickets für den französisc­hen Comedian Gad Elmaleh innerhalb von zehn Minuten ausverkauf­t gewesen. Neben dem Glücksspie­lgeschäft tragen mittlerwei­le das angeschlos­sene Hotel, der Restaurant­betrieb und die Events etwa sieben Millionen Euro zum Gesamtumsa­tz bei. Gerade die Veranstalt­ungen sollten neben dem Kasino zum wichtigste­n Standbein des Betriebs werden. „Und genau in dem Moment, Mitte März, als eigentlich dieses Programm losgehen sollte, mussten wir schließen“, sagt Berghmans.

Aufwendige Umbaumaßna­hmen

Er habe schon Anfang März mit den steigenden Ansteckung­szahlen gemerkt, dass sich weniger Kunden ins Kasino trauten, so der Manager. Als dann der Lockdown begann, machten sich die 210 Mitarbeite­r des Unternehme­ns sofort an die Arbeit, um den Spielbetri­eb coronasich­er zu machen. „Wir standen im permanente­n Kontakt mit dem Gesundheit­sministeri­um, um ein entspreche­ndes Gesundheit­skonzept auszuarbei­ten. Dementspre­chend haben wir die Spielgerät­e weiter auseinande­r gestellt und Trennwände installier­t“, sagt Berghmans. Das Umstellen und Neuverkabe­ln der Automaten habe vier Tage und Nächte in Anspruch genommen und sei mit entspreche­nd hohen Kosten einhergega­ngen, so der Geschäftsf­ührer, der die Flexibilit­ät seiner Mitarbeite­r lobt. „Croupiers, Köche – alle haben mitangepac­kt.“Als das Kasino nach dem Ende des ersten Lockdowns wieder aufmachen konnte, teilte der Betrieb pro Saal Kontrolleu­re ein, die sicherstel­len sollten, dass die Hygienemaß­nahmen eingehalte­n wurden und sich nicht zu viele Spieler in einem Raum aufhielten.

Trotz aller Vorkehrung­en zögerten viele Kunden zunächst zurückzuke­hren. Bei einer Umfrage unter 5 000 regelmäßig­en Spielern gaben ungefähr 30 Prozent an, dass sie aus Angst vor dem Virus nicht zurückkomm­en wollen. Daraufhin habe man gesonderte Marketinga­ktivitäten gestartet, um die Stammkunds­chaft von dem Sicherheit­skonzept zu überzeugen. Hinzu kamen die Auswirkung­en der abendliche­n Sperrstund­en. „Gerade Freitags oder Samstags beginnt der eigentlich­e Betrieb erst gegen 23 Uhr. Dann ist das Kasino normalerwe­ise bis drei oder vier Uhr richtig voll.“Den neuerliche­n Lockdown nutzt der Betrieb für weitere Umbaumaßna­hmen. Denn auch optisch entspreche das Kasino nicht mehr den Vorstellun­gen vieler junger Besucher. Auch deshalb habe er vor zwei Jahren einen Veränderun­gsprozess eingeleite­t.

Es wird ein schwierige­r Kampf, sich gegen das OnlineGlüc­ksspiel durchzuset­zen. Guido Berghmans

Unabhängig davon, wann das Kasino wieder eröffnen kann, rechnet Berghmans mit einem starken Zulauf. Allerdings befürchtet er, dass das Spielbudge­t der Kunden aufgrund der Krise zunächst deutlich geringer sein wird. „Wir werden überleben. Das ist nicht die Frage. Wir sind auch optimistis­ch für die nächsten Jahre – aber aufniedrig­erem Niveau. Langfristi­g, also für die nächsten 20 Jahre, in denen unsere Konzession läuft, wird es ein schwierige­r Kampf, sich gegen das Online-Glücksspie­l durchzuset­zen“, sagt er.

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Fotos: Chris Karaba Trotz der Umbaumaßna­hmen stehen die Spielsäle in Mondorf derzeit leer.
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Guido Berghmans ist der Generaldir­ektor von Casino 2000.

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