Luxemburger Wort

Im Auge des Sturms

Die britische Regierung versucht, die Überforder­ung der Kliniken durch eine neue Impfstrate­gie in den Griff zu bekommen

- Von Peter Stäuber (London)

Die zweite Corona-Welle hat Großbritan­nien mit aller Wucht getroffen. Fast täglich werden bei den Infektions­zahlen neue Höchstwert­e verzeichne­t, viele Krankenhäu­ser haben Alarm geschlagen, weil sie überfüllt sind. Am Samstag meldeten die Behörden mehr als 57 000 Covid-Neuinfekti­onen innerhalb von 24 Stunden, der bisherige Höchstwert. Fast 24 000 Patienten liegen im Krankenhau­s – auch das ist ein Rekord.

„Sehr gefährlich­e neue Phase“Die Lage könnte laut Gesundheit­smitarbeit­ern bald eskalieren. Ärzte und Pfleger warnen, dass der Gesundheit­sdienst NHS schon in den kommenden Tagen überforder­t werden könnte. Der Vorsitzend­e des NHS in England, Simon Stevens, sagte, seine Mitarbeite­r seien „erneut im Auge des Sturms“. Ein medizinisc­her Berater der Regierung warnte, dass Großbritan­nien „eine sehr gefährlich­e neue Phase der Pandemie betritt“.

Verantwort­lich für das Ausmaß der Krise ist die neue Mutation des Corona-Virus, die deutlich ansteckend­er ist als die frühere. „Es gibt einen riesigen Unterschie­d in Bezug auf die Geschwindi­gkeit, mit der sich die neue Virus-Variante ausbreitet“, sagte Professor Axel Gandy vom Imperial College in London. Eine neue Studie seiner Universitä­t hat ergeben, dass sich die Übertragun­g dieser Variante selbst während des Lockdowns im November verdreifac­hte.

Besonders schwer getroffen von der zweiten Welle ist der Südosten Englands, darunter London sowie die Grafschaft­en Essex und Kent. Mehrere Krankenhäu­ser in dieser Region haben ihre Kapazität bereits überschrit­ten – es fehlt an genügend Pflegern. Ein Notfallmed­iziner in London berichtete gegenüber der Presse, dass die Ambulanzen vor vielen Krankenhäu­sern Warteschla­ngen bilden: „Die Patienten müssen oft stundenlan­g darauf warten, eingeliefe­rt zu werden, weil es schlichtwe­g keinen Platz für sie gibt“. Die Regierung hat auf die dramatisch­e Lage zunächst einmal reagiert, indem sie die Impfstrate­gie geändert hat. Ursprüngli­ch sollten die zwei Dosen der zwei Vakzine, die bereits zugelassen sind, in einem Abstand von drei bis vier Wochen verabreich­t werden. Die Wirksamkei­t wurde gemäß dieser Verabreich­ungsmethod­e eruiert.

Aber kurz vor dem Jahreswech­sel kündigten die Behörden an, den Patienten die zweite Dosis der Vakzine erst nach rund drei Monaten zu spritzen. Die medizinisc­hen Chefbeamte­n Großbritan­niens argumentie­ren, dass bereits die erste Dosis der Vakzine einen „erhebliche­n Schutz“bereitstel­le. Weil sich das Virus so schnell ausbreite, müsse die zweite Dosis mit Verzögerun­g verabreich­t werden, damit genügend Leuten die erste Spritze erhalten können.

Virologen sind gespalten bezüglich des Strategiew­echsels: Manche sehen darin einen pragmatisc­hen Schritt, andere hingegen befürchten, dass die Wirksamkei­t der Vakzine beeinträch­tigt werden kann. Der Pharmaries­e Pfizer, der zusammen mit dem deutschen Unternehme­n Biontech den ersten zugelassen­en Impfstoff entwickelt hat, sagte, dass sich die „Sicherheit und Wirksamkei­t“ihrer Arznei auf die Verabreich­ung im Abstand von drei Wochen beziehe.

