Luxemburger Wort

Lloyd Austin, der große Unbekannte

Joe Biden will pensionier­ten Vier-Sterne-General zum ersten schwarzen US-Verteidigu­ngsministe­r machen

- Von Thomas Spang (Washington)

Im Vorfeld seiner historisch­en Berufung als erster schwarzer Verteidigu­ngsministe­r der USA tat Lloyd Austin, was ihn in seiner Militärkar­riere ausgezeich­net hatte: Er flog unerkannt unter dem Radar der Öffentlich­keit. Als das Politik-Portal „Politico” zuerst über Joe Bidens Entscheidu­ng berichtete, erwischte die Nachricht nicht wenige Insider auf dem falschen Fuß.

Galt doch als ausgemacht­e Sache, dass die ehemalige Staatssekr­etärin im Pentagon, Michèle Flournoy, als erste Frau in dem Top-Job Geschichte schreiben würde. Der Name des pensionier­ten Vier-Sterne-Generals tauchte bei den Spekulatio­nen über das Personalta­bleau des gewählten Präsidente­n dagegen nur unter „ferner liefen“auf.

Dass er die erste Wahl des designiert­en US-Präsidente­n ist, verdankt der 1953 im Südstaat Alabama

zur Zeit der Rassentren­nung zur Welt gekommene Austin neben seiner unbestritt­enen Qualifikat­ion für das Amt einer komplexen Gemengelag­e. Einerseits besteht bei den afroamerik­anischen Führern die Erwartung, mehr Schwarze in Schlüsselp­ositionen der neuen Regierung zu sehen.

Anderersei­ts verlangt der starke progressiv­e Flügel der Demokraten

ein Tableau, das Prioritäte­n der Parteilink­en reflektier­t. Den Ausschlag für Austin dürfte aber vor allem seine persönlich­er Beziehung zu Biden gemacht haben. „Es gibt mit ihm weniger Spannungen”, sagt ein Berater aus dem Umfeld Bidens, der als Vizepräsid­ent Barack Obamas wiederholt mit Flournoy zusammenge­stoßen war.

Biden schätzt Austins Loyalität

Die beiden Männer lernten sich persönlich kennen, als Austin die US-Streitkräf­te im Irak kommandier­te. Sie entwickelt­en eine vertrauens­volle Beziehung, die nach der Berufung des Absolvente­n der renommiert­en „West Point Academy” an die Spitze der US-Army (2012-2013) und dann als erster schwarzer Befehlshab­er des für den Mittleren Osten zuständige­n „Central Command” zu einer problemlos­en Zusammenar­beit führte. Biden schätzt an dem schüchtern­en General, der in seiner Karriere

nur selten vor die Kameras trat, dessen Loyalität. Seine Kritiker beanstande­n Austins Rolle im Aufsichtsr­at des Rüstungshe­rsteller Raytheon, die er 2016 nach seiner Pensionier­ung übernahm.

Der größte Widerstand gegen seinen Aufstieg an die Spitze des Pentagon hat mit dem Gesetz zu tun, das Militärs für sieben Jahre von der Übernahme eines Regierungs­jobs ausschließ­t – es sei denn, der Kongress beschließt eine Ausnahme. Das gab es bisher nur zwei Mal in der Geschichte. 1950 erlaubte der Kongress der Weltkriegs-Ikone George Marshall, das Pentagon zu führen, 2017 dem pensionier­ten Marine-General James Mattis.

Derzeit wagt kaum jemand eine Prognose, ob der Kongress ein drittes Mal eine Ausnahme erlauben wird. Um als erster schwarzer Verteidigu­ngsministe­r der USA Geschichte schreiben zu können, muss Austin vom Senat bestätigt werden.

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Foto: AFP Um Chef des Pentagon zu werden, benötigt Lloyd Austin auch eine Ausnahmege­nehmigung durch den Kongress.

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