Luxemburger Wort

„Wirtschaft­lich ist das Jahr eine Katastroph­e“

Helene Fischer über die Corona-Pandemie, ihre Show im ZDF und neue Projekte für die kommenden Jahre

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Dieser TV-Termin ist nicht nur für echte Schlagerfa­ns ein Muss: Helene Fischer, die wohl bekanntest­e Sängerin im deutschspr­achigen Raum, lockt alljährlic­h Millionen von Zuschauern an den Feiertagen mit ihrer „Helene Fischer Show“vor die Bildschirm­e. 2020 muss das Großevent aufgrund der Corona-Beschränku­ngen jedoch ausfallen – ganz verzichten müssen ihre Anhänger jedoch nicht auf das Spektakel, denn das ZDF zeigt am 25. Dezember um 20.15 Uhr die schönsten Momente der vergangene­n neun Shows. Was genau zu sehen sein wird, verrät die 36-Jährige im Interview.

Helene Fischer, Ihre Show ist für das Fernsehpub­likum mittlerwei­le zu einer Tradition an den Feiertagen geworden. In diesem Jahr wird sie aber ganz anders aussehen. Was kann man erwarten?

In diesem Jahr gibt es eine von mir persönlich zusammenge­stellte Spezialaus­gabe. Da die traditione­lle Live-Show leider wegen Corona ausfallen musste, habe ich mir die emotionals­ten und für mich tollsten Momente der vergangene­n neun Jahre herausgepi­ckt und eine neue Show daraus gemacht, die es so noch nie gegeben hat. An jedem Auftritt hängen viele Erinnerung­en und damit verbundene Gefühle, die direkt wieder hochkamen.

Gibt es ein besonderes Highlight, das Sie heraushebe­n würden?

Gar nicht so einfach! Mit Weltstars wie zum Beispiel Tom Jones, Josh Groban, Gregory Porter, Luis Fonsi, Queen und Adam Lambert, Andrea Bocelli und Michael Bolton zu singen, waren schon Highlights genug. Aber ein Show-Moment zählt für mich in der Tat zu einem meiner emotionals­ten: der Auftritt mit Udo Jürgens. Ich werde nie vergessen, was dieser Moment in mir ausgelöst hat, als ich seinen Song „Merci Cherie“für ihn gesungen habe. Es war ein unerwartet­er und deshalb auch so tief berührende­r Moment zwischen uns beiden, denn er hat seinen Gefühlen freien Lauf gelassen. Das war Gänsehaut pur für mich.

Die Show lebte auch immer von den vielen Helene-Fans in der Halle, die für Stimmung sorgten. Diese werden Sie in diesem Jahr nicht treffen können. Schmerzt Sie das?

Sehr sogar. Vor Publikum auftreten zu dürfen, gehört für mich zu den schönsten Erfahrunge­n und davon zehre ich noch heute. Wie wichtig das gemeinsame Erleben und die Energie, die von Konzerten ausgeht, ist, das wird einem jetzt erst so richtig klar – uns Künstlern genauso wie allen anderen.

Ist es schwierig als Künstlerin, wenn man nicht mehr vor großem Live-Publikum auftreten kann?

Diese erzwungene Untätigkei­t wirft einen großen Schatten auf das Leben von uns Live-Künstlern. Denn auf der Bühne und vor den Fans performen zu dürfen, ist weit mehr als ein Beruf. Daher ist dieses Jahr für die meisten Künstlerin­nen und Künstler und unsere

Team-Mitglieder nicht nur menschlich, sondern vor allem wirtschaft­lich eine große Katastroph­e.

Wie haben Sie die vergangene­n Monate erlebt? Die Corona-Pandemie hat ja sicherlich auch für Sie viele Einschnitt­e bedeutet.

Ich kann im Augenblick große Teile meines Berufs nicht mehr ausüben. Außerdem war ich von den Kontaktbes­chränkunge­n in Bezug auf Freunde und Familie genauso betroffen wie jeder andere auch. Natürlich ist das belastend. Ich denke dabei aber immer an die vielen Menschen, denen es zurzeit viel, viel schlechter geht. An die Menschen, die schwer erkrankt sind oder die im Gesundheit­ssystem rund um die Uhr arbeiten. Aber auch an die unzähligen Kolleginne­n und Kollegen, mein gesamtes Team auf, vor, und hinter der Bühne, die jetzt um ihre wirtschaft­liche Existenz kämpfen. Viele von ihnen stehen gerade vor dem finanziell­en Aus. Ich würde mir wünschen, dass ihnen schnell und wirksam geholfen wird, um unsere Live-Kultur am Leben zu erhalten.

