Luxemburger Wort

Generalpro­be

Am 13. Dezember wird der neue Streckenab­schnitt der Tram bis zum Hauptbahnh­of eröffnet

- Von David Thinnes

Luxemburg. Die Tram hat eine Hupe: Den ersten Ton benutzt der Fahrer, um auf sich aufmerksam zu machen, der zweite ist die Nothupe. Florent Mousseron und Yassine Belabbes, zwei von 145 TramFahrer­n, hoffen, dass sie diese Hupe vom 13. Dezember an nicht benutzen müssen. Ab Sonntag in einer Woche fährt die Tram auf einem neuen Abschnitt: von der bisherigen Endstation Stäreplaz bis zur künftigen Endstation Hauptbahnh­of.

„Im Vergleich zu der bisherigen Strecke kommen wir in ein neues Umfeld. Man merkt, dass wir nun im Stadtzentr­um sind“, so Belabbes, der im Oktober 2017 zu den ersten 25 Tramfahrer­n in der Hauptstadt gehörte: „Ich wollte einen Wechsel im Berufslebe­n und bin bei Facebook auf eine Jobanzeige gestoßen. Ich war sehr stolz, unter mehr als 1 000 Kandidaten den Sprung zum Tramfahrer zu schaffen. Dieser Beruf ist eine wunderbare Lebenserfa­hrung.“

So empfindet es auch Florent Mousseron, der vor einem Jahr zunächst an einer Infoversam­mlung teilnahm: „Ich wollte mich beruflich umorientie­ren und eine stabilere Zukunft haben.“Der ehemalige Geldtransp­ortfahrer hat sich vor einem Jahr für den Tramfahrer­job beworben. Am 20. November 2019 saß er erstmals am Steuer. Diesen Moment beschreibt als „sehr beeindruck­end, vor allem wegen der Länge des Tramfahrze­ugs und seiner Bremsdista­nz“.

Der 44-Jährige war früher beim französisc­hen Militär und hat Erfahrung mit schwerem Gerät. Natürlich ist das Fahren einer Tram etwas anderes: „Hier transporti­ere ich Personen und bewege mich im städtische­n Raum. Da muss man schon sehr aufmerksam sein.“

Testen und andere Verkehrste­ilnehmer sensibilis­ieren

Damit spricht Mousseron einen wichtigen Punkt an, der auch Ausbilder Laurent Binda viel bedeutet: „Wir suchen besonnene Kandidaten, die ihr Umfeld sehr genau wahrnehmen. Den Rest übermittel­n wir in der Ausbildung.“

In diesen sechs Wochen steht eine Reihe von Tests an (siehe Kasten). In der fünften Woche darf der Kandidat dann erstmals eine Tram fahren. „Sie werden immer von einem Ausbilder oder einem erfahrenen Fahrer begleitet. Diese Phase kann bis zu zwei Wochen in Anspruch nehmen“, erklärt Binda. In dieser Zeit wird auch eine sogenannte „conduite commentée“vorgenomme­n. Die Ausbilder übernehmen das Steuer und kommentier­en laut alle getätigten Aktionen.

„So erlernen die Kandidaten, wie sie in den unterschie­dlichen Situatione­n reagieren müssen. Das hilft ihnen sehr bei der Konzentrat­ion.“

Hilfreich sind auch die „Marche à blanc“, bei der ohne Fahrgäste, aber unter realen Bedingunge­n getestet wird. „Es ist eine neue Strecke. Wir müssen unsere Anhaltspun­kte finden, zum Beispiel im Bezug auf die Geschwindi­gkeit oder an den Kreuzungen. Außerdem sind diese Testfahrte­n wichtig für die anderen Verkehrste­ilnehmer, die in diesen Bereichen noch nicht an die Tram gewöhnt sind“, so Mousseron.

Der neue Streckenab­schnitt unterschei­det sich vom bisherigen, wie Binda erklärt: „In Kirchberg geht es durch ein Geschäftsv­iertel, mehr oder weniger immer geradeaus. Im Stadtzentr­um gibt es mehr Kurven und mehr Menschen, die für den Tramverkeh­r sensibilis­iert werden müssen.“Die Konzentrat­ion muss immer gleich hoch sein, auch wenn die Abläufe auf der bisherigen Strecke zur

Routine geworden sind. „Das heißt nicht, dass die Fahrer von Kirchberg bis Stäreplaz weniger wachsam sind. Auch wenn wegen der Corona-Pandemie weniger Passagiere in der Tram sind, muss der Fahrer immer auf Draht sein. Die Sicherheit steht immer an erster Stelle“, sagt Binda.

Eine Tram ist bis zu 80 Tonnen schwer. Im Stadtzentr­um darf die Straßenbah­n laut Code de la route bis zu 50 km/h schnell fahren. Im Regelfall erreicht sie aber nur etwa 20 km/h. „Bei einer Notfallbre­msung muss man bedenken, dass eine Tram kein Auto, Bus oder Lieferwage­n ist. Der Fahrer muss immer mit einrechnen, dass er Passagiere befördert und diese bei einer zu heftigen Vollbremsu­ng verletzt werden können.“

Damit es nicht zu dieser Situation kommt, profitiere­n Belabbes, Mousseron und ihre Kollegen von ihrer Erfahrung und Ausbildung. Sollte es dennoch einmal brenzlig werden, steht ihnen noch die Hupe zur Verfügung.

Dieser Beruf ist eine wunderbare Lebenserfa­hrung. Yassine Belabbes, Tramfahrer

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Fotos: Chris Karaba Die Tram, hier auf dem Pont Adolphe, auf Testfahrt – bevor es am Sonntag in einer Woche ernst wird.
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Ausbilder Laurent Binda (l.) erwartet von den Tramfahrer­n wie Florent Mousseron (M.) und Yassine Belabbes (r.) vor allem Gelassenhe­it.
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