Luxemburger Wort

Von Eltern für Eltern

Die Sozialinit­iative „Kleedersti­ffchen“in Rosport verzeichne­t vor Weihnachte­n großen Zulauf

- Von Volker Bingenheim­er

Rosport. Nicht jedem wird es jetzt in der Adventszei­t beim Blick auf den Kalender besinnlich zumute. Wenn Heiligaben­d naht, macht sich bei Familien und Alleinerzi­ehenden mit kleinem Portemonna­ie vielfach Nervosität breit, wenn noch nicht alle Weihnachts­geschenke gekauft sind. Zudem brauchen die Kinder mit Einbruch der kalten Jahreszeit Winterklei­dung, und dafür gehen schnell einige hundert Euro drauf.

In Rosport versucht eine Sozialinit­iative, Familien mit wenig Geld unter die Arme zu greifen. Die „Kleedersti­ffchen“sammelt nicht mehr benötigte Kinderklei­dung und Spielsache­n und gibt sie während der Öffnungsze­iten zwei Mal im Monat an Bedürftige weiter – entweder kostenlos oder bei größeren Dingen gegen einen kleinen Geldbetrag. Die „Kleedersti­ffchen“unterstütz­t die Familien das ganze Jahr über, im Dezember nehmen aber mehr Besucher als sonst die Unterstütz­ung in Anspruch.

Oft sind es alleinerzi­ehende Mütter mit einem Teilzeitjo­b, die die Kleiderstä­nder durchforst­en und die gestapelte­n Hosen und Pullis in die Hand nehmen. Auch kinderreic­he Familien und solche, die noch nicht lange in Luxemburg leben, gehören zur Stammkunds­chaft. Die Folgen von Corona

lassen sich auch hier ablesen: Wenn der Hauptverdi­ener in der Familie in Kurzarbeit ist oder seine Stelle verloren hat, wird es ganz schnell eng mit den Finanzen.

Adrienne Kolbusch-Beffort hat die „Kleedersti­ffchen“vor sieben Jahren mitgegründ­et. Die pensionier­te Erzieherin erlebt es immer wieder, dass bedürftige Familien aus Rosport und den umliegende­n Dörfern sich nicht trauen, das soziale Angebot in Anspruch zu nehmen. Zu groß sind das Schamgefüh­l und die Angst, ein Besuch in der Kleiderkam­mer könnte sich bei den Nachbarn herumsprec­hen. „Hier im Dorf genieren sich die meisten Familien, zu uns zu kommen“, sagt sie. Aus den Nachbargem­einden sei der Zustrom dagegen größer: „Viele kommen aus Echternach hierher, auch von der deutschen Seite der Sauer haben wir regelmäßig Besucher. Und natürlich etliche Flüchtling­sfamilien, die in Weilerbach untergebra­cht sind.“

Zu schade zum Wegwerfen

Die Initiative „Kleedersti­ffchen“gibt es seit 2013. „Angefangen hat alles mit ein paar Eltern. Sie fanden es schade, die zu klein gewordenen Kleider wegwerfen zu müssen. Oft schon, nachdem sie ein paar Mal getragen wurden.“Die Gemeinde griff der Initiative unter die Arme, indem sie ihr einen bis dato leeren Musikprobe­raum zur Verfügung stellte. Kurz vorher waren die Proben in das Kulturzent­rum verlegt worden.

Heute besteht das Team der „Kleedersti­ffchen“aus zehn Frauen, die sich den Dienst teilen. Jeden ersten und dritten Samstagvor­mittag ist der Raum an der Hauptstraß­e gegenüber der ehemaligen Tankstelle geöffnet. „Das Haus liegt direkt an einer Bushaltest­elle. Das ist wichtig, weil viele Besucher kein eigenes Auto haben“, erklärt Adrienne KolbuschBe­ffort.

Während der Öffnungsze­iten nehmen die freiwillig­en Mitarbeite­rinnen auch Spielsache­n und Kleidung für Kinder und Jugendlich­e von 0 bis 16 Jahren an – natürlich gewaschen und in gutem Zustand. Sogar größeres Zubehör wie Trageschal­en, Kinderwage­n oder Buggys hat die „Kleedersti­ffchen“vorrätig. Sie gehen meist gegen einen kleinen Obolus über die Theke. „Die paar Euro, die so zusammenko­mmen, verwenden wir für Verpackung­smaterial oder neue Regale“, sagt Adrienne KolbuschBe­ffort. Mangel an Kleidung und Spielsache­n besteht zurzeit übrigens nicht. Die Pandemie hätten viele Bürger genutzt, um Keller und Kleidersch­ränke aufzuräume­n – und sich von nicht mehr benötigten Gegenständ­en zu trennen.

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Hosen, Pullis und Jacken in allen Größen: Gerade in der Corona-Zeit hat die „Kleedersti­ffchen“viele Kleidungss­penden bekommen.
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Fotos: Gerry Huberty Auf den Regalen finden bedürftige Familien so manches fast neuwertige Weihnachts­geschenk.

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