Filmkritik
(2009) und „Song of the Sea“(2014) bereits gelungen ist. Bei „Song of the Sea“waren das Studio 352 und der Produzent Stéphan Roelants auch mit an Bord.
„Wolfwalkers“ist eine Tier- und Ökofabel mit historischem Hintergrund – die Besetzung Irlands durch die Engländer. Es ist aber auch ein Zeichentrickfilm, der ganz bewusst ein Gegengewicht zu den gängigen Produktionen der Animationsbranche setzt und macht das gleich zum Filmauftakt wie ein Manifest deutlich.
Da taucht ein majestätischer Hirsch auf, der den Zuschauer auf die Form des Animationsfilms vorbereitet, denn dieser Hirsch ist weit entfernt von den fotorealistischen und computergenerierten Wildtieren, die mittlerweile die meisten Zeichentrickfilme beleben. „Wolfwalkers“ist handgezeichnet und will das auch zeigen: Das Gesicht des Hirsches ist ein Halbmond, und dort, wo seine Beine auf den Körper treffen, sieht man eine Ansammlung von sich überlappenden Kreisen, so wie sie ein Maler in einer Vorzeichnung skizziert haben könnte. So suggeriert „Wolfwalkers“sowohl durch seine Form wie durch die erzählte
Geschichte eine andere Welt, die uns umgibt und die man auch fast sehen kann, sobald man sie gegen das Licht hält.
Irisches Märchen
Ausgehend von einem Volksmärchen kehrt Tomm Moore diesmal auf das Terrain des irischen Folklore zurück: Kilkenny im Jahr 1650, gegen Ende von Oliver Cromwells Feldzug zur Rückeroberung der Insel. Das junge Mädchen Robyn Goodfellowe lebt innerhalb der Stadtmauern mit ihrem Vater Bill, einem englischen Soldaten im Dienste des namenlosen Lord Protector, des Stellvertreters von Cromwell.
In den Wäldern draußen wimmelt es von Wölfen, die Bill im Auftrag des Lords ausrotten soll, um so das Volk von der allerletzten Bindung zu seiner heidnischen Vergangenheit zu befreien. Die Wölfe sind zwar wild, aber nicht unkontrolliert. Die Wolfswalker, Tiermenschen, die einem uralten Orden von Mystikern angehören und deren Geister als Wölfe durch die Welt streifen, während ihre menschlichen Körper schlummern, haben nämlich Einfluss auf die Wölfe.
Robyn möchte nichts sehnlicher als in die Fußstapfen ihres Vaters als Wolfsjäger zu treten. Sie wagt sich in die Wälder, in der Hoffnung, ihren Mut zu beweisen, und trotzt dabei dem Lord, der glaubt, das Mädchen sei nur für die Küche bestimmt. Im tiefen Wald trifft sie auf Mebh, einer Wolfswandlerin mit einer riesigen Mähne
aus rotem Haar. Mebh ist ein ungestümer Freigeist, wurde von Wölfen aufgezogen, und schon bald sieht Robyn die Welt mit anderen Augen ...
Rundungen und Ecken
Bei diesem Szenario trifft so manches aufeinander: die Natur, die Stadt, die Tiere, die Menschen, die Tiermenschen, aber auch die Eingeborenen und die Belagerer, also die Iren und Engländer. Dies macht der Regisseur mit unterschiedlichen Zeichenstilen, die aber zueinanderpassen, deutlich. Während im Wald und bei den Tieren alles abgerundet und mit Schnörkeln vergessener Sprachen versehen ist, so erscheint die menschliche Welt kastenförmig, dort sieht alles flach und mehrdimensional aus, wie eine Bilderbuchillustration, in der Objekte übereinander gestapelt sind.
Ähnlich wie in Hayao Miyazakis „Mein Nachbar Totoro“vermischt Tom Moore in dieser Geschichte Mystik, Naturglauben und Geschichte und verweist auf Verblendung und menschliche Hybris. Das Resultat ist eine rundum beeindruckende Produktion mit auch herrlich beschwingter Musik von Bruno Coulais, die zum Glück die gängigen irischen Klischees vermeidet. Es ist ein Film, den man jungen Zuschauern zeigen kann, die vielleicht noch nicht reif sind für Miyazakis „Prinzessin Mononoke“. Doch auch die Erwachsenen sollten dabei bleiben, denn für die vielen Lektionen dieses Films ist man nie zu alt.