„Collectiv“und „Jumbo“im Rennen
Heute werden die Europäischen Filmpreise vergeben, Vicky Krieps präsentiert eine Auszeichnung
Die Nominierungen der letzten Jahre und Jahrzehnte sind nicht so schnell alle aufzuzählen. Und doch haben es Luxemburger Filme, Koproduktionen oder Filmschaffende selten wirklich geschafft, mit einem Europäischen Filmpreis auch ausgezeichnet zu werden. Immerhin: „Song of the Sea“(2015) und „The Congress“(2013) wurden jeweils als „Best Animated film“prämiert und Sylvie Olivé erhielt als „Best European Production Designer“2015 die Auszeichnung für ihre Arbeit in der Luxemburger Koproduktion „Le Tout Nouveau Testament“von Jaco Van Dormael, so der Filmfund auf Nachfrage.
Heute Abend steht ein neues Rennen an – und zwei Luxemburger Koproduktionen könnten es diesmal vielleicht schaffen: Alexander Nanaus Dokumentarfilm „Collective“(koproduziert von Samsa Film) wurde in der GenreKategorie nominiert und Zoé Wittock könnte für ihren ungewöhnlichen Debüt-Langspielfilm „Jumbo“(koproduziert von Les Films Fauves) den Preis „European Discovery – Prix FIPRESCI“als beste Nachwuchsregisseurin gewinnen, der vom internationalen Filmkritikverband vergeben wird. „Between Heaven and Earth“der palästinensischen Filmemacherin Najwa Najjar, eine Koproduktion von Paul Thiltges Distribution, gelang nicht der Sprung vor der Vorauswahl in die Topkategorie als „Bester Spielfilm“.
Luxemburg stellt aber heute Abend eine Präsentatorin für eine der Hauptkategorien: Schauspielerin Vicky Krieps wird verkünden, wer unter den Nominierten – Thomas Vinterberg, Agnieszka Holland, Jan Komasa, Maria Sødahl, Pietro Marcello oder François
Ozon – den Preis für die beste Regie entgegennehmen darf.
„Collective“vom deutsch-rumänischen Filmregisseurs Alexander Nanau wurde unter anderem beim Luxembourg City Film Festival und dem CinEast mit den jeweiligen Publikumspreisen ausgezeichnet – neben vielen anderen Preisen. Der Film erzählt, wie 2015 nach einem Brand im Bukarester Nachtclub Colectiv zunächst 27 Menschen ums Leben kamen und danach 37 weitere in rumänischen Krankenhäusern an Infektionen starben, obwohl sie längst außer Lebensgefahr waren. Schuld daran war der Einsatz von verdünnten Desinfektionsmitteln. Der Film geht dabei der Korruption im Gesundheitswesen, der Medienlandschaft und letztlich der Gesellschaft in Rumänien auf die Spur.
Der Film „Jumbo“der belgischen Regisseurin und Drehbuchautorin Zoé Wittock erzählt eine ungewöhnliche Lovestory und Coming-Out-Geschichte zwischen
Mensch und Maschine; Jeanne verliebt sich in ein Karussell und diese besonders ungewöhnliche Liebe stößt auf Ablehnung unter den Menschen in der Provinz.
Internetevents statt große Gala
Der Europäische Filmpreis wird diesmal an mehreren Abenden digital verliehen. Die eigentlich in Island – im berühmten Konzerthaus Harpa – geplante Gala wurde wegen der Corona-Pandemie abgesagt – stattdessen wird aus Berlin übertragen.
Am vergangenen Mittwoch wurden bereits die ersten Auszeichnungen in einer Digitalschalte verliehen: Das Künstlerdrama „Hidden Away“erhielt zwei Auszeichnungen – sowohl für die Kameraführung von Matteo Cocco als auch das Kostümdesign von Ursula Patzak. Der Dokumentarfilm „Once More Unto the Breach“wurde für den Schnitt ausgezeichnet. Und die Komponistin Dascha Dauenhauer
hat erhielt für ihren Soundtrack zur Neuverfilmung von „Berlin Alexanderplatz“einen Preis.
Die Konkurrenz in der „Königskategorie“als bester europäischer Film des Jahre ist stark: Zu den Anwärtern auf die Auszeichnung und zu den am häufigsten nominierten Filmen gehört das polnische Drama „Corpus Christi“um einen jungen Hochstapler, der sich als katholischer Priester ausgibt und sich unerwartet als wahrer Seelenhirt entpuppt.
Dieser Film des polnischen Newcomers Jan Komasa lief beim Filmfestival CineEast 2019 in Luxemburg, der junge Regisseur muss nun aber unter anderem gegen Arthouse-Schwergewichte wie seine Landsfrau Agnieszka Holland, den Franzosen François Ozon und den Dänen Thomas Vinterberg antreten. Der ist mit dem bitteren Alkohol-Drama „Druk“der Film gelungen, der neben „Corpus Christi“mit bisher vier Nominierungen ebenfalls als Favorit ins Rennen geht.
„Druk“-Hauptdarsteller Mads Mikkelsen wiederum muss sich in der Kategorie „Bester Darsteller“gegen einen veritablen Hollywoodstar behaupten: Unter die Nominierten hat es neben ihm und renommierten europäischen Stars wie den Italienern Elio Germano und Luca Marinelli auch „Lord of the Rings“-Star Viggo Mortensen verschlagen: Er ist für seinen Part in „Falling“nominiert, den er auch selbst inszeniert hat, eine britisch-dänische Koproduktion.
Unter den Anwärterinnen auf den Darstellerinnen-Preis ist wiederum Paula Beer, die in Luxemburg besonders bekannt ist für ihre Rolle in der Serie „Bad Banks“, die nun aber für die Hauptrolle in „Undine“nominiert wurde.