Großes Ziel mit Ungewissheit
Die Handball-Nationalspielerinnen bereiten sich trotz Hindernissen auf die WM-Qualifikation vor
Es war und ist ein Wechselbad der Gefühle. Dieses Turnier hat die Luxemburger Handball-Nationalspielerinnen schon einige Nerven gekostet. Dabei hat es noch gar nicht stattgefunden. Im Moment überwiegt wieder die Vorfreude. Die WM-Vorqualifikation, die zuletzt coronabedingt abgesagt wurde, ist nun für März 2021 in Luxemburg vorgesehen. „Ich bin wirklich froh, dass die Spiele trotz der Umstände hier stattfinden. Aber wir müssen abwarten und schauen, wie es in den nächsten Wochen weitergeht“, sagt Kapitänin Tina Welter.
Die Profispielerin des deutschen Bundesligisten FA Göppingen spricht auch von „gemischten Gefühlen“. In Dänemark wird gerade die Europameisterschaft ausgetragen. Doch die zuvor am vergangenen Wochenende geplante Vorqualifikation für die nächste Weltmeisterschaft sagte der europäische Verband EHF ab. „Da fragt man sich, warum in Dänemark gespielt wird und bei uns nicht“, so Welter. „Aber natürlich geht die Gesundheit vor.“
Die Luxemburger Frauen und ihr WM-Qualifikationsturnier – das ist mittlerweile eine längere Geschichte. „Wir hatten uns sehr darauf gefreut, im Dezember für unser Land anzutreten. Denn wir haben dafür gekämpft, überhaupt spielen zu dürfen“, meint Kim Wirtz. Anfangs war eine Teilnahme vonseiten des Luxemburger Verbandes FLH nicht geplant gewesen, was im Frühsommer offenbar für Turbulenzen sorgte.
Die Corona-Situation war laut Christian Schmitt, Generalsekretär der FLH, ein Hauptgrund für den avisierten Verzicht auf die WM-Vorqualifikation gewesen. „Ein weiterer Grund war, dass im Juni 2021 die EM-Qualifikation vorgesehen war und wir uns da bessere Chancen ausgerechnet hatten“, so Schmitt.
Heftige Diskussionen
„Wir hatten die Absage aus den Medien erfahren. Das fanden wir nicht professionell. Wir wussten auch nicht, warum wir die WMQualifikation nicht spielen sollten“, sagt Welter. Auf ihre Initiative kam es zu einem Treffen mit den FLH-Vertretern. Dem Vernehmen nach wurde heftig diskutiert, auch weil die Anmeldefrist mittlerweile verstrichen war. Schließlich meldete die FLH die Frauen nach und wurde sogar Turnierorganisator der Luxemburger Gruppe.
„Wir wollen unbedingt spielen. Wir sind der Meinung, dass wir nur durch Turniere besser werden. Uns ist bewusst, dass unsere
Chancen auf Siege relativ gering sind. Aber unsere Mannschaft ist sehr jung. Wenn sie jetzt keine Chance erhält, Erfahrung zu sammeln, erhält sie sie nie mehr“, sagt Kim Wirtz.
Reinigungsroboter und Luftfilter
Die Rückraumspielerin des HB Düdelingen gehört wie ihre Schwester und Clubkollegin Joy zu den Routiniers in der Nationalmannschaft. Diese setzten sich mit anderen Vereinsvertretern für die Teilnahme ein, auch weil es in Luxemburg erst seit 2017 überhaupt wieder eine nationale Frauenauswahl gibt.
„Ich will nicht, dass die jungen Mädchen heute erleben, was wir früher erlebten. Wir konnten lange nicht für unser Land spielen“, so Kim Wirtz.
Seit der Neugründung bestritt die Auswahl eine Qualifikation, im Juni 2019 in Griechenland jene für die jetzige EM. Die Spielerinnen möchten es kontinuierlich weiter versuchen, auch wenn hohe Niederlagen drohen. „Ich spiele in der Bundesliga und verliere dort mit Göppingen auch mit 20 Toren Unterschied. Muss ich jetzt aufhören, in der Bundesliga zu spielen?“, hält Welter Skeptikern entgegen. Luxemburg ist beim nun auf den 19. bis 21. März 2021 verschobenen Vierer-Turnier mit Israel, der Slowakei und der Ukraine klarer Außenseiter.
Die FLH unternahm in den vergangenen Monaten große Anstrengungen, um die Veranstaltung in der Coque in Kirchberg unter Corona-Bedingungen zu ermöglichen. Beispielsweise wurde laut Schmitt sichergestellt, dass sich die verschiedenen Mannschaften in der Halle außer beim Spiel nicht begegnen, dass jedes Team einen eigenen Bus sowie eigene Besprechungsräume erhält oder auch, dass Reinigungsroboter und Luftfilter die Virenlast in der Halle minimieren.
Individuelles Training
Wir haben dafür gekämpft, überhaupt spielen zu dürfen. Kim Wirtz
Die Absage im Dezember war für alle ein herber Rückschlag. „Wir wollten uns im eigenen Land beweisen. Jetzt können wir das nicht wegen etwas, das gar nichts mit Handball zu tun hat“, meint Joy Wirtz. „Leider ist Corona dazwischengekommen. Aber wir sind jetzt noch motivierter, im März unser Bestes zu geben“, sagt ihre Vereinskollegin Laura Willems.
Gerade weil es die Frauenauswahl noch nicht lange gibt, birgt die Pandemie das Risiko, dass der Aufbau gebremst wird. 2020 gab es nur ein Testspiel, eine Partie Anfang Oktober gegen den französischen Club Yutz. Trainiert wurde dennoch so oft wie möglich. „Wir freuen uns immer auf das gemeinsame Training. Wir lernen dort sehr viel“, so Willems. Im Moment findet auch dies coronabedingt nicht statt. Spiele in der Axa League der Frauen gab es letztmals am 10. Oktober.
Nationaltrainer Adrian Stot lobt die Einstellung seiner Akteurinnen: „Sie sind sehr fleißig. Wir haben eine gute Dynamik. Das ist sehr ermutigend.“Seine Pläne für die Vorbereitung auf das Turnier im März stehen. „Aber wenn sich die sanitäre Situation nicht bessert, wird es kompliziert, sie zu realisieren. Ich hoffe vor allem wegen der ImpfstoffEntwicklung, dass sie besser wird.“
Im Moment versuchen die Spielerinnen, die Form mit individuellem Training zu halten. „Das ist das Jahr der Vorbereitungen, weil wir hauptsächlich laufen und Präventionsübungen zum Schutz vor Verletzungen machen“, meint Joy Wirtz. Immerhin haben sie und ihre Schwester den Vorteil, dass sie dabei meist zu zweit sind: „Wir motivieren uns gegenseitig. Und wir wissen ja auch, wofür wir trainieren.“