Luxemburger Wort

Doch noch ein kleines Adventskon­zert

„Mat Chrëschtmu­sek durch d’Stad“, so das Motto des „OPL Brass Bus“, der musizieren­d zu Senioren und Kranken fuhr

- Von Daniel Conrad

Seit Monaten konnten sie nicht Krankenhäu­ser und Altenheime verlassen: Um Senioren und Kranke etwas mit festlicher Musik und bekannten Weihnachts­liedern zu erfreuen, mietete die Philharmon­ie-Stiftung „EME – Ecouter pour mieux s’entendre“einen der bekannten Touristenb­usse, lud OPLMusiker­innen und Musiker ein und fuhr musizieren­d los ... Zur Fondation Pescatore, zum Seniorenhe­im Rham, zum Haus Omega, zum Hôpital Robert Schuman, zum CHL Eich und zur Fondation Lëtzebuerg­er Kannerduer­f in Alzingen.

Die Aufkleber geben Aufschluss, weshalb dieser Bus unterwegs ist.

Ein großes „Merci“auch des Pflegepers­onals.

Blechbläse­r in winterlich­er Sonne.

Esch/Alzette. 174 km/h zeigt das Digitaltac­ho, als der Film beginnt. Durch die schnulzige Hiphop-Musik, die im Auto läuft, dringen Motorenger­äusche. Der Wagen wird hörbar beschleuni­gt. Es ist nachts und das Auto fährt auf einer Autobahn. Als nach zwölf Sekunden die Heckleucht­en eines Sattelschl­eppers vorbeihusc­hen, leuchtet die Zahl 267 auf der Anzeige.

Mit 312 km/h Richtung Tunnel

In der Dunkelheit reihen sich langgezoge­ne Kurven aneinander. Der Fahrer hält das Handy offensicht­lich mit der rechten Hand und hat nur die linke am Lenkrad. Er wechselt die Fahrspuren, ohne den Blinker zu setzen.

Nach 30 Sekunden überholt der Fahrer mit 305 km/h ein Auto. Dann taucht die Beleuchtun­g einer Autobahnau­sfahrt auf. Das Tacho zeigt 312 km/h. Die Farben der Schilder lassen keinen Platz für Zweifel. Die Szene spielt sich auf einer Luxemburge­r Autobahn ab. Ortskundig­e erkennen: Es ist die Ausfahrt Frisingen und die Fahrt geht Richtung Deutschlan­d.

Gleich nach der Ausfahrt folgt ein Autobahntu­nnel mit geneigter Fahrbahn und mit unübersich­tlichem Linksdreh. Bei der Einfahrt in den Tunnel zeigt das Digitaltac­ho 269 km/h. Als das Video kurz vor dem Tunnelende abbricht, ist noch 225 auf der Anzeige zu lesen.

Die nächste Szene zeigt einen Tankstutze­n mit der Aufschrift „102 Oktan“in einem weißen Auto. Nur drei Tankstelle­n im Land führen diesen Kraftstoff, der im übrigen auch in der Formel 1 zum Einsatz kommt. Dann schwenkt die Handykamer­a, zeigt das Fahrzeughe­ck eines modifizier­ten Audi RS3 mit Luxemburge­r Kennzeiche­n.

Die beiden Videos werden in der Nacht vom 31. März 2020 auf den 1. April in einer Instagram-Story veröffentl­icht – und verbreiten sich rasend schnell. So auch in einer Whatsapp-Gruppe, in der auch Autobahnpo­lizisten Mitglied sind. Der Fahrzeugha­lter ist anhand des Autokennze­ichens schnell identifizi­ert. Die Staatsanwa­ltschaft leitet ein Ermittlung­sverfahren ein. Nun, acht Monate später, wurde der Fall vor dem Escher Polizeiger­icht verhandelt. Der Angeklagte lässt sich von seinem Anwalt vertreten – der Mann habe Angst vor Corona und komme deswegen nicht selbst, heißt es.

