Neues Abenteuer
Erstes Luxemburger Kontinentalteam der Frauen trägt den Namen Andy Schleck Cylces-CP NVST-Immo Losch
„Vielleicht werden wir es bis zu einem UCI-Team schaffen. Ich weiß es nicht. Es ist kein Ziel, das wir mit aller Macht anstreben. Wenn unsere Entwicklung allerdings erfolgreich verläuft, ist dies vielleicht der nächste logische Schritt. Dazu müssten wir allerdings zusätzliche Sponsoren finden und uns breiter aufstellen.“Diese Worte von Claude Losch stammen aus dem März dieses Jahres. Der Teammanager der Mannschaft Andy Schleck Cycles-Immo Losch hatte damals wohl eine Vorahnung.
Seitdem ist in der Radsportwelt viel passiert. Die Corona-Pandemie verkürzte die Saison. Fahrer und Fahrerinnen mussten umplanen und viel Geduld aufbringen. „Etwas Gutes hatte die ganze Situation. Wir konnten uns länger Gedanken machen, wohin unsere Reise führen soll. Wir hatten Zeit zum Planen“, verrät Losch. „Wir sind stolz, mitteilen zu können, dass unsere Mannschaft im Jahr 2021 als UCI-Team registriert sein wird.“Am 22. Oktober verriet diese kurze Message auf Instagram, dass die Überlegungen gefruchtet hatten.
Wertvolle Förderung
Im Klartext: Nach drei Saisons ist der nächste logische Schritt gelungen. Beim Weltverband hatten Losch und Co. den Antrag gestellt, um die Lizenz als Kontinentalteam zu erhalten. Die UCI gab ihre Zusage. Erstmals in der Luxemburger Radsportgeschichte wird es somit 2021 ein einheimisches UCI-Team der Frauen geben. Vorbei sind somit die Zeiten als Regionalteam oder Renngemeinschaft. Losch ist sich sicher: „Die Mädchen haben sich das verdient. Wir haben alle Argumente abgewogen und uns für die neue Ausrichtung entschieden.“
Losch ist seit 2007 Präsident des SaF Zéisseng. Zudem ist er so etwas wie der Motor und Ideengeber für das behutsam aufgebaute Projekt des Frauenteams. „Unser primäres Ziel ist es, den einheimischen Frauen eine Chance, eine Plattform zu bieten. Die Mannschaft bietet den Sportlerinnen die Gelegenheit, an Rennen im Ausland teilzunehmen. Uns geht es darum, eine breite Basis zu schaffen, um die Nachfolge von Christine Majerus zu sichern. Als wir starteten, gab es überhaupt keine Möglichkeiten für die Mädchen. In Luxemburg hinkte der Frauenradsport weit hinterher. Seitdem hat sich einiges getan. Doch wir sind nicht am Ende unseres Weges angekommen“, wiederholt er gerne.
Der Unterhalt einer Kontinentalmannschaft ist wesentlich kostspieliger. Um das sechsstellige Budget zu stemmen, sind die meisten Sponsoren dabei geblieben. Sie haben ihre Beteiligungen gar erhöht. Des Weiteren konnten zusätzliche Geldgeber an Land gezogen werden – darunter zwei niederländische Sponsoren. Die Bankgarantie für das kommende Jahr konnte so problemlos beim Weltverband hinterlegt werden. Losch klärt auf: „Die meisten Geldgeber mussten nicht großartig überzeugt werden. Sie waren sofort an Bord. Auch Andy Schleck war gleich begeistert. Ein dritter Namenssponsor ist hinzugekommen.
