Für eine bessere und gerechtere Welt
Der saudischen Frauenrechtlerin Loujain al-Hathloul drohen nach Aussagen ihrer Schwester 20 Jahre Gefängnis
Loujain al-Hathloul war in der ganzen Welt berühmt geworden, als sie sich im Herbst 2014 an das Steuer eines Autos setze und ihr Plädoyer für die Aufhebung des Frauenfahrverbotes in ihrem Land auf YouTube verbreitete. Seit dem 10. Dezember verhandelt nun ein Terrorgericht in Riad gegen die saudische Frauenrechtlerin. Nach Aussagen ihrer Schwester Lina wird der 31-Jährigen vorgeworfen, zum Aufruhr angestachelt und zu einer Veränderung der politischen Systems aufgerufen zu haben.
Die Anklageschrift wirft ihr zudem vor, an internationalen Konferenzen über saudische Frauen teilgenommen sowie mit „Abtrünnigen und Terroristen“kommuniziert zu haben. „Dafür fordern die saudischen Behörden jetzt die nach den Gesetzen mögliche Höchststrafe von 20 Jahren“, sagte Lina al-Hathloul der britischen Zeitung „Guardian“. Bereits am heutigen Montag könnte das Urteil verkündet werden. „Sie (die saudische Justiz) sagen, sie sei eine Terroristin. Doch in Wirklichkeit ist sie eine Menschenfreundin, eine Aktivistin und Frau, die einfach eine bessere, gerechtere Welt will“.
Loujain al-Hathloul war im Mai 2018 zusammen mit anderen Aktivistinnen entführt und verhaftet worden. Einen Monat später hatte der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman, alias MBS, das Frauenfahrtverbot aufgehoben und sich für diesen Schritt mit einer international-orchestrierten PRKampagne feiern lassen.
Loujain und ihre Mitstreiterinnen wurden währenddessen in der Haft mit Schlägen und Elektroschocks gefoltert sowie nach Angaben ihrer Angehörigen sexuell missbraucht. Ende Oktober war die prominente Menschenrechtlerin in einen Hungerstreik getreten. Das Frauenrechtskomitee der Vereinten Nationen äußerte sich daraufhin besorgt über ihren Gesundheitszustand. Kritik hagelte es auch von Menschenrechtsorganisationen.
„Ein Regime, das den Aktivismus von Frauen als Terrorismus betrachtet, ist zutiefst gebrochen. Es gibt keinen moralischen oder rechtlichen Grund für ihre fortgesetzte Inhaftierung“, erklärte Lucy Rae von „Grant Liberty“, die sich für saudische Gefangene aus Gewissensgründen einsetzt.
Regime zeigt sich kompromisslos „Saudi-Arabien wird seinen Ruf niemals rehabilitieren, solange es diejenigen weiterhin inhaftiert und foltert, die sich für grundlegende Freiheiten in dem Königreich einsetzen“.
Tatsächlich scheint in saudischen Regimekrisen ein wirkliches Interesse an einem besseren Image des Landes gegenwärtig nicht zu bestehen. So hatte Gastgeber Saudi-Arabien vor dem Beginn der G20-Gipfel im letzten Monat westliche Forderungen zur
Freilassung von Loujain al-Hathloul ungewöhnlich barsch zurückgewiesen.
„Ihr habt eure Gesetzte und wir haben unsere Gesetze, die wir auch nicht ändern werden, weil sie dem Westen nicht gefallen“, so der saudische Staatsminister Adel alJubair. Das saudische Rechtssystem sei unabhängig und werde auf Druck von außen niemals reagieren. Eine Freilassung von Frau alHathloul, fügte der Minister hinzu, käme auch deshalb nicht in Frage, weil ihre Inhaftierung die nationale Sicherheit des Königreiches beträfe.
Dass ein absolutistisch regierender Herrscher wie MBS nicht die geringste Kritik an seinem Regierungsstil duldet und entstehende Bürgerrechtsbewegungen wie die von Loujain al-Hathloul offenbar als eine Gefahr für die Monarchie betrachtet, verschwieg Adel al-Jubair.
Sie sagen, sie sei eine Terroristin. Doch in Wirklichkeit ist sie eine Menschenfreundin, eine Aktivistin und Frau, die einfach eine bessere, gerechtere Welt will. Lina al-Hathloul, Schwester von Loujain al-Hathloul