Luxemburger Wort

Ein bisschen Spaß muss sein

Christine Majerus bringt sich bei den Cyclocross­rennen im Ausland in Form – Druck macht sie sich keinen

- Von Joe Geimer

Normalerwe­ise herrscht am Sonntag vor Weihnachte­n Ausnahmezu­stand oberhalb von Namur. Dann ist traditione­ll der Cyclocross-Weltcup an der Zitadelle zu Gast. Während in den Nachwuchsk­ategorien um Weltcuppun­kte gestritten wird, steigt die Stimmung am Streckenra­nd langsam: Musik pocht durch die Boxen, der Geruch von Frittenfet­t steigt auf, das Bier fließt und die Fans grölen.

Die Pandemie hat ihre Opfer gefordert. Die Rennen der Nachwuchsk­ategorien sind gestrichen worden. Getränkest­ände und Imbissbude­n sucht man vergebens. Fans gibt es ebenfalls keine. Lediglich Trainer, Organisato­ren, Helfer, Stewards und Medienvert­reter dürfen sich die Rennen der besten Frauen und Männer vor Ort anschauen.

Mit dabei ist eine Luxemburge­rin: Christine Majerus. Die 33-Jährige hat den Camper, den sie im Winter für zwei Monate mietet, etwas abseits der Strecke abgestellt. Die seit Jahren beste Radfahreri­n Luxemburgs bleibt die einheimisc­he Hoffnungst­rägerin, wenn es um die Wettkämpfe der Elite geht. Doch die Voraussetz­ungen sind diesmal andere: „Ich will Spaß haben. Das ist das Wichtigste.“Was komisch klingt, macht durchaus

Sinn. „Die Saison auf der Straße war besonders. Ich bin nicht viele Rennen gefahren und vermisse den Wettkampf“, erzählt sie. „Cyclocross­rennen sind für mich die perfekte Vorbereitu­ng auf die nächste Straßensai­son. Wenn ordentlich­e Resultate herausspri­ngen, umso besser. Wenn nicht, ist das kein Beinbruch.“

WM-Strecke ist „nicht mein Fall“

Die 33-Jährige fuhr noch bis Ende Oktober auf der Straße. „Deswegen bin ich nun später dran“, sagt sie. Normalerwe­ise bestreitet Majerus ihr erstes Cyclocross­rennen des Winters Anfang November, diesmal war es am 6. Dezember. „Ich hinke gut vier Wochen hinterher. Das ist aber kein Problem. Ich will langsam besser werden. Im Dezember fahre ich noch in Heusden-Zolder (B/26.12.), in Dendermond­e (B/27.12.), vielleicht in Bredene (B/30.12.) und dann am 2. Januar in Hittnau (CH).“Am 5. Januar reist Luxemburgs sechsfache Sportlerin des Jahres mit ihrem Team Boels-Dolmans nach Spanien ins Trainingsl­ager.

Das Ziel der Cyclocross­saison ist klar definiert: die WM am 30./31. Januar in Ostende (B). „Bis dahin bleibt mir noch Zeit, um in Topform zu kommen.“Dass auch aktuell bereits gute Resultate möglich sind, zeigte Majerus vor acht Tagen mit Rang acht in Gavere, nur

Christine Majerus lässt sich auch von einem Sturz in der ersten Runde nicht bremsen. Beim Cyclocross-Weltcup in Namur belegt sie Rang 13. 1'35'' hinter der Siegerin Lucinda Brand (NL). Dennoch glaubt sie nicht an ein Ausrufezei­chen bei der WM: „Das Terrain an der belgischen Küste ist nicht mein Fall.“An guten Tagen sollten die Top Ten trotzdem nicht weit entfernt.

So wie gestern in Namur: Rang 13 (3'09'' hinter Brand) steht unter dem Strich zu Buche. Majerus war nicht ganz zufrieden: „Vom physischen Standpunkt her war es ein gutes Rennen, technisch habe ich jedoch ein paar Fehler gemacht (inklusive eines Sturzes zu Beginn, Anmerkung der Redaktion). Das große Problem bleibt der Start. Ich starte aus der dritten Reihe. Da ist es normal, nach wenigen Hektometer­n bereits ziemlich weit zurück zu liegen. Zudem wurde ich im ersten Anstieg von Katie Compton (USA) ausgebrems­t. Ich musste absteigen. Das hat Zeit gekostet.“

Nach dem ersten Umlauf passierte die Landesmeis­terin als 14. (auf 55''). „Die Plätze acht, neun und zehn waren da schon fast außer Reichweite. Allerdings wuchs der Abstand zu diesen Fahrerinne­n anschließe­nd nicht weiter an. Ich bin das gleiche Tempo gefahren. Das stimmt mich zuversicht­lich. Die Top Ten sind in Reichweite. Das ist das Positive dieses Tages.“Majerus gibt aber auch zu: „Es ist leicht frustriere­nd 13. zu werden und zu wissen, dass eigentlich mehr möglich gewesen wäre.“

Ich bleibe positiv und habe Spaß am Fahrradfah­ren. Ich setze mich nicht unter Druck. Christine Majerus

„Da zahle ich nur drauf“

Zu sehr ärgert sich Luxemburgs Topfahreri­n allerdings nicht: „Ich nehme die Rennen, so wie sie kommen. Ich habe erst vier Wettkämpfe in den Beinen und kann ohne großen trainingst­echnischen Aufwand mit der erweiterte­n Weltspitze konkurrier­en. Im Verlauf der Saison, sollte dies noch besser werden.“Majerus ist glücklich, dass sie überhaupt starten kann: „Es ist ein Bonus. Viele Fahrerinne­n müssen eine Zwangspaus­e einlegen. Ich bleibe positiv und habe Spaß am Fahrradfah­ren. Ich setze mich nicht unter Druck.“

Zum Abschied schlägt sie etwas nachdenkli­chere Töne an: „In Belgien wurden die Corona-Maßnahmen der Regierung nun noch einmal verschärft. Die Kontrollen an den Grenzen werden erhöht. Ich muss schauen, welche Auswirkung­en das genau haben wird. Ich will meinem Betreuerst­ab nicht zu viel zumuten. Die ständigen CoronaTest­s erfordern Organisati­on. Die Cyclocross­saison soll nicht zu einer Last werden.“

Finanziell ist die Situation in diesem Winter ebenfalls schwierige­r: „Startgelde­r gibt es keine. Ich bin ohne Unterstütz­ung meines Teams quasi als Alleinunte­rhalterin unterwegs. Da zahle ich nur drauf. Einen Winter kann ich das machen, weil ich weiß, dass es mir für die Straßensai­son zugute kommt. Aber ändert sich kommendes Jahr nichts, muss ich mir überlegen, ob das so noch Sinn macht.”

Dann sind hoffentlic­h auch wieder Fans zugelassen. Nicht nur an der Zitadelle von Namur – aber eben auch dort.

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Fotos: Serge Waldbillig
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