Das Team heißt künftig Andy Schleck Cycles-CP NVST-Immo Losch.“Der Teammanager ergänzt: „Die Anforderungen, um die UCI-Lizenz zu erhalten, sind erheblich. Bei den Rennen wird uns dies jedoch zugutekommen, da sämtliche Kosten wie die Übernachtungen in den Hotels vom Veranstalter getragen werden. Die Ausgaben sollten sich demnach im Laufe der Saison, denen aus den den vergangenen Jahren annähern.“
Faber kehrt zurück
Damit es mit dem Team vorwärts geht, kam es vor der Saison 2020 zu einer Art Fusion. Fünf Fahrerinnen
des Teams MEXX–Watersley International wechselten ins Großherzogtum. Hinzu kam Tjarco Cuppens als verantwortlicher Sportlicher Leiter, der gleich noch ein paar Personen aus dem Betreuerstab mitbrachte. Dennoch war das Team noch nicht breit genug aufgestellt, um das Kontinentalabenteuer anzugehen. Das hat sich nun geändert.
Cuppens bleibt der Chef im sportlichen Bereich, drei weitere Sportliche Leiter helfen aus. Ein Mechaniker konnte fest angestellt werden. Auch ein Kleintransporter wurde angeschafft. Neben der Kontinentalmannschaft wird auch ein Development-Team betreut, vor allem um den jungen luxemburgischen Sportlerinnen die Gelegenheit zu bieten, Erfahrungen zu sammeln. „Die beiden Strukturen werden eng miteinander arbeiten“, verrät Losch.
Das Gesicht des Frauenteams hat sich verändert. Gestiegene Ambitionen sind gleichbedeutend mit einem höheren Leistungsprofil. Mittlerweile ist der Kader für die kommende Saison (fast) komplett. 18 Fahrerinnen stehen im Aufgebot, darunter vier Luxemburgerinnen. Aber: Aus dem Quartett wird noch ein Quintett werden. Letzte Details bleiben noch zu klären, doch Claire Faber wird sich wieder ihrem ehemaligen Team anschließen. Die anderen vier einheimischen Fahrerinnen sind Maïté Barthels, Mia Berg, Nina Berton und Annika Lüthje.
Lüthje ist die große Unbekannte. Die 31-Jährige lebt und studiert in Thailand. Beim Blick auf die Resultatsliste der Thailand-Rundfahrt im Oktober ist Cuppens auf ihren Namen gestoßen. Vor vier Jahren hat sie mit dem Radsport begonnen. Im Sommer wird Lüthje nach Luxemburg zurückkehren und sich dem Team anschließen.
Teilnahme an WorldTour-Rennen
Ansonsten stechen die Namen von Carolin Schiff, die Gesamtsiegerin der deutschen Bundesliga (2020) und ehemalige deutsche Bergmeisterin (2019), von Mie Björndal Ottestad, der amtierenden norwegischen Straßenmeisterin, und von Lauren Murphy, einer ehemaligen britischen Landesmeisterin bei den Juniorinnen, hervor.
Unser primäres Ziel ist es, den einheimischen Frauen eine Chance, eine Plattform zu bieten. Teammanager Claude Losch
Die meisten Geldgeber mussten nicht großartig überzeugt werden. Sie waren sofort an Bord. Teammanager Claude Losch
Die Saisonplanung bleibt in Pandemie-Zeiten ein Drahtseilakt. Ein gemeinsamer Lehrgang Ende Januar musste bereits abgesagt werden. Geplant ist, dass die Dubai Tour (5.-8. Februar 2021) das erste Saisonrennen sein wird. Anschließend soll es weitergehen mit der Valencia-Rundfahrt (18. bis 21. Februar), dem Omloop Het Nieuwsblad (27. Februar) und dem Omloop van Het Hageland (28. Februar). Neben der Teilnahme an einer Reihe von Rennen der WorldTour gehört das Ceratizit Festival Elsy Jacobs (30. April bis 2. Mai), vor eigenem Publikum ebenfalls zu den Saisonhöhepunkten.
Dann können sich die Radsportfans aus dem Großherzogtum einen genauen Eindruck vom ersten Luxemburger Kontinentalteam der Frauen machen, von dem vor drei Jahren noch niemand zu träumen wagte – außer vielleicht Claude Losch.