Ein Lichtblick in schwierigen Zeiten
Ausstellung über 75 Jahre Oeuvre Nationale de Secours Grande-Duchesse Charlotte – eine Geschichte der Solidarität
Zum Teil sind es sehr bekannte Bilder, wie etwa die der Luxemburger auf der Flucht oder in den Kellern während der Ardennenoffensive im Winter 1944, aber auch sehr unerwartete Dokumente, die das Staatsarchiv aus seiner eigenen Sammlung zusammengetragen hat. In dessen langen Flur wird derzeit eine Ausstellung zum 75. Jubiläum der Oeuvre Nationale de Secours Grande-Duchesse Charlotte gezeigt.
Diese Rückblende in die nahe Vergangenheit trägt den Titel „Eine Geschichte der Solidarität“und schildert das Werden und Wachsen eines Hilfswerks, geboren in einer Zeit der großen Not, deren erste Fundamente aber noch mitten während der Kriegsjahre gelegt wurden. Zu Weihnachten 1944 hat Großherzogin Charlotte dann ganz offiziell per Dekret das nach ihr benannte Hilfswerk ins Leben gerufen.
Das Weihnachtsfest damals dürfte wohl eines der traurigsten gewesen sein, das je in Luxemburg gefeiert wurde. Ein außergewöhnlich strenger Winter mit viel Schnee und eisiger Kälte plagte damals die Bewohner Luxemburgs genauso wie die Ungewissheit über den Ausgang des Zweiten Weltkrieges.
Ein großes Schwarz-Weiß-Bild zeigt Großherzogin Charlotte, wie sie damals noch in London im Exil die Gründungsakte der „Oeuvre“unterzeichnet hat; hinter ihr steht Staatspräsident Pierre Dupong. Die Landesfürstin war während des Krieges zum Symbol geworden für eine Erneuerung in Freiheit und Unabhängigkeit, ihr Name sollte die gedrückte Moral der Luxemburger heben und zugleich Garant sein für die Bereitstellung von Fonds.
Diese Dokumente in der Ausstellung wiederzufinden, ist schon irgendwie ergreifend – ein einfaches Stück Papier, das aber so vieles
Sie war der Lichtblick, ihr Hilfswerk ist es auch heute noch: Großherzogin Charlotte. in 75 Jahren ins Rollen gebracht hat – und das nicht nur die Lostrommeln der Nationallotterie, die bis heute Geld für die „Oeuvre“einspielt. Die Räder, mit denen einst landauf, landab die Ziehung der Gewinnerlose ermittelt wurden, sind auch zu sehen.
Ebenso berührend ist die groß aufgezogene Reproduktion einer Zeitungsseite mit Kleinanzeigen, dank derer sich Familien damals untereinander ausgetauscht haben, um so mitzuteilen, dass sie nach der Flucht bei der Familie im Süden des Landes gut untergekommen sind. Diese Zeitdokumente strahlen eine tiefe Tristesse aus, genauso wie das erste Plakat des nationalen Hilfswerks, das der Grafiker und Drucker Raymond Mehlen entworfen hat und 1945 überall im Land angebracht wurde. Der Stil: sehr expressionistisch und dem damaligen Zeitgeist angepasst.
Mit Plakaten, aber auch mit der Nationallotterie und ihrem vielfältigen Unterhaltungsprogramm macht die Ausstellung deutlich, wie wichtig die Kultur immer wieder für das Hilfswerk war. Es förderte nicht nur Künstler, es setzte die Kunst auch zum Wiederaufbau der Gesellschaft ein, und das nach einer schwierigen Zeit, geprägt von Krieg, Zwangsrekrutierung, Flucht und Deportation.
Heute hat sich natürlich vieles verändert, die Kultur aber ist neben Soziales, Umwelt, Sport und Gesundheit sowie Erinnerungskultur eines der fünf Schwerpunkte der „Oeuvre“geblieben. Sie unterstützt künstlerische Projekte mit sozialer Dimension, die ein Instrument für Inklusion, Bildung oder Vernetzung sind. Über einen Spezialfonds fördert sie auch werdende Künstler.
Diese Ausstellung zeichnet auf berührende Weise die Geschichte des Hilfswerks der Großherzogin.
Bis zum 24. April 2021 im Staatsarchiv. www.anlux.lu