Gewollte Unmenschlichkeit
Als vor mehr als drei Monaten das berühmt berüchtigte Flüchtlingslager Moria auf der Insel Lesbos bis auf die Grundmauern abbrannte, war die Hoffnung groß, dass dieses Fanal der Weckruf für eine humanere Flüchtlingspolitik an den EUAußengrenzen sein könnte. Doch die Hoffnung ist schnell der Ernüchterung gewichen. Nach dem Brand wurde in Kara Tepe hastig ein Auffanglager für einen Großteil der Evakuierten aus Moria eingerichtet. Nur ein kleiner Teil der damals Betroffenen, zumeist Minderjährige, hatten das Glück dem unsäglichen Elend und Leid zu entkommen. Sie wurden unter einzelnen EU-Staaten aufgeteilt. Derweil müssen die verbliebenen Flüchtlinge und Migranten noch immer inmitten einer schlammigen Brache, in ungeheizten Zelten ausharren, in der Ratten sich zu Hause fühlen. Das sagt bereits genug über die hygienischen Bedingungen aus, die vor Ort herrschen. Derweil versucht die griechische Regierung mit einer inszenierten Besichtigung des Lagers durch handverlesene Journalisten das Ausmaß herunterzuspielen und spricht von einem „sehr guten Zustand“, während Hilfsorganisationen bereits seit Wochen Alarm schlagen. Was für ein groteskes Schauspiel! Das Traurigste aber ist: Die menschenunwürdigen Bedingungen in Kara Tepe sind gewollt und sollen jene zurückhalten, die an der türkischen Küste nach Griechenland übersetzen wollen – Unmenschlichkeit als Mittel der Abschreckung.