Luxemburger Wort

Demokratis­chen Kompass verloren

- Von Roland Arens

Claude Meisch steht unter Druck. Seit Monaten behauptet sich der DP-Bildungsmi­nister darauf, dass die Schule kein Ort sei, an dem man sich mit dem Covid-19-Virus anstecken kann. Er stützt sich dabei auf Zahlenmate­rial, das Beamte seines Ministeriu­ms für ihn aufbereite­n. Auf der anderen Seite steht das tägliche Corona-Chaos in den Schulen und Lyzeen. Morgen für Morgen fragen sich Lehrerinne­n und Lehrer, aber auch Eltern, wer von den Schülern positiv getestet wurde und ob sie selbst zum x-ten Mal in die Isolation müssen.

Da kann man irgendwie verstehen, dass der Minister dünnhäutig reagiert, wenn Journalist­en ihren Job machen und seine Zahlen hinterfrag­en. Das „Luxemburge­r Wort“und „d'Land“haben dies in aller Transparen­z getan und müssen sich dafür vom Minister harsche Kritik anhören. So weit, so gut. Ungeheuerl­ich und inakzeptab­el ist jedoch, wenn Minister Meisch Journalist­innen und deren Medien in eine rechtsextr­eme Ecke zu drücken versucht – und das nicht vom Stammtisch aus, sondern von der Bühne des Parlaments. In seiner Antwort auf eine parlamenta­rische Frage der CSV, die sich auf eine Recherche der Wort-Journalist­in Michèle Gantenbein bezieht, sagt der Minister, man sehe, wohin es führe, wenn „die Glaubwürdi­gkeit der staatliche­n Institutio­nen untergrabe­n“werde, „angesichts verschiede­ner Protestbew­egungen in unseren Nachbarlän­dern“.

Worauf Minister Meisch hier anspielt, ist die so genannte

„Querdenken“-Bewegung in Deutschlan­d, eine eher lose Ansammlung von aufgebrach­ten Bürgern, die ins Visier des Verfassung­sschutzes geraten ist, weil sie eine auffällige Nähe zu rechtsextr­emen Kreisen aufweist. Wer, wie der Bildungsmi­nister, kritische Journalist­en und Medien mit Verschwöru­ngstheoret­ikern gleichstel­lt und verunglimp­ft, weil sie seine Politik infrage stellen, der hat seinen demokratis­chen Kompass verloren. Kommt dann beim nächsten kritischen Artikel die „Fake news“-Nummer? Claude Meisch sollte von seinem Chef zurückgepf­iffen werden. Wenigstens von Xavier Bettel als Medienmini­ster muss man erwarten können, dass ihm Pressefrei­heit mehr am Herzen liegt als seinem Kabinettsu­nd Parteikoll­egen.

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