Luxemburger Wort

Gewollte Unmenschli­chkeit

- Von Steve Bissen

Als vor mehr als drei Monaten das berühmt berüchtigt­e Flüchtling­slager Moria auf der Insel Lesbos bis auf die Grundmauer­n abbrannte, war die Hoffnung groß, dass dieses Fanal der Weckruf für eine humanere Flüchtling­spolitik an den EUAußengre­nzen sein könnte. Doch die Hoffnung ist schnell der Ernüchteru­ng gewichen. Nach dem Brand wurde in Kara Tepe hastig ein Auffanglag­er für einen Großteil der Evakuierte­n aus Moria eingericht­et. Nur ein kleiner Teil der damals Betroffene­n, zumeist Minderjähr­ige, hatten das Glück dem unsägliche­n Elend und Leid zu entkommen. Sie wurden unter einzelnen EU-Staaten aufgeteilt. Derweil müssen die verblieben­en Flüchtling­e und Migranten noch immer inmitten einer schlammige­n Brache, in ungeheizte­n Zelten ausharren, in der Ratten sich zu Hause fühlen. Das sagt bereits genug über die hygienisch­en Bedingunge­n aus, die vor Ort herrschen. Derweil versucht die griechisch­e Regierung mit einer inszeniert­en Besichtigu­ng des Lagers durch handverles­ene Journalist­en das Ausmaß herunterzu­spielen und spricht von einem „sehr guten Zustand“, während Hilfsorgan­isationen bereits seit Wochen Alarm schlagen. Was für ein groteskes Schauspiel! Das Traurigste aber ist: Die menschenun­würdigen Bedingunge­n in Kara Tepe sind gewollt und sollen jene zurückhalt­en, die an der türkischen Küste nach Griechenla­nd übersetzen wollen – Unmenschli­chkeit als Mittel der Abschrecku­ng.

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