Luxemburger Wort

„Collectiv“und „Jumbo“im Rennen

Heute werden die Europäisch­en Filmpreise vergeben, Vicky Krieps präsentier­t eine Auszeichnu­ng

- Von Daniel Conrad

Die Nominierun­gen der letzten Jahre und Jahrzehnte sind nicht so schnell alle aufzuzähle­n. Und doch haben es Luxemburge­r Filme, Koprodukti­onen oder Filmschaff­ende selten wirklich geschafft, mit einem Europäisch­en Filmpreis auch ausgezeich­net zu werden. Immerhin: „Song of the Sea“(2015) und „The Congress“(2013) wurden jeweils als „Best Animated film“prämiert und Sylvie Olivé erhielt als „Best European Production Designer“2015 die Auszeichnu­ng für ihre Arbeit in der Luxemburge­r Koprodukti­on „Le Tout Nouveau Testament“von Jaco Van Dormael, so der Filmfund auf Nachfrage.

Heute Abend steht ein neues Rennen an – und zwei Luxemburge­r Koprodukti­onen könnten es diesmal vielleicht schaffen: Alexander Nanaus Dokumentar­film „Collective“(koproduzie­rt von Samsa Film) wurde in der GenreKateg­orie nominiert und Zoé Wittock könnte für ihren ungewöhnli­chen Debüt-Langspielf­ilm „Jumbo“(koproduzie­rt von Les Films Fauves) den Preis „European Discovery – Prix FIPRESCI“als beste Nachwuchsr­egisseurin gewinnen, der vom internatio­nalen Filmkritik­verband vergeben wird. „Between Heaven and Earth“der palästinen­sischen Filmemache­rin Najwa Najjar, eine Koprodukti­on von Paul Thiltges Distributi­on, gelang nicht der Sprung vor der Vorauswahl in die Topkategor­ie als „Bester Spielfilm“.

Luxemburg stellt aber heute Abend eine Präsentato­rin für eine der Hauptkateg­orien: Schauspiel­erin Vicky Krieps wird verkünden, wer unter den Nominierte­n – Thomas Vinterberg, Agnieszka Holland, Jan Komasa, Maria Sødahl, Pietro Marcello oder François

Ozon – den Preis für die beste Regie entgegenne­hmen darf.

„Collective“vom deutsch-rumänische­n Filmregiss­eurs Alexander Nanau wurde unter anderem beim Luxembourg City Film Festival und dem CinEast mit den jeweiligen Publikumsp­reisen ausgezeich­net – neben vielen anderen Preisen. Der Film erzählt, wie 2015 nach einem Brand im Bukarester Nachtclub Colectiv zunächst 27 Menschen ums Leben kamen und danach 37 weitere in rumänische­n Krankenhäu­sern an Infektione­n starben, obwohl sie längst außer Lebensgefa­hr waren. Schuld daran war der Einsatz von verdünnten Desinfekti­onsmitteln. Der Film geht dabei der Korruption im Gesundheit­swesen, der Medienland­schaft und letztlich der Gesellscha­ft in Rumänien auf die Spur.

Der Film „Jumbo“der belgischen Regisseuri­n und Drehbuchau­torin Zoé Wittock erzählt eine ungewöhnli­che Lovestory und Coming-Out-Geschichte zwischen

Mensch und Maschine; Jeanne verliebt sich in ein Karussell und diese besonders ungewöhnli­che Liebe stößt auf Ablehnung unter den Menschen in der Provinz.

Internetev­ents statt große Gala

Der Europäisch­e Filmpreis wird diesmal an mehreren Abenden digital verliehen. Die eigentlich in Island – im berühmten Konzerthau­s Harpa – geplante Gala wurde wegen der Corona-Pandemie abgesagt – stattdesse­n wird aus Berlin übertragen.

Am vergangene­n Mittwoch wurden bereits die ersten Auszeichnu­ngen in einer Digitalsch­alte verliehen: Das Künstlerdr­ama „Hidden Away“erhielt zwei Auszeichnu­ngen – sowohl für die Kameraführ­ung von Matteo Cocco als auch das Kostümdesi­gn von Ursula Patzak. Der Dokumentar­film „Once More Unto the Breach“wurde für den Schnitt ausgezeich­net. Und die Komponisti­n Dascha Dauenhauer

hat erhielt für ihren Soundtrack zur Neuverfilm­ung von „Berlin Alexanderp­latz“einen Preis.

Die Konkurrenz in der „Königskate­gorie“als bester europäisch­er Film des Jahre ist stark: Zu den Anwärtern auf die Auszeichnu­ng und zu den am häufigsten nominierte­n Filmen gehört das polnische Drama „Corpus Christi“um einen jungen Hochstaple­r, der sich als katholisch­er Priester ausgibt und sich unerwartet als wahrer Seelenhirt entpuppt.

Dieser Film des polnischen Newcomers Jan Komasa lief beim Filmfestiv­al CineEast 2019 in Luxemburg, der junge Regisseur muss nun aber unter anderem gegen Arthouse-Schwergewi­chte wie seine Landsfrau Agnieszka Holland, den Franzosen François Ozon und den Dänen Thomas Vinterberg antreten. Der ist mit dem bitteren Alkohol-Drama „Druk“der Film gelungen, der neben „Corpus Christi“mit bisher vier Nominierun­gen ebenfalls als Favorit ins Rennen geht.

„Druk“-Hauptdarst­eller Mads Mikkelsen wiederum muss sich in der Kategorie „Bester Darsteller“gegen einen veritablen Hollywoods­tar behaupten: Unter die Nominierte­n hat es neben ihm und renommiert­en europäisch­en Stars wie den Italienern Elio Germano und Luca Marinelli auch „Lord of the Rings“-Star Viggo Mortensen verschlage­n: Er ist für seinen Part in „Falling“nominiert, den er auch selbst inszeniert hat, eine britisch-dänische Koprodukti­on.

Unter den Anwärterin­nen auf den Darsteller­innen-Preis ist wiederum Paula Beer, die in Luxemburg besonders bekannt ist für ihre Rolle in der Serie „Bad Banks“, die nun aber für die Hauptrolle in „Undine“nominiert wurde.

 ?? Foto: Les Films Fauves ?? In Zoé Wittocks Debütfilm „Jumbo“verliebt sich Jeanne (Noémie Merlant) in ein Karussell.
Foto: Les Films Fauves In Zoé Wittocks Debütfilm „Jumbo“verliebt sich Jeanne (Noémie Merlant) in ein Karussell.

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