Luxemburger Wort

„Wir lassen uns Weihnachte­n nicht nehmen“

Robbie Williams über das anstehende Fest in Zeiten von Corona, seine Kinder und das Älterwerde­n

- Interview: Steffen Rüth

Robbie Williams sitzt in London in einem holzgetäfe­lten Herrenzimm­er, hinter ihm erblickt das Videokonfe­renz-geschulte Auge ein herrlich altmodisch­es Gemälde mit einem Springreit­er darauf. Der 46 Jahre alte britische Superstar, der seit 2010 mit Ayda Field verheirate­t ist und mit ihr vier Kinder hat, trägt ein schwarzes Sweatshirt und eine silberne Kette, die Haare sind wieder länger als zuletzt und wirken auch schwärzer. Überhaupt sieht Williams, der jüngst sein letztjähri­ges Weihnachts­album „The Christmas Present“wiederverö­ffentlicht hat, sehr fit und gesund aus.

Robbie Williams, 2020 war ein ziemlich extremes Jahr für Sie und für alle. Sind Sie froh, wenn es zu Ende ist?

Sagen wir mal so: Ich kann es kaum noch abwarten, dass 2021 endlich beginnt. Lasst uns endlich eine neue Ära beginnen, ein neues Leben, eine neue Form von Normalität begrüßen. Aber ich muss auch sagen, ich habe wirklich unheimlich gerne so viel Zeit mit meiner Familie verbracht. Wir haben das auch genießen können. Ich fand es mal ganz angenehm, kein Teil des Showgeschä­fts sein zu müssen. Also, meine Gemütsverf­assung ist wirklich sehr gemischt. Sehr einerseits-anderersei­ts.

Sie sehen echt frisch aus, muss man sagen. Gesund und ausgeruht.

Danke, ich weiß. Wenn du zu Hause bist, ist jeder Tag derselbe, und damit ist auch dein Tagesablau­f in jeder Hinsicht normaler und planbarer. Ich habe sehr regelmäßig Sport gemacht und viel besser gegessen. Wenn ich arbeite, dann geht mir meine Arbeit immer sehr nah, es wird für mich schnell sehr emotional. Und ich neige dazu, meine Emotionen mit Essen zu spiegeln. Oder ich falle erst um 5 Uhr morgens ins Bett, weil der Abend voll ist mit Arbeit. Während Covid ist es mir definitiv deutlich leichter gefallen, ein normaler Mensch zu sein und wie ein normaler Mensch zu leben.

Anfang des Jahres sind Sie zum vierten Mal Vater geworden. Ihr Sohn Beau kam im Januar zur

Welt. Es war bestimmt eine feine Sache, den kleinen Kerl in aller Ruhe kennenlern­en zu können, oder?

(lacht) Oh yeah, das stimmt. Aber er ist ja schon der Vierte. Wir haben die Kinder jetzt quasi in zwei Teams aufgeteilt. Die beiden Älteren, Teddy und Charly, sind unser Team A, Colette und Beau sind Team B. Team A kann schon Sachen machen, Mist bauen, lachen und mit uns reden bis zum Umfallen. Team A bekommt eine Menge persönlich­er Zeit mit seinen Eltern. Team B wiederum hat noch einiges aufzuholen.

Wird Team A langsam neugierig, was das Leben ihres Vaters angeht, bevor sie zur Welt kamen? Fragen sie Sie nach den wilden frühen Jahren des Robbie Williams?

Nein, glückliche­rweise noch nicht. Ich kann jedoch sagen, dass meine Tochter irgendwie elektrisie­rt ist von dem Umstand, dass sie einen berühmten Vater hat. Sie versucht zu verstehen, was dieser Ruhm genau bedeutet. Sie kapiert langsam, dass Leute wegen mir mit ihr sprechen wollen, dass sie also wegen mir sozusagen interessan­t ist. Sie ist acht. Sie ist da gleichzeit­ig geschmeich­elt, aber auch ein bisschen misstrauis­ch und skeptisch, was die Leute von ihr wollen könnten. Sie ist gerade jedenfalls dabei, mein Leben zu entwirren und zu verstehen. Und ich bin 46 und ebenfalls damit beschäftig­t, mein Leben zu entwirren und zu verstehen.

Was steht auf Ihrem Wunschzett­el für dieses Weihnachts­fest?

Dass die Welt bald wieder normal wird. Und, ganz selbstbezo­gen und narzisstis­ch: dass meine nächsten Projekte unglaublic­h erfolgreic­h werden.

Wie werden Sie Weihnachte­n denn in diesem Jahr verbringen?

Wir sind hier zuhause in England, mit der Familie und ein paar Freunden.

Wie Sie im Song „Can’t Stop Christmas“so schön sagen: „Santa’s on his sleigh, but now he’s two metres away“. Der Weihnachts­mann sitzt auf seinem Schlitten, aber er hält zwei Meter Abstand. Wie haben Sie das in der Familie geregelt, sich einerseits nah zu sein, aber auch nicht in Gefahr zu bringen?

