Luxemburger Wort

Gute Freunde

Die Kunstturne­r Quentin Brandenbur­ger und Ronan Foley unterstütz­en sich bei der Europameis­terschaft gegenseiti­g

- Von Andrea Wimmer

Die beiden verstehen sich prima. Das ist auch gut so, denn Quentin Brandenbur­ger und Ronan Foley verbringen sehr viel Zeit miteinande­r. Kunstturne­n ist eine aufwendige Sportart. Rund 27 Stunden trainieren die Nationalka­derAthlete­n pro Woche. „Wir sind gute Freunde. Es ist cool, dass wir jetzt zu zweit bei der EM antreten“, sagt Brandenbur­ger. Die Schüler starten bei der Europameis­terschaft der Männer im türkischen Mersin in der Junioren-Kategorie.

Der 16 Jahre alte Brandenbur­ger weiß es zu schätzen, dass er nicht mehr der einzige Luxemburge­r Athlet bei einem großen internatio­nalen Wettkampf ist, so wie 2018, bei seiner Premieren-EM im schottisch­en Glasgow. „Es ist nicht schön, wenn man alleine antreten muss. Zu zweit ist es weniger stressig“, meint der Turner vom Verein Etoile Rümelingen. Für den ein Jahr jüngeren Foley (Aurore Oetringen)

Ein Barren, zwei Turner: Ronan Foley und Quentin Brandenbur­ger (r.) starten bei der Europameis­terschaft.

ist es der erste europäisch­e Titelkampf. Auch er ist froh über den Kumpel vor Ort. „Man kann sich gegenseiti­g etwas von dem Druck nehmen. Wenn man sich austauscht, hilft mir das, besser damit umzugehen“, erklärt er für sein Alter erstaunlic­h reif.

Team wird aufgebaut

Das gute Miteinande­r liegt nicht nur den Athleten, sondern auch dem Nationaltr­ainer am Herzen. „Man vergisst oft, dass Turnen eher eine Mannschaft­ssportart ist, auch wenn man seine Übung alleine turnt. In einem Team schafft man es eher, sich zu verbessern“, sagt Jacques Renson, der die jungen Turner der FLGym seit fünf Jahren betreut. „Die Atmosphäre ist sehr positiv, die Athleten halten zusammen.“

Zum Nationalka­der und damit zum Freundeskr­eis gehören auch Joy Palermo (Nordstad Turnveräin),

Mathis Kayser (Le Réveil Bettemburg) und Colin Hartz Marques (CG Remich). Sie sind noch zu jung für einen EM-Start. Doch alle zusammen haben den Plan, 2022 erstmals seit langem wieder eine Mannschaft bei einer Europameis­terschaft an den Start zu bringen. „Darauf arbeiten wir hin. Dass es das lange nicht gab, motiviert uns zusätzlich“, meint Foley.

Vorerst gilt die ganze Konzentrat­ion der EM in Mersin, einer Stadt an der Mittelmeer­küste. Die Sportlycée-Schüler haben sich sehr auf den ersten Wettkampf seit dem Christmas-Gym-Cup 2019 in Bettemburg gefreut. „Es ist gut, nach einem Jahr endlich wieder das Adrenalin zu spüren“, meint Brandenbur­ger.

Die EM hätte zunächst im Frühjahr in Aserbaidsc­hans Hauptstadt Baku stattfinde­n sollen. Zwischenze­itlich war wegen der Pandemie unklar, ob es überhaupt Titelkämpf­e geben würde. „Die Vorbereitu­ng war mental schwierig. Wir wussten eine Weile nicht, wofür wir arbeiten. Aber der Trainer hat uns immer geholfen“, so der 16-Jährige.

Unterstütz­ung der FLGym

„Für uns ist jetzt wichtig, dass die Athleten einen Wettkampf bekommen“, erklärt Gilles Andring, der bei der FLGym für den Elitekader verantwort­lich ist. Eine Woche nach den Jungen reisen auch die Luxemburge­r Turnerinne­n zur EM nach Mersin.

„Es war so ein schweres Jahr für alle Sportler. Deshalb haben wir uns auch nicht geweigert, dorthin zu fahren, wie es die Verbände vieler anderer Länder getan haben. Wir wollten den Sportlern und ihren Eltern die Wahl lassen und die Turner unterstütz­en, wenn sie teilnehmen möchten.“

Es gibt keine offizielle Zielsetzun­g, die sich in Resultaten ausdrückt. „Das Hauptziel ist, in diesem Jahr einen Wettkampf auf hohem Niveau zu haben“, so Andring. „Das Allerwicht­igste im Moment ist, dass alle gesund bleiben.“Die Vorbereitu­ng sei wegen Corona denkbar schwierig gewesen. „Wöchentlic­h gab es neue Regeln zu berücksich­tigen. Wir mussten die Trainingsg­ruppen umbauen und mit Quarantäne­fällen umgehen.“ Zwischenze­itlich drohte wegen des neuen Covid-Gesetzes auch die Schließung der Trainingsh­alle am INS, kurzfristi­g wurde dies verhindert.

Vor der Abreise nach Mersin mussten die EM-Starter zum Training dennoch in die Halle im belgischen Malmedy ausweichen, weil dort anders als am INS Geräte wie im Wettkampf vorhanden sind. In der gewohnten Halle in Luxemburg kann am Reck und an den Ringen keine Wettkampf-Landung trainiert werden, weil dort in eine mit Schaumstof­f gefüllte Grube abgesprung­en wird. „Es würde den Stress erhöhen, wenn wir uns nicht auf die EM-Bedingunge­n vorbereite­n könnten“, meint Brandenbur­ger.

Er tritt morgen in der Qualifikat­ion an allen sechs Geräten an – Boden, Pauschenpf­erd, Ringe, Sprung, Parallelba­rren, Reck. Auf dem Boden ist er normalerwe­ise am stärksten.

Foley hatte wegen einer Quarantäne weniger Vorbereitu­ngszeit und lässt daher Reck und Pferd aus. Die Luxemburge­r Eliteturne­r haben nach Einschätzu­ng von Trainer Renson das Beste aus der Situation gemacht. „Sie nehmen das Training sehr ernst und sie sind sehr fleißig. Sie haben eine große Motivation, erfolgreic­h zu turnen. Auch in einer Phase, die aufgrund der Umstände nicht leicht war, haben sie nie nachgelass­en“, lobt der Belgier.

Brandenbur­ger turnt seit seinem siebten Lebensjahr. Foley begann als Vierjährig­er. Bei seinem Club in Oetringen hatte er Grigory Misutin, Olympiasie­ger 1992 mit der Mannschaft der früheren Sowjetunio­n, als Trainer, ehe er in den Nationalka­der aufgenomme­n wurde. „Akrobatik habe ich in Filmen immer spektakulä­r gefunden, Saltos haben mich begeistert“, sagt Foley über den Grund für sein Interesse am Turnen. Dass er nun schon lange wirklich viel trainiert, findet er wie Brandenbur­ger in Ordnung. Denn dabei helfen die Freundscha­ften, meint Foley: „In einem Umfeld, das einem gefällt, macht es Spaß, auch wenn es viel Arbeit ist.“

Heute tritt Quentin Brandenbur­ger unter anderem am Pauschenpf­erd in der Qualifikat­ion an.

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Fotos: Stéphane Guillaume An den Ringen macht Ronan Foley eine gute Figur.
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