Eine Wissenschaft für sich
Von Strömungslehre und ph-Wert-Regulation – Tipps und Tricks zur Zubereitung eines perfekten Käsefondues
Wenn an Heiligabend oder in der Silvesternacht das Fondue auf den Tisch kommt, möchte man ein Wort ganz sicher auf gar keinen Fall hören: Phasenseparation. Das bedeutet nämlich nichts anderes, als dass sich die leckere Käsemasse in ihre einzelnen Bestandteile aufgelöst hat – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.
Dieses Missgeschick gilt es natürlich tunlichst zu vermeiden und nicht nur das. Im Rezeptbuch wartet nämlich gleich eine ganze Reihe potenzieller Fettnäpfchen darauf, dass man in sie hineintritt. Glücklicherweise gibt es aber die Wissenschaft, die sich längst mit diesen Problemen befasst hat, denn letztendlich geht es beim perfekten Fondue um Strömungslehre, pH-Wert-Regulation und önologisches Fachwissen.
Regionale und klassische KäseKombinationen
Das fängt schon bei der Auswahl des richtigen Käses an. In der Schweiz hat man schon allein daraus eine eigene Wissenschaft für sich gemacht. So schwört man im Appenzellerland auf das Appenzeller Fondue, das – wer hätte es gedacht – Appenzeller Käse enthält. Im Kanton Freiburg hingegen erfreut sich der Freiburger Vacherin großer Beliebtheit und im Emmental schätzt man den Emmentaler ganz besonders. Warum auch nicht? Eine ganz klassische Kombination, die auch außerhalb der Schweiz vielfach verwendet wird, ist eine Mischung, die je zur Hälfte aus Greyerzer und Vacherin besteht.
Nur eines darf man bei der Käseauswahl natürlich nicht vergessen: „Fondue ist ein komplexes Multiphasensystem, dessen Rheologie (Fließverhalten, Anm. d. Red.) durch die Interaktion der kolloidalen Inhaltsstoffe festgelegt wird.“Das zumindest geben Pascal Bertsch, Laura Savorani und Peter Fischer von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) in ihrer wissenschaftlichen Studie über die Verformungs- und Fließeigenschaften von Käsefondue zu bedenken. Mit anderen Worten: Die Zutaten entscheiden darüber, wie cremig das Fondue wird – und vor allem, ob es auch so cremig bleibt oder ob die gefürchtete Phasenseparation droht.
Der Tipp der Wissenschaftler: Um die Phasenseparation zu verhindern, einfach ein wenig Kartoffelstärke hinzufügen. Die Kartoffelstärkekörner binden freies Wasser,
Sollten Sie mehrere Weine zur Auswahl haben, nehmen Sie den trockensten, denn der trägt dazu bei, die Gesamtsäure zu erhöhen. Peter Barham, Polymerphysiker
Die Entleerung des Magens findet deutlich langsamer statt, wenn zum Essen Alkohol getrunken wird. Studie ETH Zürich
quellen dabei auf, und dicken die Masse an. Die Stärke kann dem möglichst feingeriebenen Käse gleich zu Beginn beigemischt werden oder aber auch zuvor in ein wenig Weißwein oder Kirschobstler aufgelöst und dann der schmelzenden Käsemasse untergerührt werden.
Je trockener der Wein, desto besser
Mit dem Käse und der Stärke allein ist es natürlich nicht getan. Denn was wäre ein Fondue ohne den Weißwein? Wer es ganz perfekt machen will, der wählt den Wein aus derselben Region wie den Käse. „Sollten Sie mehrere Weine zur Auswahl haben, nehmen Sie den trockensten, denn der trägt dazu bei, die Gesamtsäure zu erhöhen“, empfiehlt der britische Polymerphysiker und emeritierte Professor der Universität Bristol Peter Barham für die Weinauswahl. Der Wein macht die Käsemasse nämlich nicht nur durch seinen Wasseranteil flüssiger. Er reduziert auch den pH-Wert, der Auskunft über den Säuregehalt gibt, macht die Käsemischung also ein klein wenig säurehaltiger.
Die Forscher der ETH Zürich haben herausgefunden, das sich der pH-Wert der Käsemasse durch das Hinzufügen des Alkohols von 5,5 auf 4,7 ändern lässt. Dadurch nimmt laut Angaben der Wissenschaftler
die elektrostatische Bindung zwischen den Kasein-Teilchen beziehungsweise zwischen den Kasein- und Kalzium-Teilchen in der Käsemasse ab, was wiederum die Viskosität verringert.
Damit aber nicht genug. „Der Alkohol reduziert die Größe der Kasein-Mizellen und führt so zu einer Herabsetzung der Viskosität der Molkereiprodukte“, heißt es dazu in der Studie der ETH Zürich weiter, wobei mit den Kasein-Mizellen Kügelchen aus Käseproteinen gemeint sind.
Wem das Ganze nun zu schwer wird, der greift ja gerne mal zu einem Verdauungsschnaps. Es ist allerdings ein Irrtum zu glauben, dass sich so die Verdauung beschleunigen ließe. Das legen zumindest die Forschungen von Mark Fox und seinem Team von der Universität Zürich nahe.
Die Gastroenterologen haben an einer kleinen Stichprobe mit 20
Probanden im Alten von 23 bis 58 Jahren untersucht, welchen Effekt Alkohol auf die Verdauungsgeschwindigkeit eines Käsefondues hat. Laut Versuch findet die Magenentleerung nach dem Essen sogar deutlich langsamer statt, wenn
Alkohol zum Essen getrunken wird. Ein Trost für alle, die gerne einen Schnaps trinken möchten, bleibt aber natürlich: Inwieweit dieser einen Einfluss auf eventuelle Magenprobleme hat, wurde nämlich nicht untersucht.