Ein harter Brocken
Gesundheitsausschuss berät über das neue Covid-Gesetz
Es gab offensichtlich viel Klärungsbedarf. Denn die Mitglieder des Gesundheitsausschusses saßen gestern dreieinhalb Stunden mit Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) zusammen, um über den vorerst letzten Entwurf zu den Covid-Maßnahmen zu beraten.
Dabei gab es nicht nur Lob. Vor allem die Oppositionsparteien sparten nicht mit Kritik. Einerseits begrüßt Claude Wiseler (CSV), dass die Maßnahmen endlich verschärft werden. Der gesundheitspolitische Sprecher der CSV fühlt sich dadurch in seiner Einschätzung bestätigt: „Es geht in die richtige Richtung. Es besteht aber noch viel Klärungsbedarf.“Ganz allgemein beanstandet Wiseler die „zahlreichen technischen Fehler“in dem Text.
Mit einigen Punkten hat Wiseler Probleme: „Ich verstehe nicht, wieso die Ausgangssperre auf 21 Uhr festgelegt wird, wenn alle Aktivitäten, die dadurch unterbunden werden sollen, eh längst verboten sind. Eine Ausgangssperre ist eine sehr scharfe Maßnahme. Die Zielsetzung der Verlängerung ist unklar. Wir müssen aufpassen, dass die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt.“
Probleme mit dem Datenschutz
Eine Schwachstelle macht er beim Datenschutz aus. So sollen die Daten der Personen, die geimpft wurden, 20 Jahre lang aufbewahrt werden, ohne dass sie anonymisiert werden. Wiseler zeigt Verständnis, dass die Daten gespeichert werden müssen, 20 Jahre sei aber eindeutig zu lang.
Der CSV-Sprecher vermisst in dem Text, den die Regierung noch am Montag auf den Instanzenweg geschickt hatte, zudem klare Regelungen für den geplanten Congé pour raisons familiales, der notwendig wird, weil die Schulen nach den Ferien für eine Woche auf Fernunterricht umstellen.
Kein Verständnis hat Claude Wiseler für den Vorstoß, dass Staatsbeamte verpflichtet werden sollen, Verstöße gegen die Quarantäne und die Isolierung bei der Staatsanwaltschaft zu melden. Dadurch werde dem Denunziantentum Tür und Tor geöffnet, befürchtet er.
Das sieht Marc Baum von Déi Lénk genau so. Er glaubt, dass die Beamten dadurch zu Denunzianten gemacht werden. Seine Kritik fällt insgesamt recht heftig aus: „Die Regierung hat zu spät reagiert und schießt nun wild um sich.“Die Maßnahmen hält er für übertrieben und nicht verhältnismäßig: „Die Fehler aus der Vergangenheit sollen nun nachträglich geradegebogen werden.“
Während er die meisten Regeln für übertrieben hält, vermisst Marc Baum aber spezifische Maßnahmen am Arbeitsplatz. Dabei habe sich längst bestätigt, dass der Arbeitsplatz neben dem familiären Umfeld eine der Hauptinfektionsquellen sei.
Langzeitstrategie
Auch aus den Reihen der Mehrheitsparteien kamen kritische Fragen. Zwar führt für die grüne Fraktionschefin Josée Lorsché kein Weg an strengeren Regeln vorbei, doch sie vermisst im Kampf gegen die Pandemie eine Langzeitstrategie mit klar definierten Kriterien. „Die Regierung ist nach wie vor in einem Modus des schnellen Handelns“, so Lorsché. Damit die Regeln angenommen und respektiert werden, brauche die Bevölkerung Planbarkeit. Die sich ständig verändernden Maßnahmen würden die Menschen verunsichern.
Der Ausschussvorsitzende Mars Di Bartolomeo (LSAP) hebt hervor, dass die aktuellen Maßnahmen zwar Wirkung zeigen, dass es aber nicht ausreicht, um das medizinische Personal genügend zu entlasten. Daher hält er eine erneute Verschärfung der Regeln für unverzichtbar, auch die um zwei Stunden verlängerte Ausgangssperre: „Das ist der Preis, den wir bezahlen müssen, um eine Perspektive zu haben“, so der Kommissionspräsident. Für Di Bartolomeo ist die Botschaft unmissverständlich: „Wir müssen die Kontakte auf ein absolutes Minimum beschränken, auch wenn es wehtut.“
Luft verschaffen
Ähnlich sieht es auch DP-Fraktionschef Gilles Baum. Seiner Meinung nach muss man die Verschärfung der geltenden Regeln in Kauf nehmen, „um den Krankenhäusern und dem medizinischen Personal Luft zu verschaffen“. Die Verlängerung der Ausgangssperre um zwei Stunden und die Schließung der Geschäfte seien zwar einschneidende Maßnahmen, doch sie seien unumgänglich, um die Zahl der Kontakte weiter zu reduzieren. In Bezug auf die Schließung des Einzelhandels erklärt er, dass die Zeit zwischen den Jahren „gut gewählt“sei und dass die Maßnahme zeitlich überschaubar sei. Zudem könnten die Geschäftsleute mit staatlichen Hilfen rechnen.
Wenn alles klappt, dann wird das Parlament am Donnerstag über den Gesetzentwurf abstimmen. Morgen kommt der Gesundheitsausschuss noch einmal zusammen, um das Gutachten des Staatsrats zu analysieren.
Doch die Weihnachtsferien dürften in diesem Jahr etwas kürzer ausfallen. Weil das Gesetz bereits am 10. Januar ausläuft, muss bis dahin ein neuer Text verabschiedet werden. Die Restaurants bleiben noch bis zum 15. Januar geschlossen.
Die Regierung hat zu spät reagiert und schießt nun wild um sich. Marc Baum, Déi Lénk