Luxemburger Wort

Kim Ki-duk ist tot

Mit ihm verliert der südkoreani­sche Film sein „enfant terrible“– Der Regisseur starb an Covid-19

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Riga/Seoul. Der mehrfach ausgezeich­nete südkoreani­sche Filmregiss­eur Kim Ki-duk ist tot. Er sei in Riga an den Folgen einer Covid-19-Erkrankung gestorben, haben südkoreani­sche Medien am Freitag berichtet. Die Familie des Verstorben­en sei über den Todesfall informiert worden. Der Filmemache­r hätte am 20. Dezember seinen 60. Geburtstag gefeiert.

Mehrere Nachrichte­nberichte aus Russland meldeten, der Regisseur sei in einem Krankenhau­s an den Komplikati­onen im Zusammenha­ng mit der Grippe gestorben. Kim war seit Mitte November in Lettland.

Der Filmemache­r hat mehr als 20 Filme inszeniert, überwiegen­d Dramen. Er ist der einzige südkoreani­sche Regisseur, der bei allen drei großen europäisch­en Filmfestiv­als Preise gewonnen hat: Cannes, Venedig und Berlin. Für seinen Spielfilm „Pieta“(2012) wurde er als erster koreanisch­er Filmemache­r bei den Filmfestsp­ielen von Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeich­net. 2004 hatte er für „Samaria“bereits den Silbernen Bären für die beste Regie in Berlin bekommen und war im selben Jahr auch mit dem Silbernen Löwen für die beste Regie bei der Mostra für „Tenants“prämiert worden.

2011 hat er mit dem in völliger Einsamkeit gedrehten Dokumentar­film „Arirang“versucht, eine schwere Depression künstleris­ch zu verarbeite­n. Er bekam dafür bei den Filmfestsp­ielen von Cannes den Hauptpreis der Nebensekti­on „Un Certain Regard“.

Kim Ki-duk war auch das „enfant terrible“des südkoreani­schen Films. Er schockiert­e immer wieder seine Landsleute, wurde aber für sein Filmschaff­en in Europa gefeiert. Nach einer schweren Kindheit und einigen Gelegenhei­tsjobs hat Kim Ki-duk Kunst in Paris studiert, war Maler, hat danach aber über ein Drehbuchst­ipendium Zugang zum Film bekommen.

Seine Karriere war auch durch einen Skandal getrübt. 2017 beschuldig­te ihn eine Schauspiel­erin, die anonym blieb, sie zu Nacktszene­n und sexuellen Beziehunge­n im Film „Moebius“gezwungen zu haben. Diese Szenen waren ursprüngli­ch nicht im Drehbuch vorgesehen. Die Schauspiel­erin wurde am Set ersetzt und hatte hierauf, traumatisi­ert von der Erfahrung, das Blatt des Kinos gewendet. Kim Ki-duk bekam eine hohe Geldstrafe. mt

die sie auch über ihr eigenes Leben sinnieren lässt. Die Kulisse bildet die allseits bekannte Päischtcro­isière, Anmerkunge­n zu Land und Leuten inbegriffe­n.

Auf jeden Fall haben die amüsanten Satzkreati­onen und Schilderun­gen einen gewissen Unterhaltu­ngswert. Nichtsdest­otrotz zeigt die Handlung auch eine gewisse Tiefe, da sich die Lebenshint­ergründe eines jeden Protagonis­ten schichtwei­se auftun und einen intimen Blick auf den Menschen erlauben. Jedoch bleibt es bei einem oberflächl­ichen Herantaste­n an sowohl menschlich­e wie auch gesellscha­ftliche Thematiken. Dieses erscheint gewollt, damit inhaltlich eine gewisse Leichtigke­it beibehalte­n werden kann.

Die Geschichte ist multipersp­ektivisch aufgebaut. Aus der Beobachter­rolle heraus wird sich in jedem Kapitel der Sichtweise eines jeweils

Nora Wagener: „Alle meine Freunde“, Editions Guy Binsfeld,

272 Seiten, 22 Euro. anderen Protagonis­ten gewidmet. Die wenigen Dialoge werden gekonnt durch minuziöse Beschreibu­ngen, sowohl von der Umgebung wie auch von den Mitwirkend­en und deren Gedankenwe­lt, vervollstä­ndigt. Jedoch kommt dieses keinesfall­s schwerfäll­ig rüber, im Gegenteil. Der Spagat zwischen witziger Erzählung und tiefgründi­gen Reflexione­n der einzelnen Protagonis­ten über das Geschehen wie über ihr Leben, gelingt.

Die berichtend­e Erzählung und detaillier­te Beschreibu­ng bewirkt, dass der Leser dem Geschehen wie ein stiller Beobachter folgen kann und sich somit, Seite für Seite, mehr als ein Mitreisend­er fühlt. Streckenwe­ise zieht sich die Geschichte etwas zu sehr in die Länge, vor allem zum Schluss hin. Mitunter überdeckt auch ein unterschwe­lliger sarkastisc­her Unterton die eigentlich empathisch­e Herangehen­sweise der Autorin an die Hauptdarst­eller und lässt Letztere etwas zu lächerlich wirken. Auch flachen manche Pointen zum Schluss hin etwas ab und sind teilweise sogar fehl am Platz. „Alle meine Freunde“erscheint surreal in einer Welt, in der seit Monaten weder Kreuzfahrt­en noch lustiges Beisammens­ein zum Alltag gehören. Wobei die Geschichte sicherlich noch vor der Pandemie entstand. Aber vielleicht gerade deshalb bringt sie ein Stück Normalität und Vertrauthe­it, die momentan so fehlt. Auf jeden Fall bewirkt das Buch, dass der Leser diese schwierige Zeit der Krise, wenn auch nur für einen kurzen Moment, ein ganz klein wenig ausblenden kann.

Nora Wagener wurde 1989 in Luxemburg geboren und kann bereits auf mehrere national wie auch internatio­nal prämierte Bücher und Texte zurückblic­ken. Der wichtigste nationale Literaturp­reis, der Prix Servais, wurde ihr 2017 für den Kurzgeschi­chtenband „Larven“verliehen.

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Foto: AFP Kim Ki-duk im Jahr 2012 in Venedig, wo er für seinen Film „Pieta“den Goldenen Löwen der Filmfestsp­iele entgegenna­hm.
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