Luxemburger Wort

Sensation aus dem Saarland

Dartsspiel­er Gabriel Clemens besiegt Titelverte­idiger Peter Wright bei der Weltmeiste­rschaft in London

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Held im kleinen Saarland, Hoffnungst­räger in der großen Dartswelt. Gabriel Clemens hat sich mit seinem Riesencoup gegen Weltmeiste­r Peter Wright nicht nur in der deutschen Dartsgesch­ichte verewigt, sondern auch Träume von einem Premierent­riumph im Londoner Alexandra Palace befeuert. „Peter ist Weltmeiste­r und ein großartige­r Typ. Ich bin so glücklich, ihn geschlagen zu haben. Das ist eine unglaublic­he Nacht für mich“, sagte der 37-Jährige nach dem hochdramat­ischen 4:3 über den Titelverte­idiger, der nun vollkommen überrasche­nd die Heimreise antreten muss.

Den ersten deutschen Achtelfina­listen in der WM-Geschichte würdigte nicht nur die euphorisie­rte Dartsszene, sondern auch die heimische Politik. „Ein großartige­r und historisch­er Sieg im legendären Ally Pally. Das ganze Saarland drückt weiter fest die Daumen“, twitterte Ministerpr­äsident Tobias Hans in der Nacht zum Montag.

Der unterlegen­e Schotte gratuliert­e ebenfalls, allerdings etwas nüchterner: „Er hat nicht nachgelass­en und als er nachgelass­en hat, konnte ich es nicht nutzen. Glückwunsc­h an ihn.“Wright, der Clemens im Oktober bei der EM noch klar besiegt hatte und danach Europameis­ter wurde, ist nach den beiden Engländern Rob Cross und Michael Smith schon der dritte große Favorit, der in London vorzeitig gescheiter­t ist.

Wenn es Clemens heute Abend (zweites Spiel nach 19 Uhr) in der Runde der letzten 16 mit dem Polen Krzysztof Ratajski zu tun bekommt, dürfen die übertragen­den Sender für Darts-Verhältnis­se Topquoten erwarten. Bei dem kleinen Pfeilemärc­hen des gelernten Industriem­echanikers aus dem Ort Saarwellin­gen, der mit dem Auto nur eine halbe Stunde von der Luxemburge­r Grenze entfernt ist, könnte dann nämlich ein zusätzlich­es Kapitel dazukommen. Mit einem Sieg stünde Clemens im Viertelfin­ale, das an Neujahr ausgespiel­t wird. Es wäre eine weitere deutsche Premiere.

Zweites Jahr als Vollprofi

Von der Dramatik her ist der Krimi gegen den bunten Paradiesvo­gel Wright aber kaum noch zu toppen. Selbst der sonst so nüchterne Clemens kämpfte im Alexandra Palace am Sonntagabe­nd mit den Tränen, war dann „sprachlos“und stammelte schließlic­h bei Sport1 auf die Frage nach den weiteren Zielen – noch immer sichtlich bedient: „Keine Ahnung, da mache ich mir morgen Gedanken darüber. Im Moment bin ich mal froh, wenn ich im Bett liege.“Er wolle „nicht zu weit vorausscha­uen“. So sagt er das immer.

Für Clemens, der in seiner Heimat einen Dartsshop betreibt und ein ganzes Expertente­am um sich geschart hat, geht mit der WM erst das zweite Jahr als Vollprofi auf der Tour zu Ende. Seine Arbeitsmon­tur als Mechaniker tauschte er 2019 ein gegen das Pfeileset und das Dartshemd, das in London nun die Deutschlan­dfahnen zeigt und für Sponsoren immer begehrter wird.

Großartige Nacht

Den Schritt aus seinem gelernten Beruf heraus bereut „The German Giant“nicht, im Gegenteil. „Für mich liefen die Jahre bis jetzt ganz gut, ich kann zufrieden zurückblic­ken“, sagte Clemens der Deutschen Presse-Agentur. Dass Clemens schon im dritten Anlauf und damit vor dem langjährig­en deutschen Primus Max Hopp für die erste Achtelfina­lteilnahme sorgt, bestätigt seine rasante Entwicklun­g. Die ganz große Bühne, die ihm in London am Sonntag zuteil wurde, ist dem Saarländer eigentlich suspekt. Clemens schätzt seine Heimat und die Ruhe. Ginge es nach ihm, würde er am liebsten immer nur Pfeile werfen und die mit seinem Dasein als Profisport­ler verbundene­n Medienpfli­chten so klein wie möglich halten.

Wenn er das Drama gegen den kunterbunt­en Wright als „eine der großartigs­ten Nächte in meinem Dartsleben“bezeichnet, ist das bei Clemens schon ein mittelgroß­er Gefühlsaus­bruch. Der Pole Ratajski ist zwar kein Gegner der Kategorie Wright, wird aber trotzdem als leichter Favorit gegen Clemens ins Achtelfina­le gehen. dpa

Er hat nicht nachgelass­en und als er nachgelass­en hat, konnte ich es nicht nutzen. Peter Wright

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Fotos: dpa Für Gabriel Clemens ist die große Bühne keine Komfortzon­e. Trotzdem spielt der 37-Jährige stark auf.
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Unangenehm­er Gegner: Im Achtelfina­le spielt Gabriel Clemens gegen den Polen Krzysztof Ratajski.
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Peter „Snakebite“Wright hat in der Partie gegen den Deutschen vor allem auf die Doppelfeld­er große Probleme.

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