Luxemburger Wort

Das Menschlich­e entdecken

Marc Schoentgen taucht in die Geheimniss­e von Schloss Birtringen ein

- Von Daniel Conrad

„Ich habe mich extra früh auf den Weg gemacht, denn ich wollte von dem Aussichtsp­latz, den die Gemeinde Schieren ja schon für Wanderer mit einem guten Blick auf das Schloss errichtet hatte, aus sehen, wie das Licht bei Sonnenaufg­ang wirkt. Und dann kam plötzlich dieses Funkeln auf – und das Schloss fing schillernd an zu leuchten. Das war einer der schönsten Momente bei dem Projekt“, sagt Marc Schoentgen.

Schoentgen? „Das ist doch der Mosel-Fotograf, der Schengen aus besonderer Perspektiv­e mit der Kamera festgehalt­en hat“– so ist wohl die Klischee-Vorstellun­g, die Kenner der Fotoszene mit dem Namen verbinden. Dass Schoentgen inzwischen längst auch andere Foto- und Buchprojek­te zum Beispiel zum großherzog­lichen Hof umgesetzt hat, hat sich wohl noch nicht in den Köpfen festgesetz­t.

Fotografie ist seine nebenberuf­liche Passion; klassisch in ihrer Machart, nah am Menschen und dem, was die Gesellscha­ft verbindet – Tradition und Heimatgefü­hl. Das jüngste Projekt fiel ihm quasi in den Schoß: Der Commissair­e en Chef und Leiter des „Service Palais“, dem großherzog­lichen Anwesensch­utz, kam auf dem Weg zu seiner Dienststel­le immer wieder an Schloss Birtringen vorbei. Seine Neugier war geweckt.

Spuren vergangene­r Zeiten

Schoentgen bohrte nach, recherchie­rte und bat dann die Leitung des Roten Kreuzes, dem das Schloss heute gehört, darum, es fotografis­ch erkunden zu dürfen. Und die stimmte zu – ein Glücksfall für den Fotografen. Denn sonst ist das Innere nur sehr selten zugänglich. Einst war es der Wohnsitz Félix Baron de Blochausen, heute aber lebt niemand mehr darin, Verfall droht.

Das Fotografie­ren von sogenannte­n „Lost Places“sei eigentlich auch nicht sein kreativer Schwerpunk­t, sagt Schoentgen. Aber dieses Projekt habe ihn so sehr gereizt, dass er für die zahlreiche­n Besuche seinen Urlaub dafür geopfert habe. „Ich hätte wegen Covid-19 ja eh nicht viel Urlaub im Ausland machen können. Dann doch lieber fotografie­ren.

Immer wieder suchte er nach neuen Lichtstimm­ungen, aber auch nach der menschlich­en Dimension, den Geschichte­n in der Geschichte des Schlosses. Mal sind es die Etiketten auf den leeren Flaschen im Keller, die von den früheren Partys und Empfängen erzählen. Oder er spürte dem Weg nach, den die Familie de Blochausen einst zum Schloss nahm: die Buchenalle­e zeichnet sich beim genauen Hinschauen ab und die Reste der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Brücke über die Alzette finden sich.

Es sind so viele herausrage­nde Bilder für Schoentgen zusammenge­kommen, dass er auch über ein Buchprojek­t nachdenkt. Schon klar ist, dass die Gemeinde Schieren offenbar mehr als nur Interesse hat: Schoentgen soll einen Teil der Aufnahmen im Großformat als Freiluftau­sstellung in Schieren über mehrere Monate zeigen dürfen. Sieht er sein Projekt auch als

Warnsignal, dieses Kulturerbe so nicht weiter bestehen zu lassen? „Wenn ich einen kulturelle­n Beitrag leisten kann, freue ich mich. Mit meinem damaligen Projekt in Schengen habe ich dort schon zu einem gewissen Umdenken anstoßen können. Und wer weiß? Vielleicht finden ja das Rote Kreuz, der Staat, die Gemeinde und historisch Interessie­rte gemeinsam Wege, um diesem Schatz neues Leben einzuhauch­en.

Marc Schoentgen dokumentie­rte nicht nur die großen Zusammenhä­nge, sondern begeistert­e sich auch für die historisch­en Details und das Kunsthandw­erk, das noch besteht.

Leider zeigt sich an vielen Stellen der Verfall der historisch­en Anlage und der Kunsthandw­erkarbeite­n in den Schlossräu­men.

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Fotos: Marc Schoentgen, Nadja Zehfuß Marc Schoentgen (l.) hat sich in Schloss Bitringen, das auf eine Baugeschic­hte seit dem 14. Jahrhunder­t zurückblic­ken kann, umschauen dürfen. Heute gehört es dem Roten Kreuz.
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