Luxemburger Wort

Corona-Herz

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Die Weihnachts­tage beginnen in meiner Familie traditione­ll am 23. Dezember. Dann wird gemeinsam gegessen und begleitet von einem guten Tröpfchen Wein der Christbaum geschmückt. Eine Tradition, die mittlerwei­le politisch korrekt angepasst ist: Versahen früher die Männer den Baum mit Ständer und Lichterket­te und widmeten sich die Frauen dann dem Schmücken, gibt es mittlerwei­le Schwiegers­öhne, die mit Herz und Seele all die herrlich kitschigen Schmuckstü­cke anbringen, die sich im Laufe der Jahre angesammel­t haben. Und davon gibt es eine Menge: geschminkt­e Fische mit Glitzer und Federn, üppige Frauenfigu­ren in

Es wird ein Abend der Dankbarkei­t und Wehmut.

der Badewanne, zarte Elfen in Tüll, in Brokat gehüllte Giraffen und Affen, der auf dem Delfin reitende Santa Claus aus Florida. Jedes Stück erinnert an eine Reise, eine Stadt, ein bestimmtes Jahr, ein Familienmi­tglied oder Freunde, jedes Stück erzählt eine Geschichte. Dieses Jahr kam ein funkelndes blutrotes Herz von Swarovski dazu. Es wird uns für immer daran erinnern, dass Weihnachte­n 2020 anders war. Die Kinder kommen verteilt über die Weihnachts­tage – der Schwiegers­ohn natürlich heute zum Baumschmüc­ken – und wenn normalerwe­ise der gemütliche Teil begann, sich die Stimmung langsam ihrem Höhepunkt der Ausgelasse­nheit näherte und dem Gesamtkuns­twerk der letzte Schliff verpasst wurde, heißt es aufbrechen, um vor der Sperrstund­e zu Hause zu sein. Dafür wird aber auch ein Hauch von Dankbarkei­t und Wehmut wehen. Dankbarkei­t dafür, dass unsere Lieben von Corona verschont blieben und Wehmut beim Gedanken an all die Kollegen, die nie mehr Gazettchen fürs „Wort“schreiben werden. Annette

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