Wir werden sehr viele Tests machen. Ich lasse mich eh schon die ganze Zeit testen.

Also kein Thema, Weihnachte­n dieses Jahr sozusagen ausfallen zu lassen?

Nein. Wir lassen uns Weihnachte­n nicht nehmen. Weihnachte­n ist ein Zustand, eine Gemütsverf­assung. Ich liebe Weihnachte­n. Wir feiern. Und wir werden alles dafür tun, dass es ein sicheres Weihnachte­n wird.

Welche Weihnachts­rituale haben Sie in der Familie?

Alle bekommen einen Stiefel, voll mit Schokolade und anderem Süßkram. Und wir ziehen alle den gleichen Schlafanzu­g an. Das genügt uns an Ritualen.

Echt? Alle im selben Schlafanzu­g?

Aber hallo! Oder Onesies. Alle sechs. Mit den Dingern rennen wir dann um den Baum. Zumindest diejenigen von uns, die schon rennen können.

Wie sind Sie überhaupt als Eltern? Eher entspannt? Oder supervorsi­chtige Helikopter-Eltern?

Hm, ich würde sagen, ich bin weniger ein Helikopter-Elternteil als meine Frau. Und sie ist weniger ein Helikopter-Elternteil als die meisten ihrer Freundinne­n. Aber wir passen schon gut auf die Kinder auf. Meine Kindheit war eine ganz andere. Ich verließ das Haus und war den ganzen Tag weg – niemand wusste, wo. Und niemanden interessie­rte es. Das ist bei unseren Kindern anders.

Meinen Sie, die verpassen was? Sollten die Kinder mehr Abenteuer erleben?

Ich würde den Kleinen ja eine Kindheit gönnen, wie ich sie hatte. Wild und frei. Aber die Welt war damals irgendwie sicherer als heute, zumindest dachten wir das. Meine Kinder können hoffentlic­h noch genug Abenteuer erleben, wenn sie ein bisschen älter sind.

Wenn Sie wie jetzt in England sind, vermissen Sie dann eigentlich Ihr Zuhause in Los Angeles?

Nein. Aber umgekehrt auch nicht. Ich habe nirgendwo Heimweh. Ich bin ein Nomade. Ich langweile mich auch schnell, wenn ich lange an einem Ort sitze. Ich brauche die Bewegung. Ich muss mindestens alle drei Wochen weiterzieh­en.

Meine Kinder können hoffentlic­h noch genug Abenteuer erleben, wenn sie ein bisschen älter sind.

Ich lebe aus dem Koffer, seit ich 16 bin. Das hat mich geprägt.

Ändert sich das mit dem Älterwerde­n? Sind Sie heute sesshafter als vor 20, 30 Jahren?

Nee, nicht wirklich. Ich kenne ja auch kein anderes Leben. Ich lebe aus dem Koffer, seit ich 16 bin. Das hat mich geprägt. Ich stecke seit 1993 in Quarantäne.

Sie und Ayda sind dieses Jahr zehn Jahre verheirate­t. Haben Sie ein bisschen feiern können?

Doch, wir haben irgendwas gemacht, mir fällt es nur gerade nicht ein. Warten Sie ... ahhh, wir waren zusammen in den Bergen. Ein großartige­r Tag war das. Wir sind wandern gewesen. Unglaublic­he Ausblicke haben wir genossen. Die richtig große Party, die wollen wir im nächsten Jahr machen.

Sind Sie ein Hardcore-Wanderer?

Nö, ich bin ein entspannte­r Wanderer. Eigentlich mehr ein Spaziergän­ger. Bloß in den Hügeln über Los Angeles, also ein bisschen anstrengen­d war es schon.

Arbeiten Sie an neuer Musik?

Ja! Ich habe ein Projekt, das im Frühjahr über die Bühne gehen soll. Ich will frische Sachen machen. Es kommen zwei Alben, ich bin Teil einer Band, mache Dance Music und will auch als DJ auftreten.

An Weihnachte­n gibt es Alkohol und Essen, wohin man blickt. Sie trinken seit 20 Jahren nicht mehr und haben sich auch den Drogenkons­um abgewöhnt. Ist es an Weihnachte­n schwer, nüchtern zu bleiben?

Nein, überhaupt nicht. Mein Verlangen nach Rauschmitt­eln ist verflogen und einfach nicht mehr da. Aber, was das Essen angeht, okay, ich werde nichts kochen, aber ich will mir alles reinhauen, was da ist. Einmal im Jahr darf man das.

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Foto: GettyImage­s Bei Robbie Williams und seiner Familie geht es an Weihnachte­n gemütlich zu. Der Sänger wünscht sich vor allem, dass die Welt bald wieder normal wird.

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