Wenn die Abwehr müde macht
Ende August wurde Joshi, ein belgischer Schäferhund, von seinem Hundeführer zum Impfen in die Praxis gebracht. Die mikroskopische Untersuchung einer Kotprobe, die gleich mitgebracht worden war, ergab als Befund einen starken Mischbefall an Spul- und Bandwürmern. Auf die darauf angesetzte Parasitenbehandlung bekam der unkastrierte Rüde als Nebenwirkung zunächst einen geharnischten Durchfall. Bei der Untersuchung einer weiteren Stuhlprobe nach drei Wochen waren immer noch eine gering- bis mittelgradige Präsenz von Darmparasiten sowie ebenfalls schlecht bis unverdautes Fett und Muskeleiweiß zu finden. Ab Ende September begann Joshi bei starkem Appetit dramatisch abzumagern und Müdigkeit beim Ausbildungstraining zu zeigen. Daneben setzte er große Mengen fensterkittmäßig gefärbten Kot ab. Sein Krankheitsbild entsprach einer exokrinen Pankreasinsuffizienz (EPI), bei der nur mehr ungenügende Mengen von fett-, kohlenhydrat- und eiweißverdauenden Enzymen in der Bauchspeicheldrüse produziert werden, sowie einer entzündlichen Verdickung der Dünndarmschleimhaut (IBD), durch die der Transportweg für die aufgespaltenen Nährstoffe blockiert wird. Beide Krankheitsbilder werden ausgelöst durch eine übersteigerte Reaktion des körpereigenen Abwehrsystems auf irritierende Zustände wie Darmparasiten, aber auch Viren, Bakterien oder Pilze, Nahrungsmittelunverträglichkeit, sowie Stress ganz allgemein. Während die Blut- und Stuhluntersuchungen Werte ergaben, die einer geringgradigen Entzündung entsprachen, wurde Joshi immer dünner und apathischer. Ende Oktober wurde deshalb mit einer Ersatztherapie für Pankreasenzyme sowie einer immunmodulierenden Behandlung zur Eindämmung der überschießenden Abwehrreaktion begonnen. Sein Futter wurde auf eine Spezialdiät mit niedriger Fettmenge bei gleich hohem Energiegehalt umgestellt. Fast unmittelbar nach Therapiebeginn wurde der Rüde lebhafter. Nach zwei Wochen Schonung erbrachte er wieder überzeugende Leistungen. Wenn Diagnose und Behandlung zügig nach Krankheitsbeginn einsetzen, kann für EPI wie auch für IBD meist eine günstige Prognose gestellt werden. Genesene Hunde sollten jedoch noch einige Monate unter Kontrolle bleiben.