Gute Freunde
Die Kunstturner Quentin Brandenburger und Ronan Foley unterstützen sich bei der Europameisterschaft gegenseitig
Die beiden verstehen sich prima. Das ist auch gut so, denn Quentin Brandenburger und Ronan Foley verbringen sehr viel Zeit miteinander. Kunstturnen ist eine aufwendige Sportart. Rund 27 Stunden trainieren die NationalkaderAthleten pro Woche. „Wir sind gute Freunde. Es ist cool, dass wir jetzt zu zweit bei der EM antreten“, sagt Brandenburger. Die Schüler starten bei der Europameisterschaft der Männer im türkischen Mersin in der Junioren-Kategorie.
Der 16 Jahre alte Brandenburger weiß es zu schätzen, dass er nicht mehr der einzige Luxemburger Athlet bei einem großen internationalen Wettkampf ist, so wie 2018, bei seiner Premieren-EM im schottischen Glasgow. „Es ist nicht schön, wenn man alleine antreten muss. Zu zweit ist es weniger stressig“, meint der Turner vom Verein Etoile Rümelingen. Für den ein Jahr jüngeren Foley (Aurore Oetringen)
Ein Barren, zwei Turner: Ronan Foley und Quentin Brandenburger (r.) starten bei der Europameisterschaft.
ist es der erste europäische Titelkampf. Auch er ist froh über den Kumpel vor Ort. „Man kann sich gegenseitig etwas von dem Druck nehmen. Wenn man sich austauscht, hilft mir das, besser damit umzugehen“, erklärt er für sein Alter erstaunlich reif.
Team wird aufgebaut
Das gute Miteinander liegt nicht nur den Athleten, sondern auch dem Nationaltrainer am Herzen. „Man vergisst oft, dass Turnen eher eine Mannschaftssportart ist, auch wenn man seine Übung alleine turnt. In einem Team schafft man es eher, sich zu verbessern“, sagt Jacques Renson, der die jungen Turner der FLGym seit fünf Jahren betreut. „Die Atmosphäre ist sehr positiv, die Athleten halten zusammen.“
Zum Nationalkader und damit zum Freundeskreis gehören auch Joy Palermo (Nordstad Turnveräin),
Mathis Kayser (Le Réveil Bettemburg) und Colin Hartz Marques (CG Remich). Sie sind noch zu jung für einen EM-Start. Doch alle zusammen haben den Plan, 2022 erstmals seit langem wieder eine Mannschaft bei einer Europameisterschaft an den Start zu bringen. „Darauf arbeiten wir hin. Dass es das lange nicht gab, motiviert uns zusätzlich“, meint Foley.
Vorerst gilt die ganze Konzentration der EM in Mersin, einer Stadt an der Mittelmeerküste. Die Sportlycée-Schüler haben sich sehr auf den ersten Wettkampf seit dem Christmas-Gym-Cup 2019 in Bettemburg gefreut. „Es ist gut, nach einem Jahr endlich wieder das Adrenalin zu spüren“, meint Brandenburger.
Die EM hätte zunächst im Frühjahr in Aserbaidschans Hauptstadt Baku stattfinden sollen. Zwischenzeitlich war wegen der Pandemie unklar, ob es überhaupt Titelkämpfe geben würde. „Die Vorbereitung war mental schwierig. Wir wussten eine Weile nicht, wofür wir arbeiten. Aber der Trainer hat uns immer geholfen“, so der 16-Jährige.
Unterstützung der FLGym
„Für uns ist jetzt wichtig, dass die Athleten einen Wettkampf bekommen“, erklärt Gilles Andring, der bei der FLGym für den Elitekader verantwortlich ist. Eine Woche nach den Jungen reisen auch die Luxemburger Turnerinnen zur EM nach Mersin.
„Es war so ein schweres Jahr für alle Sportler. Deshalb haben wir uns auch nicht geweigert, dorthin zu fahren, wie es die Verbände vieler anderer Länder getan haben. Wir wollten den Sportlern und ihren Eltern die Wahl lassen und die Turner unterstützen, wenn sie teilnehmen möchten.“
Es gibt keine offizielle Zielsetzung, die sich in Resultaten ausdrückt. „Das Hauptziel ist, in diesem Jahr einen Wettkampf auf hohem Niveau zu haben“, so Andring. „Das Allerwichtigste im Moment ist, dass alle gesund bleiben.“Die Vorbereitung sei wegen Corona denkbar schwierig gewesen. „Wöchentlich gab es neue Regeln zu berücksichtigen. Wir mussten die Trainingsgruppen umbauen und mit Quarantänefällen umgehen.“ Zwischenzeitlich drohte wegen des neuen Covid-Gesetzes auch die Schließung der Trainingshalle am INS, kurzfristig wurde dies verhindert.
Vor der Abreise nach Mersin mussten die EM-Starter zum Training dennoch in die Halle im belgischen Malmedy ausweichen, weil dort anders als am INS Geräte wie im Wettkampf vorhanden sind. In der gewohnten Halle in Luxemburg kann am Reck und an den Ringen keine Wettkampf-Landung trainiert werden, weil dort in eine mit Schaumstoff gefüllte Grube abgesprungen wird. „Es würde den Stress erhöhen, wenn wir uns nicht auf die EM-Bedingungen vorbereiten könnten“, meint Brandenburger.
Er tritt morgen in der Qualifikation an allen sechs Geräten an – Boden, Pauschenpferd, Ringe, Sprung, Parallelbarren, Reck. Auf dem Boden ist er normalerweise am stärksten.
Foley hatte wegen einer Quarantäne weniger Vorbereitungszeit und lässt daher Reck und Pferd aus. Die Luxemburger Eliteturner haben nach Einschätzung von Trainer Renson das Beste aus der Situation gemacht. „Sie nehmen das Training sehr ernst und sie sind sehr fleißig. Sie haben eine große Motivation, erfolgreich zu turnen. Auch in einer Phase, die aufgrund der Umstände nicht leicht war, haben sie nie nachgelassen“, lobt der Belgier.
Brandenburger turnt seit seinem siebten Lebensjahr. Foley begann als Vierjähriger. Bei seinem Club in Oetringen hatte er Grigory Misutin, Olympiasieger 1992 mit der Mannschaft der früheren Sowjetunion, als Trainer, ehe er in den Nationalkader aufgenommen wurde. „Akrobatik habe ich in Filmen immer spektakulär gefunden, Saltos haben mich begeistert“, sagt Foley über den Grund für sein Interesse am Turnen. Dass er nun schon lange wirklich viel trainiert, findet er wie Brandenburger in Ordnung. Denn dabei helfen die Freundschaften, meint Foley: „In einem Umfeld, das einem gefällt, macht es Spaß, auch wenn es viel Arbeit ist.“
Heute tritt Quentin Brandenburger unter anderem am Pauschenpferd in der Qualifikation an.