Angst vor Beschlagna­hme

Bei seiner Anhörung durch die Verkehrspo­lizei, die ihn kurz nach dem Vorfall vorlädt, räumt er ein, dass der Film ein reines „Bretzvideo“sei. Er habe angeben wollen. Allerdings bestreitet der 25-Jährige, der Fahrer aus dem Video zu sein. Er habe den Film nur hochgelade­n und er sei der Mann von der Tankstelle. Zu einem gewissen Zeitpunkt stellt er aber auch klar, dass er Angst habe, dass man sein Auto für immer beschlagna­hmen könnte. Deshalb verweigere er lieber die Aussage, anstatt sich selbst zu belasten.

Allerdings, und darüber klärt ihn der vernehmend­e Polizeibea­mte auch auf, ist das in dieser Prozedur und in diesem Kontext im Gesetz nicht vorgesehen. Doch der Mann bleibt dabei.

474 PS bei 732 Nm Drehmoment

Die Polizei stellt aber noch andere Unregelmäß­igkeiten fest. So sind die Bremsschei­ben des Audi völlig abgewetzt. Das Auto wurde sowohl optisch, wie auch technisch umgerüstet, ohne, dass dies in den Fahrzeugdo­kumenten vermerkt wurde: Von einer Leistungss­teigerung auf 474 PS und 732 Nm Drehmoment, über die Stoßdämpfe­r, Spoiler, Schürzen bis hin zu einer geräuschst­eigernden Pop&BangAuspuf­fanlage, die ohnehin nicht erlaubt ist.

Die letztgenan­nten Verstöße einzugeste­hen, fällt dem Verteidige­r des 25-Jährigen nicht schwer. Inzwischen sei der Wagen regelkonfo­rm abgerüstet worden. Allerdings betont der Anwalt, dass sich aufgrund der Videoaufna­hmen nicht beweisen lasse, wer den Wagen tatsächlic­h gesteuert habe. Er habe es überprüft: Es gebe in Luxemburg insgesamt 310 Audi RS3 mit der gleichen Tachoanzei­ge.

Die Staatsanwa­ltschaft sieht das im Prozess erwartungs­gemäß anders: Die Fortsetzun­g des Videos an der Tankstelle sei zweifelsfr­ei als eine Inanspruch­nahme, eine Revendicat­ion, zu verstehen. Der Fahrer habe klarstelle­n wollen: Ich bin derjenige, der den Wagen gesteuert hat. Aus der Videoauswe­rtung und den Ermittlung­en ergebe sich eine astreine Indizienke­tte.

Der Angeklagte sei demnach zunächst wegen der Geschwindi­gkeitsüber­tretung auf der Autobahn und im Tunnel zu verurteile­n. Dabei gestehe man ihm eine per EU-Norm festgelegt­e Tachoabwei­chung von sieben Prozent zu, die dann dem Tatvorwurf einer Fahrgeschw­indigkeit von 290 km/h bei erlaubten 130 km/h auf der Autobahn und 241 km/h bei erlaubten 90 km/h im Tunnel entspricht. Zudem müsse der Fahrer auch wegen seiner gefährlich­en Fahrweise, der nicht angezeigte­n Fahrbahnwe­chsel, der Benutzung des Telefons während der Fahrt, und wegen der technische­n Verstöße zu einer angemessen­en Geldstrafe verurteilt werden. Dazu müsse auch ein Fahrverbot von zwölf Monaten kommen, so der Ankläger. Eine Bewährung oder Teilbewähr­ung sei angesichts der Sachlage nicht angebracht. Das Urteil ergeht am 15. Januar.

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Fotos: Alfonso Salgueiro Vor der Fondation Pescatore. Der Bus wird zur mobilen Orchesterb­ühne.
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Abfahrt vor der Philharmon­ie, dem „Heimathafe­n“der mobilen Musiker des OPL.
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Dieses Bild- oder Film-Souvenir lässt sich mit der Familie teilen.
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Im Freien, auf Terrassen, hinter Fenstern – ein glückliche­s Publikum.
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Geldstrafe und Führersche­inentzug

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