Schuhnägel, Mühlsteine und der Gallische Krieg
Nur 30 Kilometer von der luxemburgischen Grenze entfernt befindet sich das ältestes römische Militärlager auf deutschem Boden
Hermeskeil. Sabine Hornung ist eine Archäologin, die ins Feld geht, Grabungen leitet, tatsächlich im Boden wühlt. Aber sie arbeitet auch mit modernsten naturwissenschaftlichen Techniken und statistischen Methoden. Diese Kombination ist es, die zu einem aufsehenerregenden Fund geführt hat: In Hermeskeil, südöstlich von Trier und nur etwas mehr als 30 Kilometer von der luxemburgischdeutschen Landesgrenze entfernt, befindet sich das älteste römische Militärlager auf deutschem Boden.
Julius Caesar hat in seinem berühmten „Gallischen Krieg“geschildert, dass die Treverer ein aufständisches Volk gewesen seien, dessen Widerstand er schließlich mit seiner Armee brach. Nach den Treverern ist Trier benannt – das Volk lebte westlich des Rheins, im Trierer Raum und an der Mosel, aber auch dort, wo sich heute Luxemburg befindet, und im Gebiet des heutigen Saarland, im Hunsrück und der Eifel. Wenn die
Römer gegen die Treverer gekämpft hatten, müssten sie in der Region ihre Soldaten stationiert haben. Noch vor zehn Jahren hatte man aber keine Ahnung, wo das genau gewesen sein könnte.
Berechnungen und Grabungen
Sabine Hornung, Professorin für Vor- und Frühgeschichte an der Universität Saarbrücken, spielte verschiedene Varianten durch. Sie berechnete die mögliche Laufleistung der römischen Soldaten und schaute sich die geografische Situation an. Hermeskeil liegt verkehrstechnisch zentral: nicht weit weg von einer der größten keltischen Befestigungsanlagen jener Zeit, dem Ringwall von Otzenhausen, aber auch nahe zur Mosel, wo es damals schon eine erste Holzbrücke gab. Es war zwar schon bekannt, dass es in Hermeskeil Wallanlagen gab, aber man hatte sie nie genau untersucht – es war nicht einmal bekannt, wie alt sie genau waren. Erst die Überlegungen, Berechnungen und Prospektionen Hornungs führten zu Grabungen, die dann in der Nachricht gipfelten, das älteste römischer Lager auf deutschem Boden gefunden zu haben.
Aber der Beweis, dass es wirklich so alt ist, war nicht einfach. Letztlich waren es Details, die in
Sabine Hornung bei einer Ausgrabung. kriminalistischer Puzzlearbeit zur Bestätigung führten. Ein Beispiel: die Mühlsteine, mit der die Heeresköche das Korn mahlten. Hornung fand verschiedene davon; sie sind aus unterschiedlichem Gestein erstellt, das Hornung von Geologen und Chemikern untersuchen ließ. Das Ergebnis: Die Mühlsteine stammten exakt aus den Orten, durch die Caesars Legionen gezogen waren, bevor sie in die heutige Großregion kamen.
Beweis über die Schuhnägel
Aber der Beleg war sozusagen mittelbar. Gibt es Hinweise auf das exakte Datum, an dem das Lager errichtet wurde? In der Tat: Hornung fand den Eingang, der bepflastert war. In den Zwischenräumen des Pflasters lagen Schuhnägel von Sandalen römischer Soldaten, die sich offenbar gelöst hatten. „Die Römer stellten solche Schuhnägel in Massenproduktion her. Dabei änderten sich die Charakteristika immer wieder ein bisschen, und wir wissen recht genau, wann welche Schuhnägel hergestellt wurden“, so Hornung. Teilweise gab es noch fast neue Nägel – Indizien zur exakten Datierung.
Insgesamt waren es so viele Hinweise, dass die Archäologin eine Datierung wagen konnte. Natürlich ist eine solche Beweisführung aufwendig und teuer. Mehrere Grabungskampagnen waren notwendig, die mit Fördergeldern in Millionenhöhe von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt wurden. Letztlich herrscht weitgehende Gewissheit: 54 bis 51 vor unserer Zeitrechnung war die Großregion erstmals Schauplatz der Weltgeschichte. Caesar marschierte im Jahr 54 mit vier Legionen in das Gebiet der Treverer ein. Im Jahr 53 kam es zum großen Treverer-Aufstand. Und Hornungs Funde ergeben, dass das Lager von Hermeskeil im Jahr 53 errichtet worden war. Im Jahr 51 wurde es dann schon wieder verkleinert – in diesem Jahr wurde ein letzter Aufstand der Treverer niedergeschlagen, eine kleinere Besatzungstruppe blieb offenbar zurück, doch die großen Römerheere zogen weiter.