Die Perspektiven sind nicht rosig
Das Corona-Virus macht fast allen Branchen in Luxemburg zu schaffen – auch den Tankstellen
Luxemburg ist im Teil-Lockdown. Restaurants, Bars und zahlreiche Freizeiteinrichtungen sind flächendeckend noch bis zum 15. Januar wegen der grassierenden Corona-Pandemie geschlossen. Anders die Tankstellen: Sie tragen wie Supermärkte, Apotheken oder Arztpraxen zur Grundversorgung bei und sind von Zwangsmaßnahmen bislang verschont geblieben. Nichtsdestotrotz leiden auch die Tankstellen stark unter der Corona-Krise. Vielerorts ist der Kraftstoffabsatz an luxemburgischen Stationen kräftig eingebrochen. Der Groupement pétrolier luxembourgeois (GPL), der unter dem Dach der Fedil zusammengeschlossenen Verband der Mineralölhändler, rechnet dieses Jahr im Schnitt mit einem Einbruch des Gesamtvolumens von 25 Prozent.
Nach einem guten Start ins Jahr 2020 haben die Lockdown-Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus in diesem Frühjahr das Tankstellengeschäft geprägt und für sinkende Kraftstoffabsätze gesorgt. Betroffen waren vor allem die Tankstellen an den Grenzgebieten, die den Wegfall des Reiseverkehrs massiv zu spüren bekamen, aber auch der deutlich reduzierte Pendlerverkehr wirkte sich an den Tankstellen negativ aus. Damit fiel der klassische Tanktourismus aus. Insgesamt werden die geringeren Absätze auch auf Jahressicht nicht mehr auszugleichen sein, so die Branchenexperten. „Für Tankstellen an den Grenzgebieten fällt die Bilanz durch die Pandemie-Einschränkungen in Frankreich, Deutschland und Belgien sogar noch schlimmer aus“, sagt Romain Hoffmann, Präsident des Groupement pétrolier luxembourgeois.
Wie aus der Branche zu vernehmen ist, erholte sich der Markt seit Juni wieder, verschlechterte sich dann aber wieder seit dem Teil-Lockdown. Im November verzeichneten viele Stationen in den Grenzgebieten wieder einen Umsatzrückgang von 60 bis 70 Prozent, so Hoffmann. Die Regelungen für Kurzarbeit, die die Regierung zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der CoronaEpidemie genommen hat, würden bei einem dermaßen starken Umsatzrückgang nicht wirklich helfen. Bei manchen Tankstellenbetreibern seien auch Arbeitsplätze abgebaut und auf Teilzeitarbeiter zurückgegriffen worden. Nach Angaben des GPL gibt es in Luxemburg 236 Tankstellen, der Wirtschaftssektor
beschäftigt fast 3 000 Mitarbeiter und gehört zu den wichtigsten Branchen des Landes; etwa zwei Milliarden Euro fließen jährlich in die Staatskasse.
In Luxemburg ist der Markt reguliert, „das heißt, wir können drastische Aktivitätseinbrüche nicht durch höhere Benzinpreise abfedern, wie das in anderen Ländern der Fall ist“, sagt Romain Hoffmann. „Es gibt Höchstpreise zu denen wir verkaufen dürfen. Wenn die Kosten nach oben schnellen, und die Volumen geringer werden, ist man schnell defizitär.“
Kein Ausgleich durch Shopgeschäft
Während der Corona-Krise konnten die luxemburgischen Tankstellen-Betreiber ihre Absatzeinbußen im Kraftstoffgeschäft auch nicht durch bessere Umsätze in den Shops abfedern. Das gilt vor allem für Tankstellen, die in den Grenzgebieten liegen. „Wenn man 50 oder 60 Prozent weniger Kraftstoff verkauft, kann man davon ausgehen, dass die Entwicklung im Shop ähnlich verläuft. Es besteht quasi ein eins-zu-eins-Verhältnis,“weiß Hoffmann zu berichten. Nur im „Inland“schneiden verschiedene Stationen besser ab. Ganz offensichtlich haben viele Kunden den Tankstopp genutzt, um sich an der Station mit Produkten des täglichen Bedarfs einzudecken. „An einigen Standorten konnten Betreiber trotz weniger Kraftstoffumsatz zeitweise sogar Zuwächse im Shop-Bereich verzeichnen“, bestätigt Romain Hoffmann. „Das kompensiert allerdings nicht die
Die CO2 -Steuer wird die Attraktivität unseres Standortes stark verschlechtern. Romain Hoffmann, GPL
Einbußen, die im Kraftstoffgeschäft verzeichnet wurden, vor allem nicht in den Grenzstationen.“
Mit Blick auf das Jahr 2021 zeigt sich der Verbandspräsident wenig optimistisch. „Die Perspektiven sind nicht rosig für unseren Sektor“, sagt er. Verbesserungen sind für Januar nicht zu erwarten, während manche Länder bereits Verschärferungen angekündigt haben. Hinzu kommt, dass Luxemburg eine CO2-Steuer einführt: Ab Januar 2021 müssen 20 Euro pro Tonne CO2 berappt werden, 2022 und 2023 kommen jeweils fünf Euro pro Tonne dazu. „Das wird sicherlich die Attraktivität unseres Standortes gegenüber unseren Nachbarländern stark verschlechtern“, sagt Hoffmann. Auch Deutschland führt ab 2021 eine CO2-Steuer von zehn Euro pro Tonne ein, bis 2025 soll sie auf 35 Euro steigen. Aber: „Belgien und Frankreich haben derzeit nichts geplant, so dass wir gegenüber diesen Ländern etwas teurer werden.“Dem Klimaschutz kommen die Steuererhöhungen nicht zugute. Kein Tropfen Diesel werde weniger verbraucht, nur dass die Lastwagen jetzt in Belgien tanken statt in Luxemburg, meint Romain Hoffmann. Am Verkehrsaufkommen auf den Luxemburger Straßen ändere sich nichts, da die Laster noch immer die bequeme Nord-Süd-Achse. Im Normalfall machen in Luxemburg wohnende Autofahrer etwa 20 Prozent des Geschäftes einer Tankstelle hierzulande aus. Tanktourismus schlägt mit weniger als zehn Prozent zu Buche, der größte Teil des an Luxemburger Zapfsäulen verkauften Treibstoffes läuft in die Tanks von Lkw, die international unterwegs sind, oder in die Tanks von Grenzgängerautos. „Unsere Firmen sich der Problematik bewusst, dass man früher oder später den Kraftstoffverbrauch zurückfahren muss. Schade an der ganzen Sache ist aber, dass man nicht auf europäischem Niveau eine koordinierte Lösung gefunden hat“, schlussfolgert Romain Hoffmann.