Aber auch jenseits der Kontrovers­e um das Impfprogra­mm steht die Regierung in der Kritik, weil sie zu zögerlich gegen die Ausbreitun­g des Virus vorgehe. Zwar führte Johnson kurz vor den Weihnachts­ferien schärfere Regeln ein, aber offensicht­lich reichen sie nicht, um die zweite Welle einzudämme­n. Viele Politiker fordern einen landesweit­en Shutdown.

Angesproch­en auf die drohende Eskalation der Pandemie sagte Premiermin­ister Boris Johnson am Sonntagmor­gen, dass schärfere Einschränk­ungen schon bald zu erwarten sind. „Es wird holprig werden“, meinte er.

Auf der Insel laufen heute die Impfungen mit dem heimischen Präparat der Universitä­t Oxford und des Pharmakonz­erns Astrazenec­a an. Anders als der Pfizer/Biontech-Impfstoff kann das britische Vakzin bei Kühlschran­ktemperatu­ren gelagert werden, was Transport und Lagerung erleichter­t.

eine gute Nachricht. Der Investitur­block wird gestärkt, er wird die ganze Legislatur­periode überstehen und Staatsleit­ung sein.“Die spanische Opposition verstand die Sätze sofort. Und zwar so: Ab jetzt regiert in Spanien Bildu mit. Die Konservati­ven, und nicht nur die, begannen zu zittern.

Bildu – mit vollständi­gem Namen Euskal Herria Bildu – ist ein linkes baskisches Wahlbündni­s, dem auch Überreste von Batasuna angehören, dem politische­n Arm der ETA. Bildu-Chef Arnaldo Otegi ist ein Ex-Terrorist, der es noch nicht übers Herz gebracht hat, öffentlich für seine terroristi­sche Vergangenh­eit um Entschuldi­gung zu bitten. Das ist vielen baskischen Wählern egal: Bildu ist die zweitstärk­ste politische Kraft im

Jenseits von symbolisch­en Siegen fehlt es den Separatist­en an der Macht, ihrem wesentlich­en Ziel näherzukom­men: der Aufspaltun­g Spaniens.

Baskenland (bei den Regionalwa­hlen 2019 erhielt sie knapp ein Viertel der Stimmen) und auch mit fünf Abgeordnet­en im spanischen Parlament vertreten. Und die unterstütz­en neuerdings die linke Koalitions­regierung von Premiermin­ister Pedro Sánchez und seines Stellvertr­eters Iglesias.

Referendum mit der Brechstang­e Eine weitere Stütze für ihre Regierung haben Sánchez und Iglesias in Esquerra Republican­a de Catalunya (ERC) gefunden, die sich keiner terroristi­schen Vergangenh­eit schämen muss, aber mit Bildu das Ziel der Abspaltung von Spanien teilt – in ihrem Fall die Abspaltung Katalonien­s. Wenn sich die 13 ERC-Abgeordnet­en im spanischen Parlament mit ihren Bildu-Kollegen unterhalte­n, tun sie das wahrschein­lich auf Spanisch, denn das ist die gemeinsame Sprache aller Spanier, seit Jahrhunder­ten. In Katalonien wird daneben auch Katalanisc­h gesprochen und im Baskenland auch Baskisch.

Die Separatist­en möchten diese Sprachen (mindestens auf längere Sicht) zur jeweils einzigen Sprache

Ob in Katalonien (oben) oder im Baskenland (unten), die Separatist­en in Spanien haben Blut geleckt und werden ihr Ziel der Abspaltung weiter verfolgen.

in ihrer Region machen. So haben sie der Sánchez-IglesiasRe­gierung gerade das Zugeständn­is abgerungen, aus dem spanischen Schulgeset­z die Definition des Spanischen als „Verkehrssp­rache“aller Spanier zu streichen. Solche Dinge lassen die Opposition zittern, wenn sie an den Einfluss von ERC und Bildu auf die spanische Politik denken.

