Die x-te Stunde der Wahrheit
Dringende CSV-Frage in der Chambersitzung vom Samstag: Heute berät die Regierung über neuen Lockdown
Die vorerst letzte geplante Chambersitzung diesen Jahres fing am Samstagmorgen im Beisein von Premierminister Xavier Bettel mit einer dringenden Frage der CSVFraktionschefin Martine Hansen an. „Wir fordern die Regierung auf, mit den Bürgern und auch mit dem Parlament Klartext über einen Lockdown zu reden“, verlangte sie und bezog sich auf verschiedene Äußerungen im Laufe der Woche. So hatte Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) zwei Tage nach der Verlängerung der bisherigen Covid-Maßnahmen im Fernsehen gesagt, dass ein Lockdown immer näher komme, man warte noch die Zahlen dieser Woche ab.“
Die Woche sei nun um und man erwarte Antworten, sagte Hansen: „Was soll wann und unter welchen Bedingungen wie lange gelten? Die Leute und die Betriebe wollen Planbarkeit: Ist die Schließung der Geschäfte vorgesehen? Wann kommt was?“Auch die Eltern brauchten Klarheit, ob die Verlängerung der Schulferien geplant sei, für welche Schüler und ob Homeschooling vorgesehen ist.
Entscheidungsprozess läuft noch Bettel stellte daraufhin in Aussicht, dass der Ministerrat heute zusammenkommt und im Anschluss das Chamberbüro informiert werde. „Am Freitag lagen uns nur die Covid-Zahlen bis Donnerstag und nicht der ganzen Woche vor.“Es müsse auch noch der neueste Bericht der Covid-19Taskforce analysiert werden, sagte Bettel. Die Regierung habe verschiedene Hypothesen und eine Reihe von Szenarien diskutiert, sei aber noch nicht am Ende des Entscheidungsprozesses angelangt. Man müsse bei einschneidenden Maßnahmen die Grundrechte sowie die Auswirkungen in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht sowie auf die psychische Gesundheit bedenken.
Heftig diskutiert wurde dann eine Motion der CSV, den Alkoholkonsum im öffentlichen Raum bis zum 15. Januar zu verbieten. „Wir finden es nicht verantwortlich, dass noch immer verkaufsoffene Sonntage sind. Zudem ist uns am Donnerstag aufgefallen, dass in der Stadt Massen an Leuten eng beieinander standen, ohne Masken Getränke konsumierten – es war Weihnachtsmarkt nur ohne
Buden“, sagte Martine Hansen. Da Bettel da schon die Sitzung verlassen hatte, war es an Justizministerin Sam Tanson (Déi Gréng), die Regierung zu vertreten. „Ich teile diese Meinung, die Stadt hat sich in eine Open bar entwickelt.“
Auch die Vertreter der Mehrheitsparteien im Parlament waren der Meinung, dass die Motion unterstützt werden muss. „Wir wollen das nicht und brauchen es in der jetzigen Situation nicht, dass die Menschen in den Straßen in großen Gruppen feiern“, sagte Gilles Baum (DP).
Heftige Kritik kam dagegen von den kleinen Oppositionsparteien, die gegen die Motion stimmten. „Es muss nicht der Konsum, sondern der Ausschank verboten werden“, sagte Sven Clement (Piraten) und sprach sich eher für verstärkte polizeiliche Kontrollen und mehr Protokolle aus. Fernand Kartheiser (ADR) ging das Verbot zu weit – man müsse aufpassen, dass der Widerstand in der Bevölkerung nicht zu stark werde. Auch Marc Baum (Déi Lénk) meinte, dass der Ausschank von Alkohol verboten gehöre, sonst kriminalisiere man jeden, der in der Öffentlichkeit Alkohol genießt – inklusive Obdachlose.
Die anderen Gesetze wurden einstimmig verabschiedet: Das Recht auf Namensänderung, die Verlängerung der Covid-Maßnahmen in den Gerichten, die Möglichkeit, Eheschließungen in anderen Räumen als dem Rathaus abhalten zu können, verschiedene Wirtschaftshilfen, wie die staatliche Garantie für Betriebe und Investitionshilfen sowie die Einschränkung von Einreisen Drittstaatler in die EU auf essenziell wichtige Besuche. Einstimmig verabschiedet wurde auch das Gesetz, mit dem das Einfrieren der Mieten und damit das Verbot von Mieterhöhungen bis zum 30. Juni 2021 verlängert wird. Der Gesetzesvorschlag der beiden Déi LénkAbgeordneten David Wagner und Marc Baum, das Verbot von Mieterhöhungen bis zum 31. Dezember 2021 zu verlängern, wurde abgewiesen. Man werde sich im Mai nochmals mit einer weiteren Verlängerung befassen – angepasst an die Pandemie-Entwicklung, hieß es von allen Seiten.
Taskforce verhalten optimistisch Die Covid-19-Taskforce hatte derweil am Freitag in ihrem Bericht festgehalten, dass der Reproduktionsfaktor von 1,01 auf 0,89 zurückgegangen, die Anzahl aktiver Infektionen aber mit 8 000 noch immer hoch sei. Es seien weiterhin Anstrengungen nötig, um das Infektionsgeschehen einzudämmen. Sie gibt sich vorsichtig optimistisch – es könnte sein, dass die ergriffenen Maßnahmen eine Wirkung zeigen und zu einer Verlangsamung des Infektionsgeschehens beitragen, heißt es. Die Wissenschaftler gehen in ihrer Projektion von um die 400 neuen Fällen pro Tag um Weihnachten herum aus.