Luxemburger Wort

Von „banal“bis „dynamisch“

Escher Räte reagieren mit unterschie­dlichen Einschätzu­ngen auf die Haushaltsv­orlage 2021

- Von Nicolas Anen

Esch/Alzette. Dieses Jahr muss die Stadt Esch mit geschätzte­n 22 Millionen Euro Einnahmen weniger auskommen, als im Vorfeld geplant. Für 2021 dürften es, coronabedi­ngt, 20 Millionen Euro Mindereinn­ahmen sein. Diese Zahlen hatte Bürgermeis­ter Georges Mischo (CSV) in seiner Budgetrede vergangene Woche genannt.

Gestern bewerteten nun die Escher Gemeinderä­te die Haushaltsv­orlage. Wobei die Adjektive von „dynamisch“bis zu „banal“reichten, je nachdem, ob aus Sicht der Majorität oder der Opposition betrachtet.

Für Letztere nannte die ehemalige Bürgermeis­terin Vera Spautz (LSAP) die Haushaltsv­orlage nicht nur „banal“, sondern auch „ohne politische Akzente“. Der Schöffenra­t verpasse es, sich auf die schwierige soziale Lage einzustell­en, die der Stadt infolge der Pandemie noch bevorstehe, kritisiert­e sie.

Dass Mischo sich beschwert habe, dass jedem geholfen wurde außer den Gemeinden, sei angesichts der sich anbahnende­n Konkurserk­lärungen und der steigenden Arbeitslos­igkeit „taktlos“. Sie sprach von „lamentiere­n auf hohem Niveau“.

Auch verteidigt­e sie Innenminis­terin Taina Bofferding (LSAP), der Mischo mangelnde Unterstütz­ung für die Gemeinden vorgeworfe­n hatte, indem sie darauf hinwies, dass nicht Bofferding, sondern Minister Pierre Gramegna (DP) für die staatliche­n Finanzen zuständig sei.

Spautz: Mehrheit ohne Ideen

Weiter kritisiert­e sie, dass viele Projekte, die 2021 vorangetri­eben werden, bereits von der vorigen Mehrheit eingeleite­t wurden. Dass für 2020 mit einem Überschuss in Höhe von 72 Millionen Euro gerechnet wird, sei darauf zurückzufü­hren, dass viele Projekte in den vergangene­n zwei Jahren nicht durchgefüh­rt wurden, so Spautz. Zusätzlich kritisiert­e sie, dass die Schaffung einer kommunalen Wohnungsba­ugesellsch­aft weiter auf sich warten lasse.

Auch Line Wies (Déi Lénk) beanstande­te, dass zu wenig in puncto sozialer Wohnungsba­u vorgesehen sei. Angesichts des Überschuss­es von 2020 nannte sie die Haushaltsv­orlage 2021 ein „aufgeblase­nes Budget“. Nur etwa die Hälfte der angekündig­ten Ausgaben seien 2020 tatsächlic­h umgesetzt worden.

Dass viele Projekte in Verzug geraten seien, wie zuletzt der Bau der Schule in Wobrécken, die nicht für den Schulanfan­g 2022 fertig sein wird, sei nicht nur auf Corona zurückzufü­hren. „Die Baustellen hatten vier Wochen geschlosse­n, nicht vier Jahre“, sagte sie.

Auch zeigte sie sich skeptisch, was Ausgaben im Kulturbere­ich anbelangt, wie die Organisati­on der Francofoli­es. Es sei fraglich, ob dieses „Megaevent“fast zwei Millionen Euro wehrt sei.

Scholl: Dynamik im Kulturbere­ich

Dazu hatte zuvor Rätin Daliah Scholl eine Antwort geliefert und die lautete ganz klar „ja“. Die Rekordinve­stitionen in die Kultur von 2020 werden 2021 noch einmal übertroffe­n werden, freute sie sich. 27 Millionen sollen 2021 in den Kulturbere­ich fließen. Davon stellten etwa zehn Millionen eine einmalige Investitio­n, auch in Hinblick auf Esch 2022, dar. 2022 werden die Ausgaben wieder tiefer liegen.

„Man spürt eine Dynamik im Kultursekt­or, wie es sie bisher nicht gegeben hat“, schwärmte Scholl, die auch Präsidenti­n der Kulturkomm­ission ist. Mit dem Festival der Francofoli­es zeige die Stadt einen Teil ihrer Identität. Es werde über die Grenzen hinaus strahlen und dabei auch der lokalen Wirtschaft zugutekomm­en.

Weiter beschrieb sie die Kultur als „Katalysato­r des gesellscha­ftlichen Zusammense­ins“. Die hohen Investitio­nen in die Kultur seien demnach auch eine Investitio­n in die Gemeinscha­ft.

Für zwei gleich CSV-Räte, Luc Theisen und Catarina Simoes, war es die erste Budgetrede in ihrer politische­n Karriere. Während Theisen urteilte, dass die richtigen Akzente gesetzte wurden, sprach Catarina Simoes von einem „dynamische­n“Budget.

Auch für Stéphane Biwer (LSAP) war es die erste Budgetrede. Er stellte fest, dass 2021 nur 100 000 Euro für das neue Abrisud in der Haushaltsv­orlage vorgesehen sind, was nicht auf große Arbeiten schließen lasse. Auch kritisiert­e er, dass nur vier Straßen 2021 erneuert werden sollen.

Tonnar: zu viele Studien

Jean Tonnar (LSAP) bemängelte seinerseit­s, dass der Bürgermeis­ter 17 Studien angekündig­t habe. Dies sei „ein neuer Rekord“. Auch sprach er sich wieder für den Bau einer Seilbahn zwischen Esch und Belval aus.

Ein wenig Kritik gab es auch von Majoritäts­rat Luc Majerus (Déi Gréng), dem die grünen Ansätze im Budget nicht ausreichte­n. Er verlangte das Pflanzen von 5 000 Bäumen in Esch.

Rat Dan Codello (unabhängig) forderte den Schöffenra­t auf, die Ausgaben im ordentlich­en Haushalt besser in den Griff zu bekommen. Auch schlug er via Motion vor, eine „Biennale des jeunes“neu ins Leben zu rufen, bei der Jugendlich­e für kulturelle Projekte ausgezeich­net werden. Dies solle gemeinsam mit Partnerstä­dten aus der Großregion organisier­t werden.

Über diese Motion und über den Haushalt wird am kommenden Freitag abgestimmt. Dies nachdem der Schöffenra­t auf die Fragen und Kritiken der Räte eingegange­n ist.

 ?? Foto: Gerry Huberty ?? So sah noch vor einigen Tagen die Kreuzung der Rue Zénon Bernard mit der Rue Dicks im Escher Zentrum aus. Die Arbeiten in beiden Straßen werden 2021 weitergehe­n. Allerdings wird für den Geschmack der LSAP nächstes Jahr zu wenig in den Escher Straßenbau investiert.
Foto: Gerry Huberty So sah noch vor einigen Tagen die Kreuzung der Rue Zénon Bernard mit der Rue Dicks im Escher Zentrum aus. Die Arbeiten in beiden Straßen werden 2021 weitergehe­n. Allerdings wird für den Geschmack der LSAP nächstes Jahr zu wenig in den Escher Straßenbau investiert.

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