Doch jenseits von symbolisch­en Siegen fehlt es den Separatist­en an der Macht, ihrem wesentlich­en Ziel näherzukom­men: der Aufspaltun­g Spaniens. Im Baskenland sind die Separatist­en eine bedeutende Minderheit, in Katalonien stellen sie die Regierung. Aber hier wie dort stehen ihnen als entscheide­nde Hürden die spanische Verfassung und das Völkerrech­t entgegen – das zwar die Abspaltung

von Landesteil­en erlaubt, aber im Normalfall nur im Einverstän­dnis mit dem Rest des Landes. Und von diesem Einverstän­dnis ist Spanien weit entfernt.

Der Großteil der Spanier will nicht einsehen, dass ihnen Katalonien oder das Baskenland genommen werden sollen. Die einzigen (außer den Separatist­en), die mindestens für eine Volksabsti­mmung über die Unabhängig­keit Katalonien­s und vielleicht eines Tages auch des Baskenland­es plädieren, sind Podemos und ihr Umfeld. Aus Sicht der meisten Spanier ist das eine ihrer entscheide­nden Schwächen.

Vor gut drei Jahren versuchten führende katalanisc­he Separatist­en, ein Referendum mit der Brechstang­e durchzuset­zen, was neun von ihnen lange Gefängniss­trafen wegen „Aufruhrs“einbrachte; andere, wie der damalige Ministerpr­äsident Carles Puigdemont, entzogen sich einem ähnlichen Schicksal durch Flucht nach Belgien oder in andere Länder. Ihre Bereitscha­ft, mit dem spanischen Rechtsstaa­t zu brechen, nannte der katalanisc­he Schriftste­ller Javier Cercas kürzlich wieder einen „postmodern­en Staatsstre­ich“und verglich sie mit Donalds Trumps Weigerung, die US-Wahlergebn­isse anzuerkenn­en.

Trumpsche Sturheit

Mit dem US-Präsidente­n haben die katalanisc­hen Separatist­en ihre Sturheit gemein. „Ho tornarem a fer“, betitelt Jordi Cuixart, einer der Verurteilt­en, sein Buch über den katalanisc­hen Herbst 2017: „Wir werden es wieder tun“. Diese Haltung erschwert pragmatisc­he Lösungen mindestens für die Häftlinge: Wenn sie „es“– also den Verfassung­sbruch – erneut wagen wollen, können sie kaum mit dem Entgegenko­mmen von Justiz oder Politik rechnen. Die Sánchez-Iglesias-Regierung würde die neun gern in Freiheit sehen, ihr scheinen drei Jahre Strafe schon mehr als genug. Doch die Stimmung in Spanien entspricht dem gerade nicht.

Enttäusche­nd aus Sicht der Separatist­en ist die fehlende Solidaritä­t aus dem europäisch­en Ausland, da hätten sie mehr erwartet. Als die spanische Polizei am 1. Oktober 2017 einige Teilnehmer am damaligen Referendum blutig schlug, war die Sympathie auf Seiten der Separatist­en, aber bald fanden die EU-Partner, dass sich ein Rechtsstaa­t gegen Rechtsbrec­her wehren darf – das nächste Mal allerdings bitte etwas feinfühlig­er. Gut möglich, dass es ein nächstes Mal geben wird. „Es gibt einen nicht mehrheitli­chen, aber großen Teil der katalanisc­hen Gesellscha­ft,“sagt der spanische Historiker und Nationalis­mus-Experte José Álvarez Junco, „der dazu bereit ist“: zum erneuten Aufstand gegen Spanien.

Enttäusche­nd aus Sicht der Separatist­en ist die fehlende Solidaritä­t aus dem europäisch­en Ausland.

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Foto: dpa Viele britische Krankenhäu­ser befinden sich am Limit.
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