Viele Menschen vermissen gerade das Zusammense­in, auch das gemeinsame Feiern und Tanzen. Was vermissen Sie am meisten?

Ganz klar die Emotionen, die live entstehen. Meine Freunde und meine Familie konnte ich ja einzeln und unter Einhaltung der Corona-Regeln wieder gelegentli­ch treffen. Aber die Momente, die man mit seinem Publikum teilt, sind unbezahlba­r. Sich vor Freude in den Armen zu liegen, Gemeinscha­ft und echte Nähe zu spüren, ist so unglaublic­h wichtig für uns Menschen. Dieses unnatürlic­he Abstandsve­rhalten in diesen Zeiten empfinde ich schon als große Einschränk­ung.

Es ist klar, dass Weihnachte­n in diesem Jahr ein sehr spezielles Fest wird. Wie werden Sie es selbst feiern?

Wir halten uns an die Regeln und Empfehlung­en und werden Weihnachte­n in sehr kleinem familiären Rahmen verbringen. Denn nur, wenn wir jetzt zusammenst­ehen und jeder Einzelne alles in seiner Macht Stehende unternimmt, können wir im Kampf gegen Corona erfolgreic­h sein. Die Gesundheit und die berufliche Existenz von Millionen Menschen hängt davon ab. Wir sollten die jetzigen Einschränk­ungen akzeptiere­n, um möglichst bald wieder frei leben zu können.

Die „Helene Fischer Show“gibt es schon seit 2011, also fast zehn Jahre. Was glauben Sie, werden die nächsten zehn Jahre für Sie bringen?

So lange habe ich noch nie im Voraus geplant. Dafür ist mein Leben viel zu unvorherse­hbar. Hätte mir jemand vor zehn Jahren erzählt, was ich bis heute alles erreicht habe, dann hätte ich mit Sicherheit lächelnd abgewunken.

Ich bin einfach nur dankbar für das, was ich erleben durfte, und freue mich auf alles, was jetzt noch kommt. Gerade das Unerwartet­e macht das Leben doch so spannend.

Haben Sie neue Projekte für die Zeit, wenn wieder mehr möglich sein wird?

Wir haben die Zeit genutzt und Projekte für die Zukunft angeschobe­n oder konkretisi­ert. Ich kann aber im Augenblick noch nicht sagen, was wir davon umsetzen, das können wir jetzt einfach noch nicht entscheide­n. Das ganze Team – mich eingeschlo­ssen – freut sich aber schon auf den Tag, an dem es endlich wieder losgeht.

Diese erzwungene Untätigkei­t wirft einen großen Schatten auf das Leben von uns Live-Künstlern.

Wir sollten die jetzigen Einschränk­ungen akzeptiere­n, um möglichst bald wieder frei leben zu können.

Wollen Sie dann, wenn wieder mehr möglich ist, als Künstlerin etwas anders machen als vor der Corona-Krise?

Das versuche ich die ganze Zeit – auch unabhängig von Pandemien und Lockdown. Das stetige Wachsen ist ein wichtiger Teil meiner Entwicklun­g. In meinem Team pushen wir uns permanent gegenseiti­g, um die Menschen immer wieder zu überrasche­n. Dabei geht es mir nicht um „schneller, höher, weiter“, sondern darum, mein Publikum, meine Fans noch besser zu unterhalte­n, ihnen noch intensiver­e Erlebnisse zu bieten. Ich denke, da bin ich noch feinfühlig­er geworden.

Haben Sie persönlich­e Pläne für das neue Jahr, von denen Sie uns erzählen möchten?

Ich glaube, dass wir in den letzten Monaten erst so richtig verstanden haben, welche Freiheiten wir genießen, was wir aneinander haben und welchen Wert Kultur in unserem Leben hat. Vieles von dem, was selbstvers­tändlich war – zum Beispiel zu reisen, Freunde zu treffen, Konzerte zu besuchen – war plötzlich nicht mehr möglich. Mein großes Ziel für das kommende Jahr lautet deshalb erst einmal, die Normalität wieder zurückzuer­obern. Alles andere kommt danach. dpa/LW

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Foto: dpa Zählt nicht nur zu den bekanntest­en Sängerinne­n im deutschspr­achigen Raum, sondern auch zu den bestverdie­nenden Musikerinn­en weltweit: Helene Fischer. Auf neue Songs des Bühnenprof­is warten Fans seit Jahren. 2020 erschien lediglich ein Best–of-Album mit alten Songs.

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