EU-Gerichtshof weist Klagen ab
Richter bestätigen verbesserte Lohnstandards für entsandte Arbeitnehmer
Luxemburg. Die 2018 verbesserten Lohn- und Sozialstandards für entsandte Arbeitnehmer in der Europäischen Union bleiben erhalten. Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg wies am gestrigen Dienstag eine Klage von Ungarn und Polen gegen die damalige Reform der Entsenderichtlinie ab. Die beiden EU-Staaten hatten unter anderem eine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit gerügt. Der EuGH sieht die Reform jedoch als rechtens.
Die Richtlinie war 2018 geändert worden, um den Schutz der entsandten Arbeitnehmer vor Lohn- und Sozialdumping auszuweiten. Zentraler Punkt der Reform war das Prinzip, dass EU-Bürger, die vorübergehend in einem anderen EU-Land arbeiten, dort ebenso entlohnt werden müssen wie Einheimische. Sie dürfen nicht mit dem Mindestlohn abgespeist werden, wenn für ihre Kollegen bessere Löhne vereinbart sind.
Rechtliche Sonderregeln für Entsendungen wurden auf zwölf Monate befristet, in Ausnahmefällen auf 18 Monate. Das heißt: Die Arbeitnehmer dürfen zwar länger entsandt werden – doch gelten dann alle Bedingungen des Aufnahmelands, sofern diese besser sind als in der Heimat. Zudem wurde
Avis de sociétés festgelegt, dass Kosten für Reisen, Unterbringung und Verpflegung nicht mit dem Lohn entsandter Kräfte verrechnet werden dürfen.
Exportierte Billiglöhne
Ungarn und Polen hatten unter anderem einen Verstoß gegen die
Dienstleistungsfreiheit in der EU gerügt. Außerdem kritisierten sie, es sei die falsche Rechtsgrundlage gewählt worden. Der EuGH sah das anders. Die EU-Gesetzgeber hätten die Richtlinie ändern dürfen, um sicherzustellen, dass der freie Dienstleistungsverkehr unter gleichen Wettbewerbsbedingungen
stattfinde, erklärte der Gerichtshof.
Einige EU-Länder mit niedrigen Lohnkosten hatten von Anfang an Bedenken gegen die Reform. Sie fürchteten um Wettbewerbsvorteile für ihre Unternehmen, die Dienste in anderen EU-Staaten zu sehr günstigen Konditionen anbieten konnten. Gewerkschafter und Sozialpolitiker beklagten jedoch vor der Änderung Ausbeutung der Entsandten und Konkurrenz durch Billiglöhne in Ländern mit höheren Einkommen und Lebenshaltungskosten.
Die Richtlinie gilt grundsätzlich für alle Dienstleistungsbranchen und auch für Kraftfahrer im grenzüberschreitenden Güterverkehr, entschied das Eu-Gericht in einem früheren Urteil Anfang des Monats. Das heißt aber nicht zwingend, dass die Fahrer auch die Tariflöhne erhalten, die im Land ihrer auftraggebenden Spedition gelten. Das ist nur der Fall, wenn dort auch der Schwerpunkt der Tätigkeit liegt oder es anderweitige starke Bezüge zu diesem Land gibt, so das EuGH-Urteil.
Wie viele entsandte Arbeitnehmer es gibt, ist statistisch nicht erfasst. Die Zahl wurde EU-weit 2015 auf etwa zwei Millionen geschätzt. dpa/MeM