Luxemburger Wort

Trumps Gift

- Von Roland Arens

Die Wahlleute, das Electoral College, haben den Auftrag erfüllt, den ihnen die amerikanis­chen Wähler am 3. November erteilt haben. 306 Stimmen für den demokratis­chen Kandidaten Joe Biden – das ist exakt jene Zahl, die dem Wahlresult­at entspricht, eine klare Mehrheit. Doch die damit verbundene Hoffnung, dass das inszeniert­e Gezerre um vermeintli­che Unregelmäß­igkeiten und Betrug bei der Wahl jetzt endgültig ad acta gelegt werden könnte, wird sich wohl nicht erfüllen. Nach wie vor weigert sich der Verlierer wie ein störrische­s Kind, seine Niederlage einzugeste­hen.

Doch selbst wenn Trump irgendwann die Realität des Sieges von Joe Biden anerkennen sollte, ist der Schaden für die amerikanis­che Demokratie längst angerichte­t. Millionen republikan­ische Wähler haben im Lauf der Wochen seine giftige Botschaft geschluckt, wonach die Wahlen manipulier­t worden seien. Der Noch-Präsident verfährt dabei nach dem inzwischen vielfach erprobten Muster, dass Lügen nur oft genug wiederholt werden müssen, damit sie den gewünschte­n Effekt beim Publikum erzielen.

In einer beispiello­sen Schmierenk­omödie hat Trump seine Anhänger glauben gemacht, dass man ihren Kandidat, und damit sie selbst, durch Wahlfälsch­ungen im großen

Stil um den sicheren Sieg betrogen hätte. Sie nehmen auch die Verschwöru­ngstheorie für bare Münze, dass es massenweis­e „illegale“Wahlzettel gegeben habe, obwohl die Trump-Kampagne nicht einmal ansatzweis­e Beweise vorlegen konnte, die auf Betrug hindeuten, geschweige denn vor Gericht Bestand haben könnten. Über 50 Verfahren hat Donald Trump seit dem Wahltag angestreng­t und verloren. Der Supreme Court wollte sich mit der hanebüchen­en Klage des Staates Texas nicht einmal befassen.

Mögen Trumps juristisch­e und politische Winkelzüge auch zum Scheitern verurteilt sein, so stellen sie dennoch einen massiven Angriff auf einen Pfeiler der Demokratie dar: Den Grundsatz und das Vertrauen der Bürger darin, dass nach Wahlen ein geordneter Machtwechs­el stattfinde­t, der von allen Beteiligte­n akzeptiert wird. Als willige Helfer erweisen sich dabei die Republikan­er, die Trumps Machenscha­ften nicht nur schweigend mittragen, sondern bis heute verteidige­n. Diese Partei, die Trump einst auf den Schild gehoben hat, ist ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefe­rt und als Hüterin von Recht und Verfassung völlig diskrediti­ert. Trump hat die „Grand Old Party“, die Partei Abraham Lincolns, im Würgegriff. Selbst Wochen nach der Wahl wagt keiner der Partei-Granden, sich dem Präsidente­n in den Weg zu stellen. Sie fürchten sich davor, dass er mit einem Tweet oder einem Fingerzeig seine Fangemeind­e gegen jeden missliebig­en Politiker aufhetzen und Karrieren vernichten kann.

Die Folgen dieser teuflische­n Allianz sind schon jetzt sichtbar: Für Millionen Amerikaner trägt der künftige Präsident das Stigma, auf unrechtmäß­ige Weise ins Amt gewählt worden zu sein. Viele andere hegen Zweifel an fairen und freien Wahlen. In dieser vergiftete­n Atmosphäre wird es Joe Biden trotz seines klaren Sieges schwer haben, ein Präsident für alle Amerikaner zu sein.

Der Schaden durch Trumps Schmierenk­omödie ist angerichte­t.

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