Luxemburger Wort

Ohne Dynamik geht es nicht

Umweltschü­tzer von Equiclic stellen Klimapolit­ik der Gemeinde Junglinste­r auf den Prüfstand

- Von Volker Bingenheim­er

Junglinste­r. Mit guten Vorsätzen ist es so eine Sache: Meist werden sie mit den besten Absichten formuliert, doch die Umsetzung in die Realität stellt sich als schwierig heraus. Die Umwelt- und Sozialinit­iative Equiclic aus Junglinste­r hat nun in einer Videokonfe­renz den Gemeindera­tsmitglied­ern in puncto Klimaveran­twortung auf den Zahn gefühlt.

Die Gemeinde Junglinste­r hatte nämlich im Dezember 2019 eine Resolution verabschie­det, mit der sie sich verpflicht­et, die weltweite Klimaerwär­mung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Die Gemeinde will zum Beispiel beim Bau von Gebäuden darauf achten, dass diese möglichst keine fossile Energie benötigen und bei allen Entscheidu­ngen Klima, Umwelt und Biodiversi­tät berücksich­tigen.

„Für die Gemeindepo­litiker stellt sich die Frage: Wie können wir schnell auf die drängenden Fragen der Klimakrise reagieren,

Moderator Paul Estgen weist auf den Zwiespalt der Gemeindepo­litiker hin. ohne die Bürger zu brüskieren?“, stellte Paul Estgen vom Verein Equiclic, der die Veranstalt­ung moderierte, in den Raum.

Ein Jahr später wurden nämlich bei den Bürgern schon erste Zweifel laut, ob die Resolution vielleicht nicht zu ambitionie­rt war. „Seit 2019 hat absolut kein Umdenken in der Gemeinde stattgefun­den. Die Resolution ist zu weit weg von der Realität und vom politische­n Willen“, wandte ein Bürger per E-Mail ein. Gemeinderä­tin Michèle Goedert (Déi Gréng) betonte, dass man das übergeordn­ete Ziel nur durch kleine Schritte erreichen könne.

Tom Weber (CSV) meinte, es sei nicht richtig, dass in diesem Jahr noch nichts zu Gunsten des Klimas geschehen sei. „Wir haben uns zum Beispiel beim Bau der dringend benötigten Maison relais für eine Holzkonstr­uktion entschiede­n. Auch in der Jong Mëtt setzen wir auf Holzbau, weil dies weitaus klimafreun­dlicher ist als Beton“, sagte Weber. Unzufriede­n mit der Umweltpoli­tik des von

CSV und DP geführten Schöffenra­tes zeigte sich Mike Hagen (LSAP). „Wir hatten früher eine klimapolit­ische Dynamik, jetzt ist sie gebrochen. Es fehlt im Schöffenra­t an einer Person, die die Klimaziele vorantreib­t.“

Ein anderer Bürger machte sich Sorgen um die fortschrei­tende Bodenversi­egelung. Ben Ries (DP) unterstric­h wie auch Gemeindepo­litiker anderer Parteien, dass Junglinste­r weiter Wohnraum schaffen und Bauland zur Verfügung stellen müsse. „In einer wachsenden Gemeinde ist es natürlich schwer, die Bodenversi­egelung zu stoppen. Aber zuletzt hat man beim Tag des Baumes gesehen, dass wir Biodiversi­tät an anderer Stelle vergrößern.“Ries zeigte sich besorgt über den Temperatur­anstieg der vergangene­n Jahre und resümierte: „Ich würde mich schuldig fühlen, wenn wir die Probleme sehen und trotzdem ignorieren.“

Den Bürger einbinden

Eine andere Forderung aus der Reihe der Zuschauer bezog sich auf mehr Bürgerbete­iligung bei kommunalen Entscheidu­ngen. Anne Schroeder (Déi Gréng) beklagte, dass die Mehrheitsp­arteien zu wenig auf Vorschläge der Kommission­en eingingen und Bürger mit ihren Anliegen oft nicht wüssten, wo sie sich bei der Gemeinde hinwenden sollten. Jean Boden (CSV) gestand ein, dass bei der Kommunikat­ion mit dem Bürger „noch Luft nach oben“sei.

Gleich mehrere Zuschauer sprachen die Radwege in Junglinste­r an, die oft im Nirgendwo endeten. „Wir sind da noch nicht so weit, wie wir gerne wären“, meinte Tom Weber und wies darauf hin, dass der Ausbau der Wege von den vielen Natura-2000-Gebieten in der Gemeinde gebremst werde.

Hoffnung auf durchschla­gende Änderungen auf Gemeindeni­veau machte Gastredner­in Ariane König, Forscherin an der Uni Luxemburg. Sie erinnerte daran, dass die Corona-Krise gezeigt hat, wie schnell Gesellscha­ften grundlegen­de Veränderun­gen herbeiführ­en könnten – wenn nur das nötige Engagement da sei.

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Foto: Equienerco­op Solarzelle­n auf dem Dach der Sporthalle „Op Fréinen“in Junglinste­r: Die Gemeinde hat sich vor einem Jahr ehrgeizige Klimaziele gesetzt.
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Foto: Equiclic

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