Psychotherapeuten-Verordnung gekippt
Wesentliche Teile sind laut Staatsrat verfassungswidrig – Es muss wieder verhandelt werden
Zurück auf Los, sagt der Staatsrat mit einem Paukenschlag in seinem Gutachten zur großherzoglichen Verordnung, mit der Sozialminister Romain Schneider (LSAP) die Beziehung der seit 2015 gesetzlich anerkannten Psychotherapeuten zur CNS regeln wollte. Erstmals hatte das Ministerium auf diese Möglichkeit zurückgegriffen, die seit der Gesundheitsreform 2011 besteht: Werden sich die Berufsgruppe und die CNS bei den Verhandlungen über eine Konvention zur Kostenübernahme der Leistungen nicht einig, können die „obligatorischen Elemente“über eine Verordnung geregelt werden.
Im Januar 2018 hatten die Gespräche zwischen der Fapsylux (Fédération des associations représentant des psychothérapeutes au Grand-Duché de Luxembourg) und der CNS begonnen, nach sechs Monaten wurden sie als gescheitert und mit Ablauf der Mediation im Dezember als beendet erklärt. Zum Leidwesen der Psychotherapeuten, die nicht verstanden, warum die CNS das so sah: „Was hat das noch mit einer Konvention zu tun, wenn die CNS nun einseitig regelt und unsere Sichtweise gar nicht mehr einfließt?“, sagte Fapsylux-Präsidentin Delphine Prüm damals („Wort“vom 07. 08. 2019).
Psychotherapeuten sind laut Gesetz autonom
Am 29. November 2019 bekam der Staatsrat die großherzogliche Verordnung zur Begutachtung – und streicht nun die wesentlichen Elemente heraus. Denn den offiziell zugelassenen Psychotherapeuten werde in ihrem Gesetz garantiert, ihren Beruf autonom und ohne Einschränkungen ausüben zu können, heißt es im Gutachten. „Die Verordnung begrenzt aber ihr Betätigungsfeld, indem eine Reihe an zusätzlichen Bedingungen gestellt werden, die der Psychotherapeut einhalten muss, damit seine Leistungen von der CNS übernommen werden“, moniert die Hohe Körperschaft.
Dass der Patient die Psychotherapie von einem Arzt verschrieben bekommen haben muss und einen Behandlungsplan, der von der CNS genehmigt werden muss, vorlegen muss, widerspreche dem Sinn des Sozialgesetzes, schreibt der Staatsrat. Tatsächlich gibt es die ärztliche Verschreibungspflicht für verschiedene paramedizinische Dienstleister, wie Physiotherapeuten oder Labore – sie wurde dann im Vorfeld aber auch in der Konvention zwischen den Partnern entsprechend verhandelt. Der Staatsrat verweist bei den Psychotherapeuten darauf, dass hier die Verordnung es vorschreiben soll. Diese dürfe aber laut Gesetz nur die gesetzlich aufgezählten „dispositions obligatoires“einer Konvention regeln, die man strikt im Sinne des Wortes interpretieren müsse.
Es seien rein administrative Modalitäten, wie die Art der Datenübertragung, die Verpflichtung, sich an die Nomenklatur und an die Zinsbestimmungen beim tiers payant zu halten oder auch an die Vorschriften über den Ort, an dem Leistungen erbracht werden dürfen. Aufgrund keiner dieser obligatorischen Bestimmungen könnten irgendwelche Einschränkungen für die Rückerstattung psychotherapeutischer Leistungen festgelegt werden.
Konvention und Nomenklatur parallel verhandeln
Und keine erlaube es, die Behandlung auf eine ärztlich verschriebene zu beschränken oder die Psychotherapeuten dazu zu verpflichten, der CNS vor Beginn der Behandlung einen Behandlungsplan zu präsentieren oder die Kategorie der psychischen Störungen definieren zu müssen, die zu einer Kostenübernahme führen kann. Letzteres müsse in der Nomenklatur festgelegt werden.
Nach Artikel 3 der umstrittenen Verordnung muss der Psychotherapeut der CNS einen Behandlungsplan für den Patienten präsentieren, welcher ihm vorher eine ärztliche Überweisung mitsamt Diagnose der psychischen Störung, der Zahl der Sitzungen und der Dauer der Therapie überreicht hat.
Der Psychotherapeut kontrolliert dann bei der ersten Sitzung, die als „séance d'essai“gilt, ob die Verschreibung ordnungsgemäß ausgefüllt ist, evaluiert den Patienten, um bestätigen zu können, dass eine zur Kostenübernahme anerkannte psychische Störung vorliegt und erstellt einen Behandlungsplan mit den Zielen und Methoden der geplanten Therapie. Nach der Behandlung muss er einen Behandlungsbericht erstellen, der dann auf elektronischem Weg an die CNS übermittelt werden muss.
„Von all diesen Vorschriften gehört nur die, die präzisiert, dass alles, was kommuniziert wird auf elektronischem Weg geschehen muss, zu den obligatorischen Bestimmungen, die in der Verordnung geregelt werden können“, schreibt der Staatsrat. Auf dieselbe Weise kippt er auch alle weiteren Artikel, die sich auf die komplizierte Behandlungsprozedur beziehen. Denn das übersteige den Rahmen dessen, was eine solche Verordnung regeln darf und sei dem Gesetz vorbehalten. Mit anderen Worten: Die Verordnung ist verfassungswidrig.
„Wir sind bereit für neue Verhandlungen“, sagt die Präsidentin der Fapsylux, Delphine Prüm auf Nachfrage. „Wir wollen die Gespräche über die Konvention dort fortsetzen, wo sie unterbrochen wurden und parallel gleich die Nomenklatur mit verhandeln.“Die Pandemie habe gezeigt, wie wichtig die mentale Gesundheit ist und dass sie nicht von der physischen getrennt werden kann.
„Aufgrund des Gutachtens des Staatsrats können wir jetzt ganz schnell vorankommen. Das ist in der aktuellen Situation auch dringend nötig, damit die psychischen Belastungen schnell behandelt werden und sich nicht zu chronischen Erkrankungen entwickeln“, erklärt Prüm.
Wir wollen die Gespräche über die Konvention dort fortsetzen, wo sie unterbrochen wurden. Delphine Prüm, Fapsylux-